1zu1 Prototypen 3D-Druck: Die Grenzen der Machbarkeit verschieben sich

Grenzenlose Freiheit für die eigenen Ideen? Additive Manufacturing verspricht Produktdesignern die Erfüllung ihrer Träume. Für das Kulturfestival poolbar schufen Designer und Studierende zwei einzigartige Typen von Lampen. Das Dornbirner High-Tech-Unternehmen 1zu1 Prototypen begleitete den Produktentwicklungsprozess. Eine Geschichte von Visionen und ihren Grenzen.

Ein echter Blickfang in der poolbar 2016: die Zylinderlampe „Aufbruch“. (Bild: Matthias Rhomberg)

Ein echter Blickfang in der poolbar 2016: die Zylinderlampe „Aufbruch“. (Bild: Matthias Rhomberg)

Seit 1994 organisiert Herwig Bauer die poolbar in Feldkirch, laut eigener Beschreibung „ein Festival für Kulturelles von Nischen bis Pop“. Unter Jugendlichen zwischen Pubertät und Ende des Studiums ist die poolbar legendär: Sieben Wochen lang gastieren Geheimtipps und Stars im sonst ländlich-beschaulichen Vorarlberg. Indie-Rock trifft auf Hip-Hop, DJ trifft auf Jazz. Tanz folgt auf Poetry-Slam, Film auf Theater. Etwa 23.000 Besucher kamen in den letzten Jahren zur großen Sommerparty.

Schauplatz ist das Alte Hallenbad von Feldkirch, ein ansonsten leerstehender Bau von bedrückender Tristesse. Deshalb ist die Gestaltung der Location von Anfang an Teil des Konzepts: Jahr für Jahr verwandeln Architekten, Grafiker, Produktdesigner und Künstler das Alte Hallenbad und sein Drumherum in die hippe poolbar. Jahr für Jahr neu, überraschend, anders.

Lampen für die poolbar - designt von den Teilnehmern des poolbar-Generators, umgesetzt in 3D-Druck von 1zu1 Prototypen. (Bild: Echtmacherei)

Lampen für die poolbar - designt von den Teilnehmern des poolbar-Generators, umgesetzt in 3D-Druck von 1zu1 Prototypen. (Bild: Echtmacherei)

Der Ideen-Generator

Seit 2014 erdenken Kreative diese Verwandlung gemeinsam bei zweiwöchigen Workshops im Februar – dem sogenannten poolbar-Generator. Teilnehmer sind vor allem Studierende, geleitet werden die Workshops von erfahrenen Profis. Als Gastkritiker bringen sich namhafte Vertreter der Kunst-, Grafik- und Architekturszene aus dem ganzen deutschsprachigen Raum ein.

„Beim poolbar-Generator schmieden wir Ideen, die dann auch umgesetzt werden“, schildert Festivalleiter Herwig Bauer. Ihm geht es also nicht nur um spektakuläre Entwürfe, sondern auch um ihre wirtschaftliche und technische Umsetzung. „Die Lücke zwischen Theorie und Praxis schließen“, nennt das Herwig Bauer. „Für die Studierenden ist das lehrreich und spannend.“

Sponsor als Umsetzungspartner

Seit zwei Jahren ist 1zu1 Prototypen als Sponsor und Umsetzungspartner mit dabei. Schließlich ist Design-driven-Manufacturing ein Riesenthema in der ganzen Industrie. „Wir wollen eine Außensicht bekommen, von Menschen, die noch nicht betriebsblind sind“, formuliert der Leiter des Rapid-Prototyping-Centers von 1zu1 Prototypen, Markus Schrittwieser, das Ziel.

Wie also funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Designern und Prototypen-Hersteller in der Praxis? Um besondere Akzente im Raum zu setzen, sollten beim poolbar-Generator im vergangenen Februar zwei Typen von Hängelampen entstehen. Die beiden Workshop-Leiter Roland Maria Reininger und Jim van Hazendonk wollten dafür natürlich die Chancen des Fertigungsverfahrens nützen: „Unser Ziel waren Entwürfe, die nur mit 3D-Druck realisierbar sind“, schildert Reininger.

Markus Schrittwieser erklärte den Teilnehmern des poolbar-Generators zunächst Möglichkeiten und Grenzen des 3D-Drucks. (Bild: Darko Todorovic)

Markus Schrittwieser erklärte den Teilnehmern des poolbar-Generators zunächst Möglichkeiten und Grenzen des 3D-Drucks. (Bild: Darko Todorovic)

Wirtschaftliche und technische Grenzen

Gleich zu Beginn des Produktdesign-Workshops stellte Markus Schrittwieser deshalb die Möglichkeiten des 3D-Drucks vor. Sehr rasch legten die Studierenden erste Entwürfe vor – und ebenso rasch wurde dann doch die Umsetzbarkeit zum Thema: „Wir wussten, dass im 3D-Druck grundsätzlich fast alles möglich ist. Und trotzdem spielen auch bei so einem Projekt Kunde, Fertigung und Finanzen eine große Rolle“, schildert Reininger.

Der Produktdesigner aus Dornbirn hatte bereits bei großen Vorarlberger Industriebetrieben mit 1zu1 Prototypen zusammengearbeitet, bevor er sich mit seiner „Echtmacherei“ selbstständig machte. Die Grenzen bei der poolbar seien sicher weiter gesteckt als in der Industrie: „Aber auch hier ist es nicht so einfach, wie sich der Designer das vorstellt. Herumspinnen allein reicht nicht.“

23.000 junge Menschen feiern jedes Jahr in der poolbar in Feldkirch. (Bild: Matthias Rhomberg)

23.000 junge Menschen feiern jedes Jahr in der poolbar in Feldkirch. (Bild: Matthias Rhomberg)

Bauraum ausnützen

Gedruckt wurden beide Lampenschirme aus Polyamid auf modernen EOS-Anlagen mittels Selektivem Lasersintern. Die poolbar benötigte immerhin jeweils 50 Stück der Lampen. Um im finanziellen Rahmen zu bleiben, musste der Bauraum des 3D-Druckers deshalb gut ausgenützt werden. Eine besondere Herausforderung war das für die „Spirallampe“ mit einem hohlen, annähernd kugelförmigen Lampenschirm. „Der Kreativprozess dafür war rasch abgeschlossen – die Herausforderung lag in der Konstruktion“, erinnert sich Schrittwieser.

Druckt man den Lampenschirm originalgetreu als Kugel, hat pro Druckvorgang nur ein Lampenschirm im Bauraum des Druckers Platz. „Wir haben die Konstruktion deshalb auf 6 mm Höhe quasi flachgedrückt und konnten so alle Lampen in einem Druckvorgang fertigen“, schildert der RP-Leiter von 1zu1 Prototypen. Erst beim Aufhängen entfaltete sich der Lampenschirm. Die Kosten sanken um den Faktor 15 auf etwa EUR 40,- pro Lampe.

Da dieses Flachdrücken mit einem normalen CAD-Programm nicht möglich ist, setzten die Designer ein Programm aus der Computerspieleindustrie ein. Der Vorgang des Entfaltens lässt sich mit vernünftigem Aufwand allerdings kaum berechnen. Deshalb brauchte es immerhin acht Arbeitsschritte bis zum fertigen Produkt: „Der erste Versuch hat ausgeschaut wie ein Spaghettiteller“, erinnert sich Schrittwieser. „Der zweite Versuch war eher birnenförmig, der dritte schon sehr nah an unseren Vorstellungen.“

Junge Designerinnen und Designer entwarfen beim poolbar-Generator die Lampen für die poolbar. (Bild: Darko Todorovic)

Junge Designerinnen und Designer entwarfen beim poolbar-Generator die Lampen für die poolbar. (Bild: Darko Todorovic)

Erst beim Aufhängen entfalteten sich die Spirallampen zu ihrer endgültigen Form. (Bild: Matthias Rhomberg)

Erst beim Aufhängen entfalteten sich die Spirallampen zu ihrer endgültigen Form. (Bild: Matthias Rhomberg)

Möglichkeiten des 3D-Drucks

Beim zweiten, zylinderförmigen Lampenschirm lag die Produktionsweise nahe: Auch er wurde flach gedruckt, bei der Montage zu einem Zylinder gerollt und mit einem integrierten Klickverschluss geschlossen.

Dank 3D-Druck konnten in jede Lampe unterschiedliche Texte innen eingedruckt werden. An einer Sollbruchstelle konnten die poolbar-Besucher außen ein Stück des umgebenden Zylinders abbrechen. Die Lampen veränderten so im Laufe des Festivals ihr Aussehen, immer mehr Text kam zum Vorschein. „Aufbruch“ nannten die Designer diesen Lampenschirm.

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

Staunen über das Material

Auch für diesen Lampenschirm waren mehrere Arbeitsschritte nötig: „Wählt man die Wandstärke zu dünn, verzieht sich das Material. Wird sie nur wenige Zehntelmillimeter zu dick, lässt es sich nicht mehr rollen“, schildert Workshop-Leiter Reininger seine Erfahrungen.

Auch sonst staunte der Produktdesigner über die Materialeigenschaften: „Der Hohlkörper der Spirallampe ließ sich bis zu einem Meter langziehen, ohne zu brechen. Der 1,6 mm starke Klickverschluss des Zylinders hielt bombenfest“, so Reininger. „Man könnte sich dranhängen, ohne dass er nachgeben würde.“

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

(Bild: Matthias Rhomberg)

Positives Fazit

Bringt nun der 3D-Druck grenzenlose Freiheit für die eigenen Ideen? „Er verschiebt die Grenzen und ermöglicht vieles, was vorher undenkbar war“, resümiert Produktdesigner Reininger. „Das Wissen um diese neuen Möglichkeiten, aber auch um die Grenzen, hilft mir sehr bei meiner zukünftigen Arbeit.“ Für die Studentinnen und Studenten, die teilweise noch nie mit 3D-Druck zu tun hatten, sei das Projekt ein großer Gewinn gewesen.

Projektleiter Markus Schrittwieser von 1zu1 Prototypen war es wichtig, bei den angehenden Produktdesignern „Verständnis für das neue Verfahren zu schaffen“. Festivalleiter Herwig Bauer freut sich bereits auf den nächsten poolbar-Generator in diesem Jahr: „Die Lampen sind eines meiner Lieblingsbilder, wenn ich den poolbar-Generator erkläre. Sie zeigen, wie wir die Grenzen zwischen Vision und Umsetzbarem ausloten.“

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