anwenderreportage
Der Weg der Brille
Wie die Brillenfertigung der Zukunft aussieht, zeigt die formrise GmbH tagtäglich mit der Herstellung additiv gefertigter Brillenfassungen. Als Fertigungsdienstleister für namhafte 3D-Druck Brillenlables bauen die SLS-Experten individualisierte Serienfassungen „on demand“. Von Georg Schöpf, x-technik
Fertig montiert und mit Gläsern versehen bestechen SLS-gefertigte Brillen durch matten Glanz und feine Oberflächenstruktur.
Shortcut
Aufgabenstellung: Herstellung von Brillenfassungen in unterschiedlichen Größen und Farben.
Material: PA12.
Lösung: SLS mit anschl. Gleitschleifen und Farbinfiltration.
Nutzen: Leichte, widerstandsfähige, an die Endkundenbedürfnisse angepasste Brillenfassungen „on demand“ ohne Lagerhaltung.
Mittlerweile gibt es einige Brillenmarken, die in der Herstellung auf die Additive Fertigung setzen. Das Besondere daran? Additive gefertigte Brillen können, je nach Hersteller in Größe, Form und Farbe an die Bedürfnisse und Wünsche des Trägers angepasst werden. Die Methoden sind unterschiedlich, aber Individualisierung ist stets das Zauberwort. Die verschiedenen Labels setzen dabei, wie auch im konventionellen Brillengeschäft, auf Optiker als Schnittstelle zum Kunden. Diese haben meist eine Auswahl aus der Kollektion im Geschäft. „Wir können nur einen Teil der Brillen hier im Laden haben, weil es jedes Modell in unterschiedlichen Größen und einer ganzen Palette unterschiedlicher Farben gibt“, weiß Christoph Haller, Filialleiter von Stino Optik in Wien, die unter anderem die Brillen von You Mawo im Sortiment haben.
Die Optiker, die additiv gefertigte Brillen anbieten, haben meist nur eine Auswahl der verfügbaren Modelle und Farben vorrätig.
Peter Spitzwieser
Geschäftsführer der formrise GmbH
„Wir sehen meist schon im ersten Moment, ob das Design unserer Kunden für die Additive Fertigung geeignet ist. Oft geben wir unseren Kunden auch Hinweise, wie sie ihr Design funktional verbessern können. Ein direkter Mehrwert, wie wir meinen.“
Individuelle Anpassung
Die Kunden können sich im Geschäft einen Überblick über die verfügbaren Modelle verschaffen und werden dort auch was Passform und optische Anforderungen anbelangt eingehend beraten. Ist die Auswahl gefallen, wird ein 3D-Scan des Kunden angefertigt. „Damit sind wir in der Lage, die optimale Größe des jeweiligen Modells zu bestimmen. Schließlich soll die Brille genau zum Kopf und Gesicht des Kunden passen“, so Haller. „Zunächst wird ein Prototyp, der zur Anprobe zu uns geht, angefertigt. Wir überprüfen Sitz und Passform der Fassung und ermittelt die erforderliche Bügellänge anhand von Maßbügeln, die eine Messskala haben“, ergänzt Haller. Wenn die Details abgestimmt sind und die Farbe für die neue Brille definiert ist, erfolgt der finale Baujob. Jede Brille wird immer mit einer individuellen Kennung produziert, um sie eindeutig dem Kunden zuordnen zu können“, präzisiert Spitzwieser.
Christoph Haller
Filialleiter bei Stino Optik
„Additiv hergestellte Brillen haben den Vorteil, dass sie genau an die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden angepasst werden können. Das Material ist widerstandsfähig und bietet aufgrund des geringen Gewichts sehr guten Tragekomfort.“
Finish inbegriffen
Nach dem entpacken werden die Fassungen gleitgeschliffen und danach über ein infiltrationsverfahren eingefärbt. „Das Einfärben der Fassungen über infiltrieren sorgt für eine gleichmäßige Einfärbung, die tief genug eindringt, wodurch ein Abkratzen der Farbe unmöglich wird, wie das beim Lackieren der Fall wäre“, so Haller. „Zusätzlich entsteht keine Gewichtszunahme der Fassung durch diese Methode des Einfärbens. Das Polyamid, aus dem die Brillen gefertigt werden, ist zudem äußerst robust und trotzdem sehr leicht. Allerdings ist die Farbgebung eine ganz besondere Herausforderung bei der Herstellung, zumal sich Farbwerte immer innerhalb einer bestimmten Toleranz bewegen. Das ist bei vielen Farben gänzlich unproblematisch, kann jedoch beispielsweise bei helleren Grautönen zu erkennbaren Abweichungen führen“, fügt Spitzwieser hinzu.
Infos zum Anwender
Die fromrise GmbH hat ihren Sitz im bayrischen Töging am Inn. Mit 16 Mitarbeitern stellt das Unternehmen AM-Teile auf SLS-Anlagen von EOS her. Der Leistungsumfang reicht von der Designunterstützung über Fertigungsdienstleistungen für Prototypen und Kleinserien bis zum Finish mittels Gleitschleifen und Einfärben der additiv gefertigten Teile.
Königsdisziplin: Einfärben
Hier ist seitens des Fertigungsprozesses viel Know-how und Erfahrung gefragt, da sich auch Abweichungen in der Anordnung im Bauraum auf das Färbeergebnis auswirken können. „Wir wissen mittlerweile genau, welche Prozessbedingungen aufgrund der Gesamtanforderung einzuhalten sind. Dadurch sind wir in der Lage eine Farbtreue in einer Toleranz von unter 2,5 % zu garantieren. Bei den meisten Industrieprodukten ist das mehr als ausreichend. Bei den Brillen jedoch eine Voraussetzung für die Kundenzufriedenheit“, weiß Spitzwieser.
Mittlerweile fertigt formrise regelmäßig eine mittlere 5-stellige Anzahl an Brillenfassungen für verschieden Lables. Daneben bedient der bayrische Fertigungsdienstleister zahlreiche Kunden aus der Industrie. Das Angebot reicht dabei von der Entwicklungsunterstützung bis zum Finish des fertigen Teils. Die Fertigung von Kleinserien ist dabei ebenso kein Problem, wie die Erstellung von Prototypen. „Wir haben Erfahrung mit unterschiedlichsten Anforderungen aus der Industrie. So können wir meist schon im ersten Moment, wenn wir die Daten für ein Teil bekommen, sagen, ob eine Fertigung erfolgreich möglich ist oder Anpassungen im Design erforderlich sind. Oft geben wir unseren Kunden auch Hinweise, wie sie ihr Design funktional anpassen können und dadurch eine klare Verbesserung des Produktes entsteht. Das schätzen die Kunden an uns. Sie bekommen von uns eben nicht einfach nur ihr Produkt gefertigt, sondern partizipieren ganz konkret an unserer Erfahrung“, fasst der Geschäftsführer zusammen.
Neben den Fertigungsdienstleistungen gibt formrise sein Know-how im Rahmen von Schulungen und Workshops auch an seine Kunden weiter. „Wir sind der Überzeugung, dass unsere Kunden verstehen müssen, wie sie die Vorteile der Additiven Fertigung wirtschaftlich in ihrem Unternehmen nutzen können. Dazu braucht es Grundlagenwissen aber auch Detailkenntnisse zu Konstruktions- und Designrichtlinien sowie ein konkretes Heranführen an Projekte. Dabei unterstützen wir gerne“, meint Spitzwieser abschließend.
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