Hochschule München sintert Teile für Experimentalflugzeuge

Auch im Hochschulbereich hat die Additive Fertigung Einzug gehalten. Das Institut für Fahrzeugtechnik und Luftfahrt der Hochschule München baut Prototypen und Bauteile für Experimentalfluggeräte auf Basis des Kunststofflasersinterns. Autor: Georg Schöpf / x-technik

Ein Kameraträger aus PA 2221 für die Befestigung unterschiedlicher Kameras an einer Flugdrohne.

Ein Kameraträger aus PA 2221 für die Befestigung unterschiedlicher Kameras an einer Flugdrohne.

DI Sebastian Donner
Laboringenieur an der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und Flugzeugtechnik der Hochschule München

„Die Studierenden sollen bei uns schon früh die Möglichkeiten der Additiven Fertigung kennen lernen. Uns ist wichtig, dass sie dabei aber auch die Grenzen erfahren und sich eine differenzierte Herangehensweise in der Bauteilentwicklung und Konstruktion erarbeiten.“

Dass an Universitäten das Thema Additive Fertigung mittlerweilen fester Bestandteil des Lehrplans ist, wird seitens der Industrie sehr begrüßt. Neben konstruktivem Umdenken, das diese Verfahren erfordern, haben Studierende dadurch auch die Möglichkeit schon währen des Studiums den Umgang mit Maschinen und Geräten zu erproben und kennen zu lernen. Doch neben dem Lehransatz werden additive Verfahren auch für ganz konkrete Projekte in anderen Disziplinen eingesetzt.

Das Labor für Systemtechnik, Luft- und Raumfahrttechnik an der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und Flugzeugtechnik (Fakultät 03) der Hochschule München beispielsweise nutzt die in der Hochschule, unter Federführung von Prof. Dr.-Ing. Carsten Tille, betriebene EOS Formiga 100 Lasersinteranlage zur Herstellung von Komponenten für Experimentalflugzeuge aus PA 2221.

„Seit mittlerweile sechs Jahren nutzen wir die Maschine für die Fertigung von Prototypen und Funktionsbauteilen“, erzählt Sebastian Donner, Laboringenieur am Institut. „Früher mussten wir die Teile immer aus Aluminium oder Kunststoff fräsen lassen. Das hat meist lange gedauert und wir hatten auch nicht die Designfreiheit, die wir mit dem Lasersintern haben“, so Donner weiter.

Auch Rumpfteile und Strukturbauteile für Experimentalflugzeuge werden mittels Lasersintern hergestellt.

Auch Rumpfteile und Strukturbauteile für Experimentalflugzeuge werden mittels Lasersintern hergestellt.

Erfahrungswerte unerlässlich

„Für uns ist wichtig, dass die Studierenden den Umgang mit der Technologie erlernen und erste Erfahrungen damit sammeln können“, so der Laboringenieur. So bekommen die Studierenden laut seiner Aussage zunächst eine Einweisung auf der Maschine und können dann das theoretisch erlernte anhand erster Beispiele praktisch erproben. „Die meisten finden sehr schnell heraus, was an der Vorbereitung der Modelle falsch war. Durch diese Vorgehensweise, die eigene Erfahrungen fördert, entsteht das Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen der Technologie“, meint Donner und spielt dabei insbesondere auf die Themen Wandstärken, Toleranzen und Oberflächenbeschaffenheit an.

Mittlerweile wird die von der Fakultät 03 gekaufte und mit der Unterstützung von EOS betriebene Maschine zu gleichen Teilen auch von den Bereichen Design, Architektur und Micro-Feinwerktechnik genutzt. „Wir haben häufig Komponenten, die wir innerhalb kurzer Zykluszeiten erstellen müssen und die dann auch schnell zum Testen zur Verfügung stehen sollen. Da ist die Additive Fertigung genau das richtige Hilfsmittel für uns. Wir erreichen damit Durchlaufzeiten von unter 24 Stunden für neue, funktionale Prototypen. Uns freut sehr, dass die Materialeigenschaften durch den stabilen Prozess mit den Angaben des Herstellers übereinstimmen. Das gibt uns die Möglichkeit, im Vorfeld über FEM-Methoden gute Aussagen über die mechanischen Eigenschaften der Modelle zu treffen“, so Donner, gibt aber zu bedenken: „Allerdings sind Erfahrungswerte unerlässlich, um die berechneten Ergebnisse richtig umzusetzen. Im Einzelfall ist es erforderlich, durch Ändern der Baulage und spezielle Bearbeitungsparameter sowohl Festigkeit als auch Formtoleranz weiter zu verbessern.“

Komplexe Strukturen und mehrteilige Funktionsmodelle werden an der Hochschule von den Studierenden evaluiert und über additive Verfahren umgesetzt.

Komplexe Strukturen und mehrteilige Funktionsmodelle werden an der Hochschule von den Studierenden evaluiert und über additive Verfahren umgesetzt.

Selbst die Herstellung flexibler und bionischer Strukturen ist mit Lasersintern in Kombination mit den geeigneten Werkstoffen möglich.

Selbst die Herstellung flexibler und bionischer Strukturen ist mit Lasersintern in Kombination mit den geeigneten Werkstoffen möglich.

Konstruktionsrichtlinien erforderlich

Aber auch im universitären Bereich ist bereits klar, dass es neue Konstruktionsrichtlinien geben muss, um mit den Verfahren der Additive Fertigung im betrieblichen Umfeld richtig umgehen zu können. In der Fakultät werden hierzu Richtlinien erarbeitet und eingeführt, die darauf abzielen, auch im Bereich von Passungen möglichst auf Nachbearbeitung verzichten zu können.

„Unser Ziel ist es, den Studierenden zu vermitteln, welchen Nutzen sie aus den Methoden der Additiven Fertigung ziehen können und bei der Entwicklung von Bauteilen und Lösungen diese Methoden von vornherein zu berücksichtigen. Des Weiteren soll aber auch das Bewusstsein dafür geschärft werden, wo die Grenzen der Verfahren liegen und welche zusätzlichen Überlegungen beim Einsatz additiver Verfahren erforderlich werden. Speziell die Transferierbarkeit der Prototypen in klassische Fertigungsverfahren wird aufgrund der nahezu grenzenlosen Designfreiheit der generativen Verfahren gerne übersehen“, fasst Donner zusammen.

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