anwenderreportage

Formel 1 Know-how für Hydro-Prüfstand

Was hat Formel 1 Engineering mit Wasserkraft zu tun? Sehr viel sogar – bei der Andritz Hydro GmbH nutzt man die Fertigungskompetenz der Sauber Technologies AG, um Turbinen für den Kraftwerksbau noch effizienter zu machen. Die Additive Fertigung bei Sauber Technologies sorgt für perfekte Komponenten in den Andritz Turbinenprüfständen.

Die Laufräder für den Prüfstand werden im Stereolithografieverfahren aus Accura Bluestone von 3D-Systems gefertigt.

Die Laufräder für den Prüfstand werden im Stereolithografieverfahren aus Accura Bluestone von 3D-Systems gefertigt.

Shortcut

Aufgabenstellung: Herstellung von Komponenten für Turbinenprüfstände für den Kraftwerksbau.

Material: Acura Bluestone von 3D-Systems.

Lösung: Herstellung von Laufrädern, Laufradsegmenten und anderen Prüfstandkomponenten im Stereolithografieverfahren.

Nutzen: Schnelle Verfügbarkeit hochgenauer Laufräder mit komplexen Geometrien bei wesentlich geringeren Kosten als konventionell gefertigt.

Im Bereich der Wasserkraft ist Andritz ein Global Player und zählt zu den führenden Anbietern von elektromechanischen Ausrüstungen und Services für Wasserkraftwerke. Mit mehr als 180 Jahren Erfahrung und einer installierten Kapazität von weltweit mehr als 471 Gigawatt bietet Andritz Gesamtlösungen für Wasserkraftwerke jeglicher Größe sowie Serviceleistungen für Anlagendiagnosen, Sanierung, Modernisierung und Leistungssteigerung bestehender Wasserkraftwerke. Pumpen für Bewässerung, Wasserversorgung und Hochwassermanagement sowie Turbogeneratoren ergänzen das Portfolio des Geschäftsbereichs.

Am österreichischen Standort in Linz sind über 200 Mitarbeiter mit der Entwicklung, Konstruktion und Ausführung von Rohr-, Kaplan-, Francis- und Pelton- sowie Pumpturbinen für Speicherkraftwerke, Compact-Turbinen für große und kleine Fallhöhen sowie Absperrorganen beschäftigt. Der Bereich Forschung und Entwicklung mit mehr als 50 Mitarbeitern betreibt dafür Prüfstände, in denen die Entwicklungen erprobt und optimiert werden. Aktuell wird dort der weltgrößte und stärkste Prüfstand gebaut, der ab Herbst in Betrieb genommen wird. „Wir können bei uns auf den Prüfständen nahezu jeden möglichen Lastfall an Turbinen und Pumpenaggregaten evaluieren und sind somit in der Lage, die jeweiligen Komponenten auf Herz und Nieren zu prüfen. Der neue Prüfstand wird mit einer Generatorleistung von 1.300 kW und zwei Pumpen mit je 900 kW in der Lage sein, jede im Moment erdenkliche Kraftwerkskombination nachzustellen“, erklärt Christian Redl, Team Leader Model Mechanical Engineering im Bereich Hydraulic Research & Development bei Andritz.

In den Prüfständen bei Andritz werden alle möglichen Lastfälle an Turbinen und Pumpenaggregaten evaluiert und somit die Leistungsfähigkeit der Anlagen verbessert.

In den Prüfständen bei Andritz werden alle möglichen Lastfälle an Turbinen und Pumpenaggregaten evaluiert und somit die Leistungsfähigkeit der Anlagen verbessert.

Christian Redl
Team Leader Model Mechanical Engineering im Bereich Hydraulic Research & Development bei Andritz

„Mit der umfassenden AM-Expertise von Sauber haben wir die Sicherheit, Komponenten geliefert zu bekommen, die uns bei der Evaluierung von Kraftwerkskonzepten manchmal den entscheidenden Vorteil bringen. Nicht nur was die Leistung anbelangt, sondern auch die Nachhaltigkeit.“

Bessere Turbinengeometrien dank Additiver Fertigung

Für die Prüfstände werden regelmäßig Turbinenlaufräder und Turbinenkomponenten benötigt, die, im entsprechenden Maßstab gefertigt, Aufschluss über die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Turbinengeometrie geben. „Für die Beurteilung des hydraulischen Verhaltens der Komponenten kann man hervorragend mit maßstabsgetreuen Modellen arbeiten. Diese müssen jedoch sehr genau sein und stellen hohe Ansprüche an die Belastbarkeit. Häufig haben wir es dabei mittlerweile mit Geometrien zu tun, die sich auf konventionelle Weise gar nicht mehr fertigen lassen. Darum ist die Additive Fertigung für uns ein wirklicher Gamechanger. Sie ermöglicht uns, Ideen zu verwirklichen, die bislang an der Machbarkeit scheiterten“, so der Bereichsleiter weiter.

Die Laufräder für den Prüfstand müssen genau den Geometrien der Originallaufräder entsprechen, um so exakte Messergebnisse liefern zu können.

Die Laufräder für den Prüfstand müssen genau den Geometrien der Originallaufräder entsprechen, um so exakte Messergebnisse liefern zu können.

Christoph Hansen
COO der Sauber Technology AG

„Die Zusammenarbeit mit Andritz ist deshalb so spannend, weil wir an der Bereitstellung zukunftsweisender Energiekonzepte mitwirken können und nicht nur Hochtechnologie liefern, sondern auch einen wertvollen Beitrag für die Umwelt leisten.“

Hochgenau für Strömungsanwendung

Doch wie kommt dabei die Sauber Technologies AG für die Fertigung ins Spiel? „In der Vergangenheit haben wir die Laufräder für die Prüfstände allesamt gefräst. Vor vier Jahren kamen wir auf der Hannover Messe mit 3D-Systems in Kontakt, mit denen wir einen ersten Versuch gestartet haben, ein Laufrad zu drucken“, erzählt Redl und ergänzt: „Das hat leider nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. In einem zweiten Anlauf hat 3D-Systems den Auftrag dann an Sauber übergeben, da diese aus dem Motorsport viel Erfahrung bei der Herstellung von großformatigen Prüfstandkomponenten im Stereolithografieverfahren haben. Das Ergebnis war beeindruckend und wir haben im Anschluss den direkten Kontakt zu Sauber gesucht, um die Zusammenarbeit fortzuführen.“ Seither wurden bereits mehr als 50 Laufräder für die Prüfstände von Andritz hergestellt. Die Dimensionen bewegen sich dabei in einem Bereich von 600 mm Durchmesser und 300 bis 400 mm Höhe. Aber auch Leitschaufeln und zusätzliche Anlagenkomponenten werden mittlerweile bei Sauber hergestellt. „Bei der Zusammenarbeit mit Andritz können wir unser Know-how aus dem Bereich der Strömungskomponenten einbringen. Nicht nur, dass wir in der Lage sind die geforderten Genauigkeiten von +/- 0,2 mm bei Form und Lagetoleranzen einzuhalten, auch die Oberflächenrauigkeit von Ra 0,4 – 0,8 können wir realisieren“, erklärt Christoph Hansen, COO der Sauber Technologies AG.

Nahezu jede im Moment erdenkliche Kraftwerkskombination lässt sich mit der Prüfstandtechnologie nachempfinden.

Nahezu jede im Moment erdenkliche Kraftwerkskombination lässt sich mit der Prüfstandtechnologie nachempfinden.

Infos zum Anwender

Andritz ist ein globaler Anbieter kompletter elektromechanischer Ausrüstungen und Serviceleistungen für Wasserkraftwerke und als solcher einer der weltweit größten Anbieter im Markt für hydraulische Stromerzeugung. Hauptaufgaben der Andritz Hydro in Linz sind die Konstruktion und Ausführung von Rohr-, Kaplan-, Francis- und Pelton- sowie Pumpturbinen für Speicherkraftwerke, Compact-Turbinen für große und kleine Fallhöhen sowie Absperrorgane. Zum Leistungsspektrum zählen außerdem Projektmanagement und Engineering-Leistungen im Bereich der gesamten Anlage sowie Automatisierung und schließlich Montage und Inbetriebnahme eines Kraftwerkes. Am Standort Linz befindet sich außerdem ein Prüfstand für Forschung und Entwicklung in Turbinentechnik und Hydraulik. Andritz Hydro in Linz beschäftigt mehr als 200 engagierte und kompetente Mitarbeiter.

Mit Verfahrenskombinationen zum perfekten Ergebnis

Durch die geometrischen Freiheiten der Additiven Fertigung ergeben sich aber auch zusätzliche Möglichkeiten. So kann beispielsweise durch ein geschicktes Einbringen von Kanälen in die Turbine das Kavitationsverhalten verbessert werden. Durch die Nutzung von Acura Bluestone als Fertigungsmaterial ist zudem noch eine bessere Beurteilung von Blasenbildung durch Kavitation möglich. Außerdem gelingt es, durch feinste Geometrieanpassungen die Leistungsfähigkeit von Turbinenrädern zu verbessern. „Wir haben dazu ein Konzept entwickelt, wodurch wir teilweise nicht mehr die ganzen Turbinenräder neu fertigen müssen, sondern nur Teilkomponenten davon. Ein modularer Testaufbau sozusagen. Dabei kombinieren wir konventionell vorgefertigte Laufradkomponenten mit den 3D-gedruckten Elementen. So sind wir in der Lage, vielfältige Szenarien schnell und flexibel abzubilden“, erklärt Redl. „Und wir können unser Know-how aus unserer Verfahrensvielfalt mit einbringen, um schneller zu besseren Ergebnissen zu kommen. Uns steht ja nicht nur die Stereolithografie zur Verfügung. Wir haben neben dem SLS auch das Laserstrahlschmelzen als Technologie anzubieten und können auch alle Teile anforderungsgerecht zerspanend nachbearbeiten“, präzisiert Hansen und Redl bestätigt: „Es ist ein großer Vorteil einen Partner an der Seite zu haben, der die gesamte Prozesskette in der Additiven Fertigung beherrscht und so in der Lage ist, uns ein einbaufertiges Teil zur Verfügung zu stellen.“

In der Fertigung bei Sauber stehen große Stereolithografieanlagen, die nicht nur in der Lage sind, die geforderte Genauigkeit von +/- 0,2 mm bei Form- und Lagetoleranzen einzuhalten, sondern auch die Oberflächengüte von Ra 0,4 – 0,8 zu realisieren.

In der Fertigung bei Sauber stehen große Stereolithografieanlagen, die nicht nur in der Lage sind, die geforderte Genauigkeit von +/- 0,2 mm bei Form- und Lagetoleranzen einzuhalten, sondern auch die Oberflächengüte von Ra 0,4 – 0,8 zu realisieren.

Nachhaltigkeit im Blick

So wurden beispielsweise auch Metallkugeln hergestellt, die so austariert waren, dass sie im Wasser schweben, um so Fische beim Durchgang durch eine Turbine zu simulieren. „Wir haben ja nicht nur die Leistungsfähigkeit unserer Turbinen im Auge, sondern stellen uns natürlich auch den Anforderungen an den Umweltschutz, was die Berücksichtigung der Fischkulturen in den Gewässern mit beinhaltet“, verrät der Andritz-Teamleiter.

Betrachtet man den technischen Aufwand, der betrieben werden muss, um Kraftwerksanlagen effizient und umweltschonend zu betreiben, versteht man auch, dass Prüfstände wie die bei Andritz eine wichtige Komponente in der Entwicklung solcher Anlagen darstellt. Dort wird versucht sämtliche Eventualitäten, die beim Betrieb auftreten können, nachzustellen, Verbesserungen anzubringen und damit einen reibungslosen Ablauf für viele Jahre zu gewährleisten. „Schließlich haben wir es mit Anlagen zu tun, die mehrere Jahrzehnte in Betrieb sein werden“, merkt Redl an. „Und wir sind stolz darauf, mit unseren Technologien und unserem Know-how einen Beitrag für eine nachhaltige Energiewirtschaft leisten zu können“ resümiert Hansen abschließend.

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