Musik zum Angreifen von 1zu1

Dieses Jahr wurde erstmals Vorarlbergs neuer Musikpreis, Sound@V, vergeben. Dabei konnten nicht nur die musikalischen Leistungen überzeugen, auch die Trophäe war etwas ganz Besonderes: Jedem Sieger wurde seine eigene Musik als dreidimensionale Soundlandschaft aus dem 3D-Drucker überreicht.

Die Soundlandschaften für die Sound@V-Trophäe wurden von 1zu1 in verschiedenen Varianten gedruckt. (Bild: poolbar)

Die Soundlandschaften für die Sound@V-Trophäe wurden von 1zu1 in verschiedenen Varianten gedruckt. (Bild: poolbar)

Die Geschichte dieser außergewöhnlichen Auszeichnung beginnt im Februar 2019 beim poolbar-Generator. Die poolbar ist vordergründig ein jährliches Musikfestival, das erstmals 1994 im alten Hallenbad in Feldkirch über die Bühne ging. Entstanden ist es aus den Feldkircher KreAktiv-Wochen, einer künstlerischen Workshopreihe. Dieser Tradition folgt der poolbar-Generator zu Jahresbeginn, der in unterschiedlichen Labors – von Architektur über Street Art bis Produktdesign – kreative Ergebnisse hervorbringt, die ins Festival einfließen. Die Labors werden von Profis geleitet. Junge Kreative, meist Studierende, können sich für die Teilnahme bewerben.

Dank 3D-Druck erhielten die Sieger des ersten Sound@V-Wettbewerbs Trophäen mit ihrer eigenen Musik. (Bild: poolbar/Eva Sutter)

Dank 3D-Druck erhielten die Sieger des ersten Sound@V-Wettbewerbs Trophäen mit ihrer eigenen Musik. (Bild: poolbar/Eva Sutter)

Mit Feuereifer

Das Labor Produktdesign leitete 2019 Lisa Klingersberger, Assistentin an der Kunstuni Linz. Für sie ist jene Kooperation wichtig, die das Festival 2015 einging: nämlich mit 1zu1, dem Spezialisten für Additive Fertigung aus Dornbirn. „Das Unternehmen ist führend im 3D-Druck und bietet so die idealen Umsetzungsmöglichkeiten für die ausgefallenen Ideen, die im Labor entstehen“, sagt Klingersberger. Das ganz ohne Werkzeug und ab Losgröße 1 aufwärts. „Für das poolbar-Festival ist die Zusammenarbeit mit 1zu1 ein Glücksfall: Sie eröffnet nicht nur den Kreativen im poolbar-Generator eine Welt voller ungeahnter Gestaltungsmöglichkeiten, sondern sie ermöglicht durch die Flexibilität der Technik in kürzester Zeit optimierende Korrekturläufe“, sagt Herwig Bauer, Gründer und Geschäftsführer des poolbar-Festivals und ergänzt: „Das Wichtigste: Alle Beteiligten erledigen nicht nur einen Job, sondern sie tüfteln mit Feuereifer und gegenseitigem Respekt an den besten Lösungen. Die greifbaren Ergebnisse veredeln jährlich das poolbar-Festival.“

So entstand 2017 etwa eine Barleuchte, bei der durch Ausbrechen von Teilen die Optik verändert und eine darunterliegende Schicht mit Texten sichtbar wird. Die Spiralleuchte aus demselben Jahr wurde als zweidimensionale Fläche gestaltet, gedruckt und dann zu Volumen geformt. 2018 überraschte das Labor mit Wavetiles als dekoratives Element für die Theke. Die Zusammenarbeit nutzt durchaus beiden Seiten: „Für uns sind die kreativen Ideen der jungen Leute eine große Bereicherung“, betont Markus Schrittwieser, Leiter 3D-Druck und Additive Manufacturing bei 1zu1. „Sie sind technisch nicht vorbelastet, haben keine Barrieren im Kopf und produzieren so regelmäßig Entwürfe mit einem Wow-Effekt. Damit können wir auch potenziellen Kunden zeigen, was in der Technik steckt.“ Die jungen Kreativen sind eine ideale Zielgruppe für agile Produktentwicklung: entwerfen, drucken, testen, verbessern, überarbeiten, drucken usw.

Markus Schrittwieser von 1zu1 (links) erläutert den Labor-Teilnehmern die Möglichkeiten des 3D-Drucks. (Bild: 1zu1/Darko Todorovic)

Markus Schrittwieser von 1zu1 (links) erläutert den Labor-Teilnehmern die Möglichkeiten des 3D-Drucks. (Bild: 1zu1/Darko Todorovic)

Musik als dreidimensionale Skulptur

Zurück zur außergewöhnlichen Trophäe: Um seine Idee, einen Vorarlberger Musikpreis ins Leben zu rufen, potenziellen Partnern konkreter vorstellbar zu machen, wünschte sich poolbar-Gründer Herwig Bauer vom 2019er-Labor eine Musikpreis-Trophäe. Nach einigem Tüfteln, inspirierenden Gesprächen und Ventilieren der technischen Möglichkeiten hatte schließlich Labor-Teilnehmer Alex Gahr von der TU Wien die zündende Idee. „Ich wollte die Musik in eine dreidimensionale Soundlandschaft übersetzen, sodass jeder Preisträger schlussendlich sein eigenes Werk in Händen halten kann“, sagt der Architekturstudent. Die Inspiration lieferte ihm das Plattencover des Debütalbums der britischen Rockband Joy Division. Es zeigt visualisierte Radiopulse eines Neutronensterns. Die Übersetzung der Musik – oder genauer: von Frequenz, Amplitude und Takt – mittels Algorithmus übernahm eine Software und produzierte eine 380 x 40 mm große Geometrie mit bis zu 70 mm hohen Spitzen, die 1zu1 mittels selektivem Lasersintern aus Polyamid herstellte. Im Anschluss wurde die Soundlandschaft auf einem Holzstück aufgeklebt, das aus einem Vorarlberger Baum stammt. So materialisiert die Auszeichnung Musik und die regionale Symbiose aus Natur und High-Tech.

Was so einfach klingt, geht natürlich in der Praxis nicht vonstatten, ohne einige technische Hürden zu überwinden. „Aufgabe der Software ist es, aus der Musik eine Geometrie aus Vektoren, lauter kleinen Dreiecken, zu berechnen, die auch die Materialverteilung bestimmen“, erklärt Markus Schrittwieser. Entstehen bei der Transformation Fehler, müssen diese korrigiert werden. Dafür ist das Ergebnis – trotz des filigranen Aussehens – recht robust: „Das Polyamid ist bei den geringen Wandstärken sehr elastisch. Die filigran wirkenden Spitzen würden sich also bestenfalls biegen, kaum brechen“, weiß Schrittwieser.

Um seine Idee eines Vorarlberger Musikpreises greifbar zu machen, erhielt poolbar-Gründer Herwig Bauer (rechts) vom 2019er-Labor den Prototyp einer Musikpreis-Trophäe. (Bild: poolbar)

Um seine Idee eines Vorarlberger Musikpreises greifbar zu machen, erhielt poolbar-Gründer Herwig Bauer (rechts) vom 2019er-Labor den Prototyp einer Musikpreis-Trophäe. (Bild: poolbar)

Die Spiralleuchte wurde im poolbar-Generator 2017 erdacht, als zweidimensionale Fläche gestaltet, gedruckt und dann zu Volumen geformt. (Bild: Echtmacherei)

Die Spiralleuchte wurde im poolbar-Generator 2017 erdacht, als zweidimensionale Fläche gestaltet, gedruckt und dann zu Volumen geformt. (Bild: Echtmacherei)

Just-in-time-Produktion

Zeitsprung ins Jahr 2020. Was im Labor binnen einer Woche von der Idee zum handfesten Prototypen gereift war, musste ein Jahr später in noch kürzerer Zeit in siebenfacher Ausführung perfekt produziert werden. Über 100 Einreichungen waren für den Sound@V eingegangen. Die international besetzte Jury hatte daraus für jede Kategorie – Alternative/Singer-Songwriter, Weltmusik, Rock/Pop, Newcomer und Mundart – je fünf Beiträge ausgewählt. Sieben Trophäen wurden in einer Gala-Show Ende August vergeben: neben den fünf Kategorie-Siegern auch noch ein Publikumspreis und einer fürs Lebenswerk. Die große Preisverleihung war für Samstag angesetzt. Erst am Dienstag standen die Preisträger fest. Innerhalb weniger Tage musste also die Musik in Konstruktions-Files übersetzt werden und der Druck erfolgen. Schließlich war ja jede Trophäe ein Unikat mit der Musik des jeweiligen Gewinners. „Eine Anforderung, die nur mit 3D-Druck bewältigt werden kann“, merkt Markus Schrittwieser stolz an.

Die Sound@V-Trophäe ist ein gutes Beispiel dafür, was heute technisch möglich ist. Die Herausforderung besteht darin, sich von den Beschränkungen konventioneller Produktionsmethoden zu lösen, also Produkte in 3D zu denken. Das eröffnet neue Möglichkeiten: Individualisierung trotz hoher Stückzahlen, dicke oder dünne Geometrien, Hohlräume und vieles mehr werden möglich. So wird innovatives Design mit 3D-Druck Realität.

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