Mit additiver Direktmarkierung papierlos zur Bauteil-DNA
Obwohl sich die additive Fertigung als Vorzeigetechnologie der Digitalisierung und modernster Prozesstechnik darstellt, bilden handschriftliche Dokumentationen und Laufkarten die Grundlage zur „Steuerung“ der Fertigungsprozesskette. Dabei begünstigen gerade die additiven Fertigungsverfahren eine papierlose (Serien-)Fertigung durch die Möglichkeit, schon während des Produktionsprozesses identifizierende und authentifizierende Produktkennzeichnungen untrennbar mit dem Bauteil zu verbinden. Die individuelle Bauteil-DNA ist durch diese Art der Direktmarkierung ab dem ersten Moment der Produktentstehung ohne Beeinflussung der Fertigungskosten rückverfolgbar.
Die Lösung der Additive Marking GmbH ermöglicht die eindeutige Kennzeichnung von Bauteilen schon während dem Bauprozess. Damit ist eine lückenlose Dokumentation möglich. Hier am Beispiel von sogenannten Stüpflern, mit denen vor dem Backen Muster in Brötchen gestempelt werden.
Dr. Ulrich Jahnke
Gründer und Geschäftsführer der Additive Marking GmbH
„Wir lassen Produktkennzeichnung direkt im additiven Fertigungsprozess entstehen und ermöglichen so eine durchgängig digitale und papierlose Fertigung und Dokumentation ab dem ersten Moment der Produktentstehung.“
Die Software-Suite der Additive Marking GmbH, einer Ausgründung aus dem Direct Manufacturing Research Center (DMRC) der Universität Paderborn, bietet Module zur Beantwortung der drei aufdringlichsten Fragen zur papierlosen Fertigung:
- Wie lässt sich eine Serialisierung von Bauteilen direkt im Fertigungsprozess effizient umsetzen, um Produkte, Ersatzteile sowie auch Fertigungsbegleitproben untrennbar mit ihrem digitalen Zwilling zu verknüpfen? - Wie lassen sich (nicht nur additiv erzeugte) Produktkennzeichnungen auch mobil auslesen? - Welche Mehrwerte sind in Fertigungsprozessketten als auch in der Nutzungsphase des Produktes für den Endanwender zu realisieren?
Neben der Produkt-DNA, bestehend aus Informationen zu Material, Maschine, Lastfällen, Geometrie etc. können zudem Prüfberichte, Zertifikate und beliebige Datensätze, z. B. aus der Nutzungsphase des Bauteils, über offene Schnittstellen verknüpft werden. Die Bauteilintegrität wird im Gegensatz zu konventionellen Kennzeichnungstechnologien nach dem primären Fertigungsprozess nicht mehr beeinträchtigt. Die „gedruckte“ Direktmarkierung ist so robust, dass sie Post-Prozesse ohne Qualitätsverluste übersteht. In der Fertigungsprozesskette bleibt die Komponente somit durchgängig und papierlos verfolgbar, sodass die Prozessdokumentation mit digitalen Checklisten durchgeführt werden kann.
Der Prüfkörper zeigt, dass Markierungen sowohl erhaben als auch vertieft auf dem Bauteil angebracht werden können. Die Markierungen können mit gewöhnlichen Smartphones gescannt werden.
Anwendernutzen im Vordergrund
Die drei Gründer der Additive Marking GmbH blicken beim Design der Softwaremodule und ihrer Funktionen auf den Nutzen für die Anwender aus Industrie und Forschung: „Es muss immer das Ziel sein, durch unsere Softwarelösung Mehrwerte zu schaffen und die Prozesse zu verschlanken“, so Ulrich Jahnke. So liegt der Fokus der Softwareentwicklung auf intuitiver Bedienbarkeit und maximaler Zeitersparnis in der digitalen Fertigungsvorbereitung wie auch in der Planung und Dokumentation der gesamten Fertigungsprozesskette mit allen Post-Processing-Schritten.
Eine sichere, digitale und automatisiert auswertbare Dokumentation und Rückverfolgbarkeit ist zur Realisierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses für alle Branchen nützlich. In geregelten Märkten wie der Luft- und Raumfahrt, Medizin- und Lebensmitteltechnik, Automobilindustrie oder im Anwendungsbereich von Druckgeräten ist sie jedoch unerlässlich. Je nach „Sicherheitsklasse“ ist es vorgeschrieben, Komponenten eindeutig und mittels Direktmarkierung zu kennzeichnen, um das physische Bauteil u. a. mit der (digitalen) Prozessdokumentation zu verknüpfen. Zertifizierungsprogramme für additive Fertigungsbetriebe verlangen diese Verknüpfung bereits, um qualitätsbeeinflussende Faktoren in der Prozesskette nachvollziehen und mögliche Fehlerquellen lokalisieren zu können. Die Nutzung additiver Direktmarkierungen, die bereits während des Fertigungsprozesses generiert werden, schafft eine Zertifizierungsgrundlage und erfüllt die gesetzlichen Anforderungen ohne Investitionsbedarf in konventionelle Kennzeichnungstechnologien.
Anforderungen an Direktmarkierungen sind in internationalen Standards und Normen zur Spezifizierung der Matrix Code Symbologie in ISO/IEC 15415 & 16022 sowie in den (Qualitäts)Richtlinien für die Direktmarkierung von Teilen ISO/IEC TR 29158 & 24720 beschrieben. Diese dienen als Bewertungsgrundlage für Lasermarkierung, Nadelprägung, z. B. wenn Medizinprodukte mit sog. Unique Device Identificators (UDI) zu kennzeichnen sind. Für einen branchenübergreifenden Einsatz wird die Konformität zu diesen Standards auch von additiven Direktmarkierungen verlangt.
Individuell identifizierende oder sogar authentifizierende Kennzeichnungen, z. B. im Rahmen einer Serialisierung, werden bereits in die digitalen CAD-Daten integriert. Der Anwender erfährt dabei eine umfassende Unterstützung in der Datenvorbereitung und Auslegung der zu kennzeichnenden Fläche, mit Blick auf einflussnehmende Faktoren wie Material, Fertigungsparameter, Aufbaurichtung und durchzuführende Weiterbearbeitungsschritte. Auch die Einbringung von authentifizierenden, versteckten Markierungen unter der Oberfläche ist möglich. Anwender können dabei sowohl auf vordefinierte Profile zurückgreifen als auch eigene Profile für spezielle Fertigungsparameter oder Materialien wiederverwendbar anlegen.
Rückverfolgbarkeit ab dem Bauprozess
Der große Vorteil einer additiven Direktmarkierung ist leicht zu fassen: Das Produkt ist direkt nach dem Fertigungsprozess rückverfolgbar und die Fertigungskosten sind unverändert, gleichgültig ob eine Menge an Bauteilen mit oder ohne individueller Kennzeichnung zu fertigen ist. Zusätzliche Kosten für manuelles Handling, zusätzliche Prozesslaufzeit und Betriebskosten lassen sich auf diese Weise genauso vermeiden wie die steigende Fehlerquote, die zusätzliche Prozessschritte naturgemäß mit sich bringen. Während Fertigungsbegleitproben zur Qualitätssicherung nach aktuellem Stand der Technik meist handschriftlich gekennzeichnet oder in beschrifteten Tüten eingelagert werden, erlauben additive Direktmarkierungen neben einer unverwechselbaren Zuordnung zwischen Prüfkörper und Baujob auch eine sichere und digitale Dokumentation der ermittelten Kennwerte. Resultierend profitiert das Qualitätsmanagement durch gesteigerte Datenqualität und eine automatisierte Ableitung von Leistungskennzahlen (KPI).
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