Cadfem Ansys Workbench: Leichtbau mit 3D-Druck auf die Spitze getrieben

Die Franke GmbH aus Aalen entwickelt und fertigt Drahtwälzlager, eine leichtere Alternative zu den üblichen Vollmateriallagern. In einer Partnerschaft mit den Simulationsexperten von Cadfem und Rosswag als Lösungsanbieter für den 3D-Druck in Metall reizten die Lagerspezialisten von Franke die Technologie bis an die Grenzen aus. Von Ralf Steck, Freier Redakteur

Seit den Sechzigerjahren ist Leichtbau einer der Treiber bei der Weiterentwicklung der Drahtwälzlager. Franke setzt dabei seit einigen Jahren auch auf 3D-gedruckte Aluminiumkörper, da es die Additive Fertigung ermöglicht, ohne Festigkeitsverlust Material einzusparen. Arne Jankowski aus dem technischen Vertrieb bei Franke fügt an: „Innovative, kundenspezifische Lösungen sind unsere Kernkompetenz.“ Solche Lager kommen beispielsweise bei der Lagerung von Satellitenantennen für Telefon und Internet in Flugzeugen zum Einsatz. Diese Antennenschüsseln sind oft im Leitwerk untergebracht und müssen während des Flugs ständig auf den Satelliten ausgerichtet bleiben, um die Datenübertragung zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Lager natürlich möglichst leicht sein.

In der Topologieoptimierung werden Bereiche, die für die Stabilität keine Rolle spielen (blau dargestellt), entfernt.

In der Topologieoptimierung werden Bereiche, die für die Stabilität keine Rolle spielen (blau dargestellt), entfernt.

Spezialisten für Lager, 3D-Druck und Simulation

Um auszuloten, welche Einsparungen mit modernsten Technologien wie Topologieoptimierung und Additiver Fertigung möglich sind, holte sich Franke für ein Industrieprojekt zwei Partner ins Boot: Zum einen Rosswag Engineering, ein aus einer Freiformschmiede entstandener Spezialist für Metall-3D-Druck, der schon seit längerer Zeit Frankes Lieferant für additiv gefertigte Leichtbaulager ist. Und zum anderen Cadfem aus Grafing bei München, Spezialist für die numerische Simulation, der unter anderem die High-End-Simulationswerkzeuge von Ansys vertreibt, aber auch selbst Engineeringdienstleistungen anbietet.

Ausgangspunkt war eine von Franke gelieferte Geometrie des bisher genutzten Lagers, das mit einem konventionell hergestellten Grundkörper aus Aluminium aufgebaut ist. Florian Hollaus von Cadfem Austria, der auf Seiten von Cadfem an dem Projekt beteiligt war, erinnert sich: „Das Lager mit einem Durchmesser von etwa 25 cm besteht aus einem Außenring und einem zweiteiligen Innenring, die aus Aluminium bestanden und schon so weit gewichtsoptimiert waren, wie es mit CNC-Bearbeitung möglich ist.“

Hollaus importierte die von Franke gelieferte Geometrie in die Ansys Workbench, um sie für die Simulation vorzubereiten. Nach dem Definieren aller Lasten und der unveränderlichen Geometriebereiche des Lagers wurde die Topologieoptimierung gestartet. Diese ergab interessante Ergebnisse, so errechnete Ansys in einem ganzen Bereich des Grundkörpers lediglich vernachlässigbare Spannungen und die Topologieoptimierung entfernte an diesen Stellen das Material komplett. Hollaus importierte die optimierte Geometrie in das in Ansys integrierte CAD-System SpaceClaim und füllte den Bereich mit einer Gitterstruktur, englisch Lattice genannt. Lattices bringen bei sehr geringem Gewicht zusätzliche Steifigkeit ins Modell.

Bauteilverformungen können bereits vor dem Druck begutachtet werden.

Bauteilverformungen können bereits vor dem Druck begutachtet werden.

16 % Gewichtsersparnis

Mit Hilfe der Topologieoptimierung gelang es, das Gewicht des 3D-gedruckten Lagerkörpers gegenüber dem konventionell gefertigten Pendant, das ja auch schon stark optimiert war, um weitere 16 % zu verringern – ein sehr gutes Ergebnis.

Ein zweites wichtiges Einsatzgebiet für die Simulation ist der Druckprozess an sich. Beim Metall-3D-Druck im Pulverbettverfahren wird durch fokussierte Laserstrahlen an den gewünschten Stellen die benötigte Energie eingebracht, um die Metallpulverpartikel vollständig aufzuschmelzen. Durch schnelle Abkühlraten und hohe Temperaturgradienten entstehen im Werkstück starke Spannungen. Um die Wärmeleitung während dem additiven Fertigungsprozess zu ermöglichen und entstehende Kräfte und Spannungen aufzunehmen, werden Stützstrukturen benötigt, die allerdings wiederum Material verbrauchen, die Druckzeit erhöhen und Nacharbeit erforderlich machen.

Hollaus verdeutlicht: „In dieser Simulation arbeiten wir mit genau zum Material passenden Parametern im Lieferumfang der Ansys Additive Suite, von denen übrigens einige von Rosswag Engineering entwickelt wurden. Mit diesen Daten erreichen wir eine sehr genaue Repräsentation des realen Geschehens während des Drucks. So können wir die Stützstrukturen optimieren – dazu variiert man Druckparameter wie Geschwindigkeit und Einwirkzeit des Lasers, aber auch die Orientierung des Bauteils im Raum.“

Bei der Simulation des Druckprozesses arbeitete Hollaus eng mit Philipp Schwarz, Projektingenieur bei Rosswag, zusammen. Schwarz erinnert sich an die Zusammenarbeit: „Jeder von uns brachte seine Erfahrung ein, wir fügten beispielsweise an der von Cadfem berechneten Geometrie gezielt Material an den Stellen hinzu, wo eine spanende Nachbearbeitung notwendig wird, wie etwa im Lagersitz. Wir definierten zudem die Positionierung und die Stützstrukturen, das Gesamtmodell ging dann zurück an Cadfem zur Simulation des Bauvorgangs.“

Schließlich generierte Schwarz in Ansys Additive Prep die Daten für die Metall-3D-Druckanlage von SLM Solutions, auf der alle Teile gefertigt wurden. Die fertig gedruckten Lagerkörper wurden schließlich an Franke geliefert, wo sie wiederum bearbeitet und mit den Lagerbestandteilen – Drahtringe, Wälzkörper und Käfig – vervollständigt wurden.

Direkte Schnittstelle zur Maschine: Die SLM-Datei wird in Ansys erzeugt und kann direkt von der Maschine oder der Simulation gelesen werden.

Direkte Schnittstelle zur Maschine: Die SLM-Datei wird in Ansys erzeugt und kann direkt von der Maschine oder der Simulation gelesen werden.

Die Simulation zeigt bereits vorab, wie das gefertigte Bauteil (ein Lagerkörper für Satellitenantennen) aussieht.

Die Simulation zeigt bereits vorab, wie das gefertigte Bauteil (ein Lagerkörper für Satellitenantennen) aussieht.

Realistische Zusammenarbeit unter echten Spezialisten

Franz Öhlert, Konstrukteur bei Franke, ist mit der Zusammenarbeit in der Partnerschaft sehr zufrieden: „Es handelte sich hier zwar nicht um einen realen Kundenauftrag, sondern wir wollten aus eigenem Antrieb herausfinden, welche Einsparungen sich mit Topologieoptimierung und Additiver Fertigung erreichen lassen. Trotzdem war es eine sehr realistische Zusammenarbeit, auch in realen Projekten hätten wir mit Rosswag und Cadfem zusammengearbeitet – beziehungsweise haben es schon getan. Die Kooperation zwischen Franke, Rosswag und Cadfem war effizient und sehr angenehm. Wir kamen mit annehmbarem Aufwand zu einem großartigen Ergebnis und wir werden die Erfahrungen aus diesem Projekt sicherlich in der Praxis nutzen können.“

Auch Florian Hollaus ist zufrieden mit dem Projekt: „Wir konnten zeigen, dass wir mit der Software der Ansys Additive-Serie den Druckvorgang so realistisch simulieren und optimieren können, dass der Druckprozess sauber durchläuft. Und die erreichten 16 % Gewichtseinsparung an einem schon optimierten Bauteil sind sicher auch ein Statement, was Topologieoptimierung und die Freiheiten des 3D-Drucks zu erreichen in der Lage sind.“

Philipp Schwarz schließt: „Wir als erfahrener Dienstleister profitieren von der Optimierung des Bauprozesses, die wir mit Cadfem umgesetzt haben. Metall-3D-Druck erfordert sehr hohe Investitionen in Maschinen, Material und Know-how, so dass jeder vermiedene Fehldruck eine spürbare Einsparung darstellt. Die Ansys Additive Suite hat uns nicht nur in diesem Projekt überzeugt, sondern wird auch von uns schon seit mehreren Jahren erfolgreich im Tagesgeschäft eingesetzt.“

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