anwenderreportage

voestalpine Böhler Edelstahl BÖHLER E 185 AMPO: Werkstoff mit hoher Bandbreite

Auf den Verarbeitungsprozess abgestimmte Werkstoffe sind in der Additiven Fertigung ein wichtiger Baustein zu perfekten Bauteilergebnissen. Mit dem BÖHLER E185 AMPO stellt die voestalpine Böhler Edelstahl GmbH & Co KG einen Werkstoff mit außergewöhnlichen Eigenschaften vor. Das breite Anwendungsspektrum lässt ihn für vielerlei Anwendungen zur ersten Wahl werden. Von Georg Schöpf, x-technik

Das perfekte Pulver: Der BÖHLER E185 AMPO ist perfekt auf die Bedürfnisse der Additiven Fertigung abgestimmt.

Das perfekte Pulver: Der BÖHLER E185 AMPO ist perfekt auf die Bedürfnisse der Additiven Fertigung abgestimmt.

Materialdetails

Partikelverteilung 15 – 45 µm:
D10[µm] 18 – 24
D50[µm] 29 – 35
D90[µm] 42 – 50
Schüttgewicht* ≥ 3.6 g/cm³
Messung der Partikelverteilung gemäß ISO 13322-2 (Dynamic image analysis methods);
* Messung des Schüttgewichts gemäß ASTM B964 resp. DIN EN ISO 3923-1

Erzielbare mechanische Eigenschaften „as printed”:
Zugfestigkeit 1170 ± 50 MPa
Streckgrenze 1050 ± 50 MPa
Zugdehnung 15 ± 2 %
Härte 37 ± 1 HRc
Kerbschlagfestigkeit (Charpy V) 140 ± 10 J

Erzielbare mechanische Eigenschaften „as printed” und wärmebehandelt:
Zugfestigkeit 1370 ± 50 MPa
Streckgrenze 1150 ± 70 MPa
Zugdehnung 13 ± 1 %
Härte 44 ± 1 HRc
Kerbschlagfestigkeit (Charpy V) 85 ± 10 J

Einsatzhärten:
Oberflächenhärte 750 ± 20 HV30
Tiefe Einsatzhärten 0.8 – 0.9 mm

Nicht von ungefähr hat der Werkstoffspezialist voestalpine Böhler Edelstahl GmbH & Co KG die Entwicklung von Hochleistungswerkstoffen für Sonderanwendungen unter der Division High Performance Metals zusammengefasst. Die Division ist mit ihren weltweiten Tochtergesellschaften auf technologisch hochspezialisierte Produktsegmente fokussiert und zählt zu den globalen Marktführern bei Werkzeugstahl und anderen Spezialstählen. Ergebnis dieser Entwicklungen sind Stahlsorten, die entweder auf konkrete Anwendungsfälle abgestimmt werden oder aber Werkstoffrezepturen, die sich durch besondere Werkstoffeigenschaften auszeichnen und sich damit für unterschiedlichste Anwendungsfälle eignen. Die Pulverwerkstoffe werden unter der Marke BÖHLER AMPO, was für Additive Manufacturing POwder steht, zusammengefasst und seit April 2017 vermarktet. So umfasst das AMPO-Werkstoffspektrum mittlerweile sieben Standardwerkstoffe, die von den Pulverspezialisten aus Kapfenberg hergestellt werden. Davon sind vier Werkstoffe an genormte Werkstoffspezifikationen angelehnte Pulver. Hinter dem BÖHLER W722 AMPO verbirgt sich ein 1.2709, die Werkstoffe BÖHLER L625 (2.4856) und L718 AMPO (2.668) sind Nickelbasislegierungen und der BÖHLER N700 AMPO ist ein 1.4542/17-4PH. Die anderen drei sind spezielle, patentierte oder zum Patent angemeldete Werkstoffe.

Ein Halter aus BÖHLER E185 AMPO, der zum Schutz von sensibler Elektronik eingesetzt wird, zum Beispiel für eine Kamera zur Überwachung des Kokillengusses.

Ein Halter aus BÖHLER E185 AMPO, der zum Schutz von sensibler Elektronik eingesetzt wird, zum Beispiel für eine Kamera zur Überwachung des Kokillengusses.

Daniel Diepold
Business Development Manager Additive Manufacturing Powder bei der voestalpine Böhler Edelstahl GmbH & Co KG

„Mit dem BÖHLER E185 AMPO ist uns ein Werkstoff gelungen, der für vielfältige Anwendungsbereiche einsetzbar ist. Je nach Verarbeitung und Nachbehandlung kann er mit einem breiten Eigenschaftsspektrum aufwarten.“

An die Additive Fertigung angepasst

„Neuestes Mitglied der AMPO-Familie ist BÖHLER E185 AMPO. Dieser Werkstoff vereint in sich einige hervorragende Eigenschaften bereits existierender Pulver“, verrät Daniel Diepold, der bei voestalpine Böhler Edelstahl den Geschäftsbereich Additive Manufacturing Powder betreut. „Der E185 AMPO wurde zwar bereits Mitte letzten Jahres vorgestellt. Mittlerweile verfügen wir aber über umfangreiche Ergebnisse, die die Leistungsfähigkeit des Materials unterstreichen. Er wurde aus einem modifizierten Einsatzstahl entwickelt und an die Bedürfnisse der Additiven Fertigung angepasst.“

Werkstoffe, die mittels Strahlschmelzen verarbeitet werden, sollten eine gute Schweißbarkeit aufweisen. Die im Werkzeugbau für Kunststoffspritzguss und Druckgusswerkzeuge aufgrund ihrer thermischen und mechanischen Eigenschaften gewünschten und oft verwendeten Warmarbeitsstähle sind aber aufgrund des meist hohen C-Gehalts oft schwer schweißbar und damit für die Additive Fertigung nicht die beste Wahl. „Es wurde vorab evaluiert, welche Werkstoffgrundlage infrage kommt, um einen geeigneten Kandidaten zu erhalten, der sowohl die gewünschten Eigenschaften mitbringt und trotzdem gut zu verarbeiten ist. Ziel war dabei, für die Verarbeitung im Strahlschmelzverfahren besonders kritische Aspekte im Auge zu behalten. Dazu zählen eine hohe Dichte des fertigen Bauteils, eine gleichmäßige Prozessstabilität über den ganzen Bauraum hinweg sowie gute mechanische Eigenschaften von Teilen über die gesamte Bauplatte“, geht Diepold ins Detail. Bemerkenswert sei dabei auch, dass der Werkstoff keine Vorwärmung der Bauplattform benötigt und für die Verarbeitung ein breites Prozessfenster zur Verfügung steht, was ihn besonders leicht verarbeitbar macht.

Showcase eines gedruckten Kolbens aus BÖHLER E185 AMPO in bionischem Design.

Showcase eines gedruckten Kolbens aus BÖHLER E185 AMPO in bionischem Design.

Legierungsbestandteile des BÖHLER E185 AMPO.

Legierungsbestandteile des BÖHLER E185 AMPO.

Infos zum Anwender

Bereits im 15. Jahrhundert entstanden in Kapfenberg die ersten Hammerwerke. Durch Übernahme der Werke durch die Gebrüder Böhler erlangte der Kapfenberger Stahl Weltruhm. Heute sind diese Unternehmensbereiche Teil der voestalpine AG. Die voestalpine Böhler Edelstahl GmbH & Co KG, die ihren Sitz immer noch in Kapfenberg (A) hat, begann 1999 mit der Herstellung pulvermetallurgischer Werkstoffe und widmet sich seit 2016 mit 19 Mitarbeitern zusätzlich der Herstellung und dem Vertrieb von Metallpulvern für die Additive Fertigung.

Möglichst hohe Anwendungsbandbreite gefragt

Die AM-Industrie wünscht sich im Grunde einen Werkstoff, der für möglichst viele Anwendungen geeignet ist, sich leicht verarbeiten lässt und dabei möglichst gute chemische und mechanische Eigenschaften in sich vereint. Bereits im „as built“-Zustand weist der BÖHLER E185 AMPO ein gutes Verhältnis aus Festigkeit und Zähigkeit auf. Im wärmebehandelten Zustand kann er es mit dem häufig verwendeten Einsatzstahl 16MnCr5 aufnehmen und übertrifft diesen in der Kerbschlagzähigkeit sogar bei Weitem. Der in der Additiven Fertigung gerne verwendete 316L liegt dagegen in der Leistungsfähigkeit weit zurück. Ebenso lässt sich der neue Werkstoff gut beschichten und ist im Härteprozess extrem gutmütig.

„Durch die ausgewogene Legierungszusammensetzung eröffnet der BÖHLER E185 AMPO vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Im nicht wärmebehandelten Zustand ist der Werkstoff ein sehr zäher und widerstandsfähiger Kandidat, der sich trotzdem sehr gut nachbearbeiten lässt. Das ist überall dort von Vorteil, wo man es mit hochbeanspruchten Komponenten zu tun hat, welche starken und zahlreichen Lastwechseln ausgesetzt sind. Benötigt man eine mittlere Härte von etwa 44 HRC, so ist diese mit einem ganz einfachen Härtevorgang bei 850° C und Wasser- oder Ölabschreckung und einem einfachen Anlassen bei 200° C in Luft erzielbar. Damit sind allerlei Anwendungen im Bereich lastaufnehmender Bauteile und auch Leichtbaukomponenten sowie Werkzeugträger realisierbar, aber vor allem im typischen Maschinenbau. Mittels Einsatzhärten und Nitrieren lässt sich die Oberflächenhärte auf über 60 HRC erhöhen. Er büßt dabei auch nur wenig an Kerbschlagzähigkeit ein, womit er für Lager, Zahnräder und anderen Komponenten eingesetzt werden kann, die hohe Abriebfestigkeit und Oberflächenhärte bei gleichzeitiger Gesamtrobustheit benötigen. Der BÖHLER E185 AMPO ist somit ein wirklich breit einsetzbares Material.“

Übersicht der mechanischen Kennwerte des BÖHLER E185 AMPO im Vergleich zum 16MnCr5.

Übersicht der mechanischen Kennwerte des BÖHLER E185 AMPO im Vergleich zum 16MnCr5.

Gutes Wärmemanagement? – Aber sicher!

Eine weitere Eigenschaft, die der neue AM-Werkstoff mit sich bringt und der ihn wohl für manche Anwendung in den Vordergrund hebt, ist seine gute Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu anderen Edelstahlvertretern. Schafft ein 316L beispielsweise eine Wärmeleitfähigkeit von 16,2 W/m·K, so kann der BÖHLER E185 AMPO mit ganzen 37,7 W/m·K aufwarten. Das ist besonders dann hilfreich und wichtig, wenn man Komponenten herstellt, die ein funktionierendes Wärmemanagement ermöglichen müssen. Allen Anwendungen voran trifft dies im Bereich Werkzeugbau und Hydraulikkomponenten am häufigsten zu. voestalpine Böhler Edelstahl hat aber auch bereits in internen Projekten weitere Einsatzmöglichkeiten für den Werkstoff erkannt. So wurde beispielsweise für eine hauseigene Anlage im Kokillenguss ein Halter für eine Überwachungskamera benötigt. Die Umgebungstemperatur kann dabei Temperaturen von 500° C leicht überschreiten. Sowohl Optik als auch Elektronik der Kamera müssen von diesen Temperaturen zuverlässig abgeschirmt werden und gleichzeitig muss der Halter robust genug sein, um auch mechanische Stöße und Schläge auszuhalten. „In diesem internen Projekt konnten wir beweisen, dass der BÖHLER E185 AMPO bestens für thermokritische Anwendungen geeignet ist, in denen die Beständigkeit von Edelstahl gefordert ist. Bei solchen Anwendungen kommt oft eine Kombination aus thermischen und mechanischen Anforderungen zusammen. Mit der Additiven Fertigung lassen sich dafür häufig ganz elegante Lösungen realisieren. Allerdings muss sich der Werkstoff dafür eignen“, erklärt Diepold und bestätigt damit die Wichtigkeit der passenden Materialauswahl.

Veranschaulichung der leicht anwendbaren Wärmebehandlung des BÖHLER E185 AMPO zur Erhöhung der Festigkeit.

Veranschaulichung der leicht anwendbaren Wärmebehandlung des BÖHLER E185 AMPO zur Erhöhung der Festigkeit.

Martensitische Gefüge mit geringen Anteilen an Bainit nach der Wärmebehandlung des BÖHLER E185 AMPO.

Martensitische Gefüge mit geringen Anteilen an Bainit nach der Wärmebehandlung des BÖHLER E185 AMPO.

Maßgeschneiderte AM-Werkstoffe

Als Materialhersteller mit hoher Werkstoffexpertise ist voestalpine Böhler Edelstahl in der Lage, Materialien für die Additive Fertigung bereitzustellen, die nicht nur den Anforderungen an das fertige Teil gerecht werden, sondern auch insbesondere die Prozessparameter der Fertigung an sich mitberücksichtigen. Damit kann sichergestellt werden, dass im generativen Herstellungsprozess gleichmäßig hohe Teilequalitäten erzielt werden können, was für viele Branchen ein entscheidendes Kriterium hinsichtlich von Zertifizierungen und Qualitätssicherung darstellt. „Wir sind überzeugt, dass wir in der Kategorie der Stahlwerkstoffe die besten Lösungen bereitstellen können und laden Interessenten ein, ihre jeweiligen Anforderungen mit uns zu diskutieren. Mit unserer Versuchsanlage sind wir auch in der Lage, kleinere Mengen an Pulver für Evaluierungen bereitzustellen und können in Zusammenarbeit mit unserem Additive Manufacturing Center in Düsseldorf auch den gesamten Bauprozess evaluieren“, fasst Diepold abschließend zusammen.

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