Neu designter Werkzeugstahl

Hochleistungs-Werkzeugstähle für die Additive Fertigung in kurzer Zeit qualifizieren: Das aus dem TraCLight-Konsortium resultierende, deutsch-kanadische Forschungsprojekt HiPTSLAM arbeitet an einer ganzheitlichen Prozesskette für funktionsoptimierte Anwendungen bei Stanz-, Umform- und Schneidwerkzeugen. Von Gregor Graf, Rosswag GmbH

Mögliche Anwendungen der neuentwickelten Werkzeugstähle beispielsweise für Aluminiumextrusionswerkzeuge von Dienamex (links), Spritzgusswerkzeuge von Canimex (mitte) und Zerspanungswerkzeugen von Gühring (rechts).

Mögliche Anwendungen der neuentwickelten Werkzeugstähle beispielsweise für Aluminiumextrusionswerkzeuge von Dienamex (links), Spritzgusswerkzeuge von Canimex (mitte) und Zerspanungswerkzeugen von Gühring (rechts).

Partner des Projektes HiPTSLAM

Deutschland:
• wbk Institut für Produktionstechnik (Karlsruher Institut für • Technologie)
• Gühring KG
• Indutherm Gießtechnologie GmbH
• Rosswag GmbH

Kanada:
• Centre de métallurgie du Québec (CMQ)
• McGill University
• MSAM (University of Waterloo)
• Université Laval
• ArcelorMittal Dofasco
• BID Group
• Canimex Group
• Dienamex Inc.
• Promatek Research Centre (Magna International Inc.)
• PyroGenesis Canada Inc.

Im Werkzeugbau ermöglicht die Integration von innenliegenden Kanalstrukturen durch die Additive Fertigung schon seit mehreren Jahren neue Konstruktionsmöglichkeiten mit gesteigerten Leistungsmerkmalen, beispielsweise durch die konturnahe Kühlung von Spritzgusswerkzeugen.

Darstellung der ganzheitlichen Prozesskette im Forschungsprojekt HiPTSLAM.

Darstellung der ganzheitlichen Prozesskette im Forschungsprojekt HiPTSLAM.

Hohe Anforderungen an den Werkstoff

Oftmals wird der Einsatz von AM Prozessen bei hochbelasteten Werkzeug-, Formen- oder Gesenkanwendungen durch die bisher qualifizierten Werkzeugstähle gehemmt. Die Anforderungen an eine hohe Oberflächenhärte und Verschleißfestigkeit bei gleichzeitig guter Wärmeleitfähigkeit und Zerspanbarkeit führt wiederholt dazu, dass auf schlecht schweißbare Werkzeugstähle und damit auch konventionelle Fertigungsverfahren zurückgegriffen werden muss. Bei der Additiven Fertigung treten bei hochlegierten und hochkohlenstoffhaltigen Werkzeugstählen durch die Martensitumwandlung und Karbidausscheidungen immer wieder Spannungsrisse im Gefüge auf, welche ein Ausschlusskriterium für eine spätere Verwendbarkeit darstellen. Meist wird in diesem Zusammenhang auf den Werkstoff 1.2709 zurückgegriffen, welcher jedoch bei hohen Beanspruchungen keine ausreichenden Härte- und Verschleißeigenschaften bietet.

Legierungszusammensetzung des neuentwickelten, martensitischen Werkzeugstahls.

Legierungszusammensetzung des neuentwickelten, martensitischen Werkzeugstahls.

Transatlantische Zusammenarbeit

Beim internationalen Konsortium des HiPTSLAM-Projektes sind Forschungseinrichtungen, Produzenten und Endanwender mit einem breiten Know-how über die gesamte Prozesskette der Additiven Fertigung hinweg vertreten, welche gemeinsam an neuen Werkzeugstahllösungen forschen. Von der anwendungsorientierten Metallpulverherstellung, über Parameterstudien in verschiedenen additiven Fertigungsverfahren mit anschließenden Wärmebehandlungs- und Zerspanungsversuchen bis hin zur umfassenden Werkstoffanalyse und Validierung in Endanwendungen sollen die Prozesse und Schnittstellen im Forschungsvorhaben für die Verarbeitung neuer Werkzeugstähle optimiert werden.

Auf deutscher Seite bringt Indutherm die Expertise bei der Gasverdüsung und Aufbereitung von Metallpulvern ein. Rosswag wird mit der ganzheitlichen und firmeninternen Prozesskette besonders bei den Prozessen der Verdüsung, SLM®-Fertigung und Analytik die bestehende Vorerfahrung einfließen lassen. Das wbk Institut für Produktionstechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist Konsortialführer des Forschungsprojektes und besitzt eine große Forschungsexpertise entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Produktionstechnik. Vom wbk werden im Projekt die additiven und zerspanenden Fertigungsverfahren detailliert betrachtet. Gühring ist ein führendes Unternehmen bei der Herstellung von Präzisionswerkzeugen für die Metallzerspanung und gleichzeitig Anwender von additiven Fertigungsverfahren.

Ablaufplan der Prozesskette für die Qualifizierung neuer AM-Werkstoffe auf Basis von der Verdüsung kleiner Mengen Sondermetallpulver.

Ablaufplan der Prozesskette für die Qualifizierung neuer AM-Werkstoffe auf Basis von der Verdüsung kleiner Mengen Sondermetallpulver.

Schnelligkeit gefragt

Nach dem Start des Forschungsprojektes im April 2019 war es das Ziel, in möglichst kurzer Zeit erste verwertbare Ergebnisse bei der Verarbeitung neuer Werkzeugstähle zu generieren. Dafür wurde auf eine neuentwickelte Werkstofflegierung zurückgegriffen. Es handelt sich um einen martensitischen Werkzeugstahl, welcher mit Standard-LPBF-Systemen verarbeitbar sein und durch den Einsatz von Wärmebehandlungsprozessen bei Bedarf hohe Härten erzielen soll.

Schliffbilder als Ergebnis der Parameterstudien im SLM®-Prozess mit dem neuentwickelten Werkzeugstahl.

Schliffbilder als Ergebnis der Parameterstudien im SLM®-Prozess mit dem neuentwickelten Werkzeugstahl.

Die Prüfung

Der Qualifizierungsablauf wurde anhand eines Ablaufplans für eine höchste Effizienz entlang der Prozesskette durchgeführt. Zunächst wurde der vorlegierte Rohstoff innerhalb von drei Tagen zu 18 kg Metallpulver verdüst. Nach der Aufbereitung des Metallpulvers durch Sieben und Sichten wurden mehrere Parameterstudien in einer SLM® 280 HL-Laserschmelzanlage durchgeführt, um einen passenden Parametersatz mithilfe von Schliffbildern zu identifizieren. Dabei wurde eine Materialdichte von bis zu 99,94 % erzielt. Eine mehrstufige Wärmebehandlung, bestehend aus Lösungsglühen, Abschrecken und Anlassen, konnte die Härte der Würfelproben auf bis zu 59 HRC steigern.

Die Qualifizierung

Dadurch konnte nach nur 6 Wochen ab Start des Forschungsprojektes HiPTSLAM eine neuentwickelte Werkzeugstahllegierungen für die Additive Fertigung qualifiziert werden. Dieser Werkstoff stellt damit in Zukunft eine mögliche Alternative durch die hohe Härte für hochbelastete Anwendungen in der additiven Werkzeugfertigung dar. Die Forschungspartner planen während der dreijährigen Projektlaufzeit noch weitere Werkzeugstahllegierungen mit hochfesten Eigenschaften zu qualifizieren und damit neue Impulse im Markt der Additiven Fertigung zu setzen.

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