LKR: Recycling-Drähte für das WAM-Auftragschweißen

Additive Fertigungstechnologien bieten beste Voraussetzungen für die energie- und materialeffiziente Herstellung von Bauteilen. Gerade drahtbasierte Auftragsverfahren gelten in diesem Zusammenhang aufgrund gestaltsoptimierter Herstellung mit geringen geometrischen Fertigungszugaben als vielversprechend. Der nächste Schritt zur Steigerung der Ressourceneffizienz ist die Nutzung von hochwertigem Produktionsabfall als Ausgangsbasis für die Drahtherstellung. Das Rezyklieren von sortenreinen Frässpänen nach der kryogenen Spänereinigung durch Synron hat LKR für WAM-Drähte nun erfolgreich dargestellt.

Bei Anwendungen mit hoher Zerspanungsrate werden wertvolle Rohstoffe oft zu schwer wiederverwertbarem Späneabfall. Das LKR macht daraus wieder wertvollen WAM-Draht.

Bei Anwendungen mit hoher Zerspanungsrate werden wertvolle Rohstoffe oft zu schwer wiederverwertbarem Späneabfall. Das LKR macht daraus wieder wertvollen WAM-Draht.

Factbox KryoReIF-Projekt

Titel: „Kryogenes Recycling von wertvollen, industriell unzureichend genutzten Materialien als Industrielle Forschung“
Kurztitel: „KryoReIF“
Ausschreibung: Effiziente & Nachhaltige Industrie und Produktion – Kreislaufwirtschaft (Initiative des Landes Oberösterreich im Rahmen des strategischen Wirtschafts- und Forschungsprogramms #upperVISION2030)
Dauer: 24 Monate
Partner: Synron, LKR, TCKT

Gerade im Flugzeugbau, aber auch in der Werkzeugfertigung ist das Zerspanen aus dem Vollen ein übliches Verfahren für kleine bis mittlere Stückzahlen. Im Flugzeugbau wird von der Buy-to-Fly-Ratio (BTF) gesprochen – also dem Massenverhältnis des Ausgangsmaterials zum fertig zerspanten Bauteil. Üblich sind BTF-Verhältnisse von 10:1 in der Fertigbearbeitung von Schmiedebauteilen bis über 20:1 beim Fräsen aus dem Vollen – stark abhängig von der jeweiligen Bauteilgeometrie. Trotz vieler innovativer Lösungen ist der Flugzeugbau auch träge: Sind Fertigungsabläufe einmal festgelegt und zugelassen, so bestehen diese unverändert über Jahre und Jahrzehnte. Daher muss davon ausgegangen werden, dass auch in den kommenden Jahren sehr große Mengen an Spänen als Produktionsabfall entstehen werden.

Das Anlagenkonzept zum Kryoreinigen zeigt den Materialfluss in der Anlage.

Das Anlagenkonzept zum Kryoreinigen zeigt den Materialfluss in der Anlage.

Späne als Herausforderung für das Metallrecycling

Für das Metallrecycling bieten Späne Herausforderungen auf mehreren Ebenen: Durch ihre Form sind sie schwer zu fördern und müssen beim Wiederaufschmelzen auch besonders intensiv durch Schmelzereinigung behandelt werden, da an den großen Oberflächen viele Anlagerungen anhaften können.

Meist kommt es in der Zerspanung oder in der ausgelagerten Schrottlogistik zur Vermischung von Legierungen und Werkstoffen. Einmal vermischt, können Späne nicht mehr mit vertretbarem Aufwand getrennt werden. Dann entsteht ein Gemenge an Legierungsbestandteilen, die ohne große Mengen von Reinaluminium zur Verdünnung nicht mehr hochwertig rezykliert werden können. So kommt es fast immer zu Downcycling, also der Nutzung der Schrottmasse zu Produkten mit geringem Eigenschaftsportfolio.

Die beiden typischen Vertreter von Luftfahrtlegierungen, die EN AW-2024 (AlCu4Mg1) und EN AW-7075 (AlZnMgCu1,5), haben stark unterschiedliche Bereiche der jeweiligen Hauptlegierungselemente, nämlich Zink mit maximal 0,25 % bei 2024 bzw. 5,1 bis 6,1 % im Fall der 7075. Bei Kupfer verhält es sich genau umgekehrt: Für die 2024 sind 3,8 bis 4,9 % zugelassen, während die Legierung 7075 zwischen 1,2 bis 2,0 % enthalten muss. Auch den Gehalten weiterer Elemente wie Chrom oder Mangan muss Beachtung geschenkt werden. Eine hochwertige Produktionsschrottnutzung kann aber gelingen, wenn Sortenreinheit durch sogenanntes Closed-Loop-Recycling gewährleistet wird. Späne sind jedoch meist mit Kühlschmierstoffemulsionen aus der Zerspanung benetzt, welche aus organischen Bestandteilen und Wasser bestehen. Dermaßen verunreinigt können nasse Späne nicht direkt wieder aufgeschmolzen werden. Das Wasser muss verdampft werden, während die organischen Anteile aktuell durch Pyrolyse im Drehrohrofen thermisch entsorgt werden. Dabei kann das Schwelgas zwar für die weitere Pyrolyse verwendet werden – es müssen aber Überhitzungseffekte und Dioxingefahr beachtet und überwacht werden.

Kalt geht es her in der Kryo-Spänereinigungsanlage von Synron. Bei Temperaturen jenseits der -45 °C werden Kühlschmierstoffreste von den Spänen getrennt.

Kalt geht es her in der Kryo-Spänereinigungsanlage von Synron. Bei Temperaturen jenseits der -45 °C werden Kühlschmierstoffreste von den Spänen getrennt.

Ein neuartiges, rein physikalisches Verfahren zur Spänereinigung

Hier setzt Synron an: Das neue Tieftemperatur-Spänereinigungsverfahren funktioniert rein physikalisch – also ohne Zugabe reaktiver Chemie oder entstehender toxischer Abgase. Es basiert auf der dosierten Zugabe von Flüssigstickstoff in eine sich drehende Mahltrommel, in die auch Späne aufgebracht werden. Durch die Versprödung der anhaftenden Schmiermittelrückstande und der Reibung der Späne aneinander kommt es zur Ablösung der Emulsion von den Metalloberflächen. Anschließende Trennung und geringe Anzahl von Wiederholungen führen zu sehr hohen Reinigungseffekten.

An gewöhnlichen Kurzspänen der Legierung 7075 wurden konkrete Messungen durchgeführt: Bei Spänen, die anfangs einen knapp 15%igen Kühlschmierstoffanteil an der Spänegesamtmasse aufwiesen, konnte nach dem erstmaligen Kryo-Reinigungsdurchlauf bereits ein Reinigungseffekt von über 97 % erzielt werden, wie der Projektpartner TCKT mittels Thermogravimetrie (TGA) systematisch analysierte.

Konkret waren nur noch 2,71 % der verbleibenden Probenmasse dem anhaftenden Kühlschmiermittel zuzuordnen, wenn bei einer Verfahrenstemperatur von -45 °C gereinigt wurde. Bei -50 °C verblieben 1,85 % und nur mehr 0,96 % bei -60 °C Massenanteil. Nach insgesamt fünf Durchläufen konnten Werte unter 1 % relativer Gehalt ermittelt werden (-45 °C: 0,85 %; -50 °C: 0,46 %; -60 °C: 0,31 %). Auch wenn die Einzelmesswerte noch gewisse Streuungen aufwiesen, ist der Trend des stärker sinkenden Restgehaltes mit verringerter Verfahrenstemperatur gut erkennbar.

Dieses neue Tieftemperatur-Spänereinigungsverfahren veränderte dabei weder Form noch Größe der Späne, sodass danach wie üblich das Recycling erfolgen kann, ohne aber gefährliche Verfahrensabfälle erzeugt zu haben.

Die Versuchsanlage von Synron im Einsatz am LKR.

Die Versuchsanlage von Synron im Einsatz am LKR.

Der gepresste Draht aus 100 % Späneschrott kann direkt in der WAAM-Anlage verarbeitet werden.

Der gepresste Draht aus 100 % Späneschrott kann direkt in der WAAM-Anlage verarbeitet werden.

Recycling von Spänen der Luftfahrtlegierung EN AW-7075

Das LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen hat Anfang 2022 über die Erfolge beim generativen Verarbeiten von hochfesten Aluminiumlegierungen berichtet: Dabei handelt es sich um die Verarbeitung der Luftfahrtlegierung EN AW-7075 Aluminium, wobei die verwendeten Drähte aus Primärmaterial hergestellt wurden. Mit dieser Voraussetzung und der breiten Verfügbarkeit von 7075-Spänen wurde diese Sorte auch für die Recyclingstudien von LKR in Ranshofen ausgewählt. Gereinigte Späne mit Anteilen von 50 bzw. 100 % an der Gesamtmasse wurden für die eigene Drahtherstellroute vorbereitet und durch Späneaufschmelzen unter Salzabdeckung, Schmelzereinigung mit Impeller und Spülung, Abguss von Bolzen und direktes Strangpressen zu 1,6 mm WAM-Draht verarbeitet. So konnte am LKR Versuchsmaterial auf herkömmlichen Spulen in Versuchsmengen hergestellt und auf Anhieb eine zufriedenstellende Oberflächengüte erreicht werden.

Die gute Qualität der WAM-Musterwand zeigt, dass die Güte des Recyclingmaterials den Anforderungen gerecht wird.

Die gute Qualität der WAM-Musterwand zeigt, dass die Güte des Recyclingmaterials den Anforderungen gerecht wird.

Der Schliff durch die WAM-Wand längs der Aufbaurichtung (senkrecht zum Lagenaufbau) bestätigt die hohe Güte des Recyclingmaterials, was am gleichmäßigen Gefüge ablesbar ist.

Der Schliff durch die WAM-Wand längs der Aufbaurichtung (senkrecht zum Lagenaufbau) bestätigt die hohe Güte des Recyclingmaterials, was am gleichmäßigen Gefüge ablesbar ist.

WAM-Versuche mit Recycling-Drähten

Die weiteren Untersuchungen zur Verarbeitbarkeit mittels drahtbasiertem Auftragschweißen hat LKR im eigenen WAM-Labor ausgeführt. Die generierten Wände stehen makroskopisch betrachtet jenen von 7075-Draht aus Primärlegierungselementen kaum nach. Auch Mikrostruktur und Porosität sind damit vergleichbar. Es bestehen somit gute Aussichten, dass durch die Kombination von sortiertem Schrott und hochqualitativen Späne- und Schmelzereinigungsverfahren die üblichen Drahtqualitäten erreicht werden können, um die materialeffiziente drahtbasierte Additive Fertigung noch nachhaltiger zu gestalten.

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