interview

Werkzeugelemente additiv fertigen

Jell Werkzeugelemente ist Teil der 1987 gegründeten Jell Group aus Bernau am Chiemsee (D). Für die Herstellung von komplexen Bauteilen setzt das Unternehmen unter anderem Lasersinter-Maschinen von Concept Laser und FDM-Geräte von Stratasys ein. Der Bereich Werkzeugelemente wird von Gregor Jell geleitet, der uns über seine Erfahrungen aus sechs Jahren Additiver Fertigung berichtet. Das Interview führte Georg Schöpf / x-technik

Um die Additive Fertigung besser kennen zu lernen, wird es sich lohnen, einen Dienstleister mit einzubeziehen. Dieser kennt die Verfahren und deren Möglichkeiten und Grenzen. 

Gregor Jell, Geschäftsinhaber der Jell Werkzeugelemente

Um die Additive Fertigung besser kennen zu lernen, wird es sich lohnen, einen Dienstleister mit einzubeziehen. Dieser kennt die Verfahren und deren Möglichkeiten und Grenzen. Gregor Jell, Geschäftsinhaber der Jell Werkzeugelemente

Jell Werkzeugelemente nutzt jetzt seit gut sechs Jahren Selektives Laserschmelzen für die Herstellung von komplexen Bauteilen. Wie kam es dazu?

Das erschloss sich aus einem immer wiederkehrenden Wunsch, in der Konstruktionsphase eines Spritzgießwerkzeuges eine komplexe und zugleich hoch effektive Werkzeugtemperierung später tatsächlich umsetzen zu können. Wir kommen ursprünglich aus dem Werkzeug- und Formenbau, konstruierten Spritzgießwerkzeuge und entwickelten Baugruppen und Geräte (damals wie heute). Mein Vater Gerhard Jell sprach oft von einer „stahlfressenden Made“ die Kühlkanäle nach den Vorstellungen des Konstrukteurs (in der Fertigung) umsetzen solle. Dieser Gedanke nahm immer mehr Realität an, als wir vor einem knappen Jahrzehnt auf das Metall-Lasersintern aufmerksam geworden sind. Wir beobachteten und analysierten diese neuartige Technologie und entschieden dann 2009, sie ins Unternehmen zu integrieren.

Werkzeugelemente mit Geometrien, die konventionell nicht herstellbar sind, zählen zu den Spezialitäten der Jell Group.

Werkzeugelemente mit Geometrien, die konventionell nicht herstellbar sind, zählen zu den Spezialitäten der Jell Group.

Sechs Jahre Lasersintern, da kommen schon Erfahrungswerte zusammen. Worauf sollten Unternehmen achten, die diese Technologie nutzen wollen?

Man sollte sich im Klaren sein, dass zur hohen Investition ein langwieriger Lernprozess dazugehören kann. Zudem erfordert es eine gewisse Bereitschaft zum nachhaltigen Perspektivenwechsel. So entstehen im Laufe der Zeit diverse hilfreiche Erfahrungen, speziell für Neueinsteiger. Außerdem sollen Ziele exakt definiert und das Bewusstsein geschärft werden, z. B. wofür die Technologie eingesetzt werden soll (Branche, Bauteile oder Material). Um die Additive Fertigung besser kennen zu lernen, wird es sich lohnen, einen Dienstleister (wie wir es sind) mit einzubeziehen. Dieser kennt die Verfahren und deren Möglichkeiten und Grenzen und kann auch schon frühzeitig auf der konstruktiven Seite wertvolle Hinweise liefern. Denn additiv gefertigte Bauteile haben ganz andere Anforderungen als zerspanend hergestellte Teile.

Müssen Konstrukteure künftig komplett umdenken? Stichwort: Funktionsintegration. Muss Spezial-Know-how seitens der Entwickler aufgebaut werden?

Ja, wichtig ist es aber, beide Richtungen zu kennen. Nämlich die konventionelle Fertigung im Kopf zu behalten und die Additive Fertigung dazu zu gewinnen bzw. kennenzulernen. Grundsätzlich kann man sagen, dass – je nach Anwendungsfall – oft eine Kombination aus verschiedenen Verfahren die Lösung ist.

Die Teile werden komplexer und anspruchsvoller. Es werden mittlerweile mehrere Teile zusammengefasst, ja teilweise komplette Baueinheiten einteilig additiv gefertigt. Das spart oftmals Geld und Zeit. Außerdem erhöht es z. B. die Funktion oder Effektivität. Wir befinden uns mittlerweile in einer neuen Dimension. Bis dato unvorstellbare und höchst kreative Dinge können, dank dieses Verfahrens, verwirklicht werden. Zudem wäre es vorteilhaft, Designer, Konstrukteure und Entwickler (ganz gleich welcher Branchenherkunft) mehr Hintergrundwissen und Empfehlungen mitzugeben.

Was sind die größten Irrmeinungen im Hinblick auf Additive Fertigung?

Die Additive Fertigung sei teurer als konventionelle Verfahren. In Summe sind vor allem die kürzeren Durchlaufzeiten und geringeren Vorarbeiten wesentliche Faktoren, die die Additive Fertigung wirtschaftlich interessant machen. Die zweite Irrmeinung ist, dass additiv gefertigte Temperierkanäle schneller verschließen. Das trifft einfach nicht zu. Die Oberflächenqualität bei Lasersinterteilen bringt keine Einschränkungen.

In welchen Fällen macht Additive Fertigung aus Ihrer Sicht besonders Sinn?

Es gibt wirklich viele Fälle, in denen das Verfahren sinnig und vorteilhaft scheint. Wenn eine Gewichtseinsparung bei Teilen oder Baugruppen erreicht werden soll, kürzere Zykluszeit durch gezielte konturnahe Temperierkanäle im Spritzgießprozess benötigt oder zusätzliche Funktionen integriert und somit ein Mehrwert erzielt werden soll.

Es gab einige Firmen in der Vergangenheit, die erst nach einer unserer Präsentationen spezielle Vorteile dieses Verfahrens für Ihre Bauteile, Baugruppen oder Anwendungen festgestellt haben.

Die Technologie wird immer ausgereifter. Wo gibt es seitens der Maschinenhersteller Verbesserungsbedarf?

Positiv ist, dass im jetzigen Technikstand der Anlagen noch Verbesserungspotential steckt. Ich sehe jedoch einen markanten Nachteil im zu schnellen Wachstum der additiven Fertigungsbranche. D. h., wir werden in Zukunft noch hochwertigere Laserteile herstellen können, aber das bedeutet für den Anwender einiges an Geduld und eine Weiterentwicklung der Anlagen. Dadurch besteht ein Bedarf an mehr Updates, Upgrades und Support. Eine ausgereifte Technik zur Multimaterial-Verarbeitung im SLM-Verfahren sollte einer der nächsten Schritte sein.

Die Verarbeitung welcher Materialien sollte aus Ihrer Sicht verbessert oder genauer betrachtet werden?

Die bestehenden Materialien sind eine gute Basis um die Märkte mit qualitativ hochwertigen Teilen zu beliefern. Aluminium wird immer häufiger angefragt und eingesetzt. Hier könnte die Baurate und die Oberflächenbeschaffenheit verbessert werden. 1.2343 Werkzeugstahl wäre als neues, freigegebenes Material für den Formenbau interessant sowie allgemein verschleißfestere Werkstoffe. Ich bin mir sicher, die Materialauswahl wird erweitert werden und wir werden versuchen, unseren Teil dazu beizutragen.

Sie sind ein wachsendes Unternehmen, gibt es bei Ihnen Neuigkeiten für das Jahr 2016?

Ja, wir werden demnächst ein neues Produkt für die Spritzgießbranche herausbringen. Dies soll die Werkzeuge besser machen und dadurch die Produktion vereinfachen.

Wir bedanken uns für das Gespräch!

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