anwenderreportage
Concept Laser M2 cusing Multilaser: Ersatzteile on demand
Additive Manufacturing sorgt für kürzere Revisionszeiten von Abfüllanlagen: Anwender des 3D-Metalldrucks entdecken zunehmend die neuen Möglichkeiten und Freiheiten, die eine Additive Fertigung eröffnet. 3D-Konstruktionen führen zu neuen Produktlösungen. Bisweilen werden Fertigungs- und Logistikkonzepte völlig neu aufgesetzt. Jung & Co. Gerätebau setzt auf die Additive Fertigung, um Ersatzteile für Getränkeabfüllanlagen schneller verfügbar zu haben.
Zeit ist Geld: Die Revision einer modernen Hochleistungsabfüllanlage muss sehr schnell über die Bühne gehen. Je nach Größe und Abfüllleistung der gesamten Abfüllstraße können hohe Produktionsausfallkosten entstehen.
Thomas Lehmann
Geschäftsführer von Jung & Co. Gerätebau GmbH.
„Die Additive Fertigung eröffnet eine Reihe von Perspektiven, wenn es um Ersatzteile für Abfüllanlagen in der Getränke-Industrie geht. Dadurch können wir uns ein Stück weit von Raum und Zeit in der Ersatzteilversorgung entkoppeln.“
Wenn es um die Bearbeitung von Edelstahl/-legierungen, verschiedene Aluminiumlegierungen oder Titan geht, gibt es gute Gründe, die für die Jung & Co. Gerätebau GmbH sprechen. Der Spezialist für Edelstahlkomponenten verfügt über Werkstoff-Know-how und modernste CNC-Maschinen. Eine effiziente Fertigungsplanung und konsequente Qualitätssicherung in der Auftrags- und Baugruppenfertigung zählen zum Leistungsprofil. Das Spektrum reicht von der Getränke- und Lebensmittelindustrie, Pharma- und Chemietechnik, Anlagenbau und Luftfahrt bis zur Förderindustrie fossiler Brennstoffe. Eine Spezialität ist die Fertigung von Ersatzteilen aus Edelstahl für Getränkeabfüllanlagen.
Ein konventionell hergestelltes Dosenfüllventil besteht aus sieben Bauteilen, Dichtungen und Verschraubungen, und erfordert Montageaufwand. Die Herstellung des Bauteiles auf konventionelle Weise dauert ca. 8-10 Wochen inkl. der Beschaffung des benötigten Feingussteiles.
Infos zum Anwender
Seit über 40 Jahren setzt Jung & Co. in der Edelstahlbearbeitung sowie bei Speziallegierungen Maßstäbe. Seit den 1990er Jahren – nach der Gründung der FAS Füllanlagenservice GmbH – zählt die Jung-Gruppe zu den leistungsfähigsten Lieferanten für Flaschen- und Dosenfüller-Ersatzteilen. Und seit 2015 ergänzt die Additive Fertigung das CNC-Fertigungsspektrum bei Jung & Co.
www.jung-co.de
Know-how-Transfer sorgt für echte Synergien
Bei Jung & Co. steht die Anwendung der Werkstoffe Edelstahl, Aluminium und Titan im Vordergrund. Dieses Know-how konnte in 40 Jahren auf zahlreiche Branchen übertragen werden. Die klassischen Methoden der Zerspanung wurden nun um die additive Fertigung des Metalllaserschmelzverfahrens erweitert. In der Fertigung steht eine M2 cusing Multilaser von Concept Laser. Thomas Lehmann: „Eine Lösung in Edelstahl entsteht bei uns verfahrensübergreifend und konsequent ausgerichtet auf die Applikation. Die Teile oder Baugruppen entstehen bei uns konventionell zerspant, hybrid gefertigt oder komplett additiv. Der Kunde erhält ein Präzisions-Endprodukt aus einer Hand im Full-Service.“
Ein additiv gefertigter Dosenabfüller kann in einem Arbeitsgang, also ohne Montage, und on demand in einer Woche gefertigt werden. Der Einsatz beim Anlagenbetreiber erfolgt sehr zeitnah, Revisionszeiten werden signifikant verkürzt. Das optimierte additive Bauteil ist zudem um ca. 35% leichter als das konventionelle.
Beispiel Getränkeindustrie
Nach ersten Erfahrungen mit der Additiven Fertigung ging das Unternehmen einen Schritt weiter. Das Zauberwort lautete „Ersatzteile on demand“. Thomas Lehmann dazu: „Anfangs dachten unsere Kunden: Was für eine verrückte Idee. Viel zu teuer. Geht gar nicht. Wir mussten also erst mal Überzeugungsarbeit leisten.“ Das Konzept „Ersatzteile on demand“ ging auf, weil die wirtschaftlichen Fakten nicht zu leugnen waren. Die Idee der Additiven Fertigung von Ersatzteilen für Getränkeabfüllanlagen ging auf.
Keimzelle der 3D-Metalldruck-Fertigung in Pinneberg: eine LaserCUSING-Anlage M2 cusing Multilaser von Concept Laser.
Getränkeabfüllanlagen im Dauereinsatz
Eine Abfüllanlage in der Getränkeindustrie sollte mit hoher Verfügbarkeit glänzen. Wichtig ist oft die Flexibilität der Abfüllanlage, denn es müssen unterschiedliche Größen von Flaschen oder Dosen abgefüllt werden. Aufgaben der Abfüllanlagen sind: Flaschen oder Dosen zuführen, abfüllen, verschließen und letztendlich diese an die Post-Processing-Stationen zu übergeben. Nach Lebensmittelrecht stehen Sauberkeit und Hygiene ganz oben im Anforderungsprofil. Edelstahl zählt daher zu den bevorzugten Materialien der Branche. Produktionsraten von 40.000 – 80.000 Flaschen oder Dosen pro Stunde sind keine Seltenheit. Die Branche „lebt“ Geschwindigkeit. Bei einem Stillstand knickt die Wirtschaftlichkeit schnell ein. Fehlersuche, Ersatzteil anfordern, Versand und Einbau – das kann im schlimmsten Fall ein paar Tage dauern und zu Lieferverzögerungen an den Handel führen. Je nach Größe und Abfüllleistung der gesamten Abfüllstraße kostet eine Stunde Produktionsausfall ab ca. 4.000 EUR bis hin zu ca. 30.000 EUR. So oder so muss der Abfüller dann auf andere Abfüllstraßen ausweichen und diese erst einmal auf die Gebinde anpassen. Für einen Produktionsleiter sind dies Stresssituationen, die er und seine Mitarbeiter natürlich gerne vermeiden. Thomas Lehmann: „Wir haben den Kunden gesagt: Das muss nicht so sein. Additiv gefertigte Edelstahl-Bauteile können bei Bedarf gedruckt werden und auch noch konstruktiv optimiert werden. Da haben die meisten Kunden erst einmal ungläubig geschaut, weil wir mit so einer revolutionären Idee auftraten.“
Weniger Bauteile in der Baugruppe und hohe Verfügbarkeit im Einsatz
Thomas Lehmann war klar: Eine additive Lösung kann hohe Geometriefreiheit bedeuten, bei gleichzeitiger verfahrensgerechter CAD-Konstruktion. Zudem können Bauteile oder ganze Baugruppen als One-Shot-Konzeption entstehen. Benötigt der Abfüller ein neues Dosenfüllventil, so kann das Bauteil nach CAD-Daten zeitnah gefertigt und beim Kunden verbaut werden, um so die Stillstandszeiten drastisch zu senken. Das von Lehmann gewählte Beispiel bezieht sich auf ein Füllventil einer Dosenfüllanlage. Die Fertigung von Ersatzteilen für Getränkeabfüllanlagen zählt zu den Spezialitäten der Pinneberger. Viele dieser Ersatzteile sind keine Standardkomponenten, sondern kundenspezifische Lösungen. Herkömmlich gefertigt, besteht die Baugruppe aus sieben Bauteilen aus Edelstahl 1.4404, die um notwendige Dichtungen ergänzt werden müssen.
Die Edelstahlkomponenten mussten in der Präzisionszerspanung auf CNC-Maschinen zunächst gefräst oder gedreht und dann manuell montiert werden. Anschließend legte man sich die Baugruppe auf Lager, um – im Falle eines Falles – schnell reagieren zu können und die Abfüllanlage wieder hochfahren zu können. „Das Dosenfüllventil wurde so umkonstruiert, dass es in einem Arbeitsgang auf einer M2 cusing Multilaser hergestellt werden konnte. Dadurch entfallen die Abdichtungen und Schnittstellen, die sonst durch das Zusammenfügen zwangsläufig entstehen. Der Entfall der Montage ist nicht nur kostengünstiger, sondern bietet auch zeitliche Vorteile für unsere Kunden. Die Herstellung des Bauteiles auf konventionelle Weise dauert ca. acht bis zehn Wochen inklusive der Beschaffung des benötigten Feingussteiles, während die additive Herstellung ca. einer Woche benötigt. Im Prinzip können wir so Ersatzteile on demand herstellen.“
Neue Bauteillösungen und hohe Reproduzierbarkeit
Die Belastungsanforderungen einer Abfüllanlage sind entsprechend anspruchsvoll. Daher wurde das Dosenfüllventil intensiven Lasttests unterzogen. Daneben gab es Topologieoptimierungen und Anpassungen der Konstruktion sowie Untersuchungen des Nachbearbeitungsaufwandes und der Teileentspannung. Thomas Lehmann: „In der Entwicklung tauchen neue Optionspfade auf, die man zielgerichtet erschließen kann. Das fertige 3D-Bauteil sieht nicht nur anders aus als das konventionelle, sondern es ist auch ca. 35 % oder mehr leichter.“ Nach Auskunft von Jung & Co. sind die Möglichkeiten vielschichtig: Es können Leichtbauansätze oder Funktionsintegrationen, wie z.B. Kühlen, Temperieren oder Sensorik, einbezogen werden.
Daneben sind auch hybride Fertigungsansätze von Relevanz. So können einfache Geometriebereiche konventionell zerspant werden, während komplexe Geometriebereiche eines Bauteils additiv gefertigt werden können. Ein wichtiger Punkt ist auch die hohe Reproduzierbarkeit. Einmal gefundene Prozessparameter gewährleisten gleichbleibendes Qualitätsniveau inklusive der mitgelieferten Dokumentation. In der Getränkeindustrie gab es bei den Abfüllern noch ein wichtiges Kernargument für die additive Fertigung: Bei konventionellen Gussteilen aus Edelstahl sind Lunker in der Lebensmittelindustrie als Verschmutzungsfallen nicht gerade beliebt.
Aussichten des 3D-Metalldrucks bei Jung & Co.
Die additive Fertigung ergänzt seit dem Jahre 2015 das CNC-Fertigungsspektrum bei Jung & Co. Derzeit wird auf einer M2 cusing Multilaser mit 2 x 400 W-Laserquellen von Concept Laser additiv gefertigt. Ein Ausbau der Fertigung steht an. Darüber hinaus plant Jung & Co. noch im laufenden Jahr die Anschaffung eines mobilen Laserscanners. Damit kann ein völlig neuer Weg in der schnellen Ersatzteilversorgung der Kunden durch das Unternehmen beschritten werden. Durch eine Laservermessung kann das betreffende, zu ersetzende Bauteil vor Ort in der Anlage beim Kunden digital dargestellt werden. Nach dem Online-Datenversand der entsprechenden 3D-Dateien zu Jung & Co. kann dort die Fertigung auf der Laserschmelzanlage in dringenden Fällen auch sofort starten.
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