interview

GROB GMP300: Solider Maschinenbau für feinste Metalltropfen

Seit Generationen steht das Familienunternehmen Grob für qualitativ hochwertige Produkte und zukunftsweisende Technologien. So ging man bereits vor fünf Jahren offen auf das Thema Additive Fertigung zu und entwickelte an einer Lösung für die effiziente und schnelle Herstellung additiv gefertigter Teile. Welche Beweggründe es dafür gab und wie der Start der Grob-Werke in die AM-Welt verlief, erfahren Sie im Interview mit Christian Müller, Mitglied der Geschäftsführung bei Grob.

Wo wir aktuell Additive Fertigungsverfahren bereits erfolgreich einsetzen, ist in unserer Entwicklung und im Prototypenbau. Die Möglichkeit, schnell an erste Muster und Prototypen zu gelangen, wird von unseren Konstrukteuren gerne genutzt und hilft uns, die Entwicklungszeiten stark zu reduzieren.

Christian Müller, CSO und Mitglied der Geschäftsführung der Grob-Werke GmbH & Co. KG

Wo wir aktuell Additive Fertigungsverfahren bereits erfolgreich einsetzen, ist in unserer Entwicklung und im Prototypenbau. Die Möglichkeit, schnell an erste Muster und Prototypen zu gelangen, wird von unseren Konstrukteuren gerne genutzt und hilft uns, die Entwicklungszeiten stark zu reduzieren. Christian Müller, CSO und Mitglied der Geschäftsführung der Grob-Werke GmbH & Co. KG

Herr Müller, die Firma Grob stellt zur Hausmesse ihr erstes AM-System auf Basis der Liquid-Metal-Printing-Technologie vor. Was waren die Gründe für Grob, eine AM-Maschine zu entwickeln?

Durch die starken Marktveränderungen in der Automobilbranche weg von Verbrennungsmotoren befand sich die Firma Grob bereits seit 2017 in einem strukturellen Wandel und wir suchten nach neuen, vielversprechenden Technologien. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch wenige Berührungspunkte mit der AM-Technologie. Intern durchgeführte Marktstudien zeigten jedoch die hohe Wachstumsrate in dieser Branche. Zudem sahen wir durch die Notwendigkeit der Nachbearbeitung von Funktionsflächen additiv gefertigter Bauteile starke Synergieeffekte mit unserem bereits bestehenden Portfolio im Bereich der zerspanenden Fertigung.

2018 ergab sich für die Firma Grob die Möglichkeit, zusammen mit einem externen Partner das LMP-Verfahren zu entwickeln. Seitdem arbeiten wir aktiv an der Prozess- und Anlagenentwicklung und können erstmalig von 3. bis 6. Mai auf der Grob-Hausmesse unsere Anlage GMP300 präsentieren.

Die LMP-Technologie von Grob zeichnet sich durch eine hohe Aufbauleistung bei gleichzeitig guter Bauteilauflösung aus.

Die LMP-Technologie von Grob zeichnet sich durch eine hohe Aufbauleistung bei gleichzeitig guter Bauteilauflösung aus.

Die LMP-Technologie ist ja nicht so verbreitet. Warum fiel die Wahl auf dieses Verfahren?

Wir führten vorab viele Gespräche mit Experten und Anwendern im Bereich AM und befragten sie über die aktuellen Hindernisse für einen wirtschaftlichen Einsatz der Technologie. Die meisten unserer Gesprächspartner setzten zu dieser Zeit auf das industriell am weitesten verbreitete Verfahren Powder-Bed Fusion (PBF) mit einer Laserstrahlquelle. Dabei bekamen wir immer wieder die gleichen Punkte zu hören: Hohe Kosten für das Ausgangsmaterial sowie für den Aufwand rund um die Pulverhandhabung, die geringen Aufbauraten vieler Anlagen und die damit verbundenen hohen Prozesszeiten, sowie der hohe Aufwand für die notwendigen Postprocessing-Schritte. Aufgrund der geringen Schichthöhen und des kleinen Laserfokus sind die Komplexität der Bauteile sowie die Bauteiloberflächen sehr gut, jedoch auf Kosten der Aufbaurate und damit der Wirtschaftlichkeit. Zudem müssen, wie bei jedem anderen Verfahren auch, die Funktionsflächen nachbearbeitet werden, wodurch sich der Vorteil der hohen Präzision schnell relativiert.

Auf der anderen Seite sahen wir Anwendungsfälle im Bereich drahtbasierter Auftragssysteme, die mit sehr hohen Aufbauraten punkten können, die jedoch zu Lasten der Bauteilkomplexität und der Genauigkeit gehen. Die LMP-Technologie sehen wir als eine Schnittstellentechnologie, die durch hohe Auftragsraten in der Lage sein wird, schnell endkonturnahe Bauteile zu erzeugen, ohne den Aufwand der Pulverhandhabung betreiben zu müssen. Gerade die Pulverhandhabung sowie der Verzicht auf jegliche Strahlquellen ermöglichen die Integration der Anlagen in eine bestehende Fertigung ohne erhöhte Sicherheitsmaßnahmen.

Die solide Bauweise der GMP300 ermöglicht den Einsatz in einer Industrieumgebung ohne zusätzliche Infrastrukturanpassung.

Die solide Bauweise der GMP300 ermöglicht den Einsatz in einer Industrieumgebung ohne zusätzliche Infrastrukturanpassung.

Ich konnte mir ja bereits ein Bild vom System machen und habe bemerkt, dass Wert auf eine sehr robuste Bauweise gelegt wurde. Warum dieser massive Ansatz?

Bei der Entwicklung der GMP300 konnten wir uns auf unsere über 90-jährige Erfahrung im Bereich des Anlagen- und Maschinenbaus stützen. Anders als bei den pulverbettbasierten Verfahren, bei denen die Ablenkung des Laserstrahls und damit der Bearbeitungsstelle durch eine Scanner-Optik und lediglich der z-Hub mechanisch erfolgt, müssen wir das gesamte Bauteil mit einer hohen Geschwindigkeit und Dynamik, welche sich aus der Ausgangsfrequenz und der Tropfengröße ableitet, bewegen. Diese Anforderungen verlangen eine entsprechend massive Bauweise. Zudem sehen wir in dieser Technologie ein Verfahren für eine zukünftige industrielle Produktion. Von unserem Kerngeschäft wissen wir, dass es in der Produktion oft rauer zugeht und Anlagen, die eher Laborcharakter haben und zudem spezielle Anforderungen an die Umgebung definieren, dafür oft ungeeignet sind. Daher haben wir bereits bei der ersten Version der LMP-Anlage Wert auf eine robuste und industrietaugliche Auslegung gelegt.

Wie möchten Sie die Industrie von Ihrer Technologie überzeugen?

Ich denke, die Vorteile des Verfahrens liegen auf der Hand und adressieren viele aktuelle Nachteile bekannter AM-Verfahren. Allein dies wird für viele Industrieunternehmen überzeugend sein.

Bezüglich der industriellen Anwender sehen wir zwei Gruppen. Durch unsere hohe Auftragsrate bei ausreichender Bauteilkomplexität und der Fokussierung auf Aluminiumlegierung sprechen wir einen Markt an, der bis dato noch keine bis wenige Berührungspunkte mit AM hat. Zum einen ist bis heute die Auswahl, der durch andere AM-Verfahren verarbeitbaren Aluminiumlegierungen, prozessbedingt stark begrenzt und zum anderen erreichen wir durch die hohe Wirtschaftlichkeit neue Anwendungsfelder, bei denen der Einsatz alternativer AM-Verfahren bisher nicht rentabel ist. Diese Gruppe gilt es von der Technologie Additive Fertigung und speziell dem Verfahren zu überzeugen und Vertrauen zu schaffen.

Als zweite Gruppe sehen wir Industrieunternehmen, bei denen bereits in der Vergangenheit oft nicht unerhebliche Investitionen in andere AM-Verfahren in Form von Anlagen und Personalschulungen getätigt wurden. Bei dieser Gruppe gilt es den Mehrwert und die Vorteile darzustellen, um sie somit für diese neue Technologie zu begeistern.

Neben dem fehlenden Bekanntheitsgrad kommt bei beiden Gruppen erschwerend hinzu, dass die Technologie sich trotz langjähriger interner Entwicklungsarbeit noch nicht auf dem industriellen Niveau von z. B. Pulverbettsystemen befindet. Pulverbettverfahren wurden bereits vor ca. 20 Jahren erstmals untersucht und erfreuen sich einer starken Verbreitung im industriellen Umfeld. Die über die Zeit gesammelte Erfahrung hilft, den Prozess zu stabilisieren und weiter zu verbessern.

Wie gehen Sie dabei konkret vor?

Um die Technologieakzeptanz zu erhöhen und Erfahrungen in einem industriellen Einsatz zu sammeln, ist unser Ansatz der, enge Kooperationen und Entwicklungspartnerschaften mit Kunden und Forschungseinrichtungen einzugehen und so gemeinsam die Technologieentwicklung zu beschleunigen. Dabei unterstützen wir Kunden bereits bei der Abwägung hinsichtlich der Einsatzfähigkeit des Verfahrens beim bestehenden Produktportfolio, der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sowie bei der späteren Implementierung und dem Betrieb der Anlagen. Unsere Überzeugung ist, dass nur durch diese Partnerschaften und das Erzeugen von ersten industriellen Anwendungsfällen eine langfristige Akzeptanz der Technologie erreicht werden kann.

Wo sehen Sie die wesentlichen Ansätze, mit der GMP300 im Markt zu punkten?

Ich denke wir haben mit unserer Anlage und Technologie einige USPs, die uns für den Markt interessant machen. Neben den bereits genannten Vorteilen der hohen Aufbauraten, des Einsatzes von Draht als Ausgangswerkstoff mit den gesamten Vorteilen sowie den geringeren Sicherheitsmaßnahmen durch fehlende Strahlquellen, haben wir noch weitere wesentliche Unterscheidungsmerkmale.

Bei dem LMP-Verfahren handelt es sich genau genommen um einen Mikrogießprozess und nicht wie bei den strahlbasierten Verfahren um einen Schweißprozess, was sich auch maßgeblich in den Materialeigenschaften zeigt. So sind z. B. thermische Verzüge Stand heute nicht erkennbar.

Weitere Vorteile sehen wir bei der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. So spielt bspw. der Füllgrad der Bauplatten eine für die Bauteilkosten eher untergeordnete Rolle. Dafür haben wir uns bei der GMP300 für eine modulare Bauweise mit vier separaten Heizplatten entschieden. Somit können je nach Anzahl von Aufträgen entweder bis zu vier kleine Platten, zwei mittelgroße Platten oder eine große Platte eingelegt und bedruckt werden.

Durch den vorgesehenen Werkzeugwechsler kann zum Beispiel bei Verschleißerscheinungen an der Düse ein neuer Tiegel samt Düse eingetauscht und somit die Standzeit der Maschine erhöht werden. Weiterhin wäre vorstellbar, mit unterschiedlichen Düsenplatten mit variierenden Düsenlochdurchmessern zu arbeiten, um so einfache Strukturen mit einem großen Tropfen und einer hohen Aufbaurate und komplexere Strukturen im Bauteil mit einem kleinen Tropfen mit geringerer Aufbaurate zu erzeugen. Diese Flexibilität in Kombination mit einer hohen Wirtschaftlichkeit sind unserer Meinung nach Hauptargumente, die für das LMP-Verfahren und die GMP300 der Firma Grob sprechen.

Welchen Mehrwert versprechen Sie sich vom Einstieg in die Additive Fertigung? Diversifizierung des Portfolios, Erschließung neuer Märkte, Nutzen von Synergien?

Ja, ja und ja. Daher sehen wir in der Technologie eine ideale Ergänzung für das bestehende Portfolio und sind stolz auf unseren Fortschritt und auf unsere erste Anlage GMP300.

Welchen Mehrwert sehen Sie für Ihre Kunden darin, dass Sie auch ein AM-System anbieten?

Unsere bisherigen Kunden kommen primär aus der Welt der Zerspanung mit starkem Fokus auf der Automobilproduktion. Die wenigsten Ansprechpersonen haben einen großen Bezug zur Additiven Fertigung und deren Möglichkeiten. Daher ist es eine unserer größten Herausforderungen, mit diesem Verfahren neue Kunden aus den verschiedensten Branchen zu gewinnen und dort die Firma Grob als verlässlichen Partner zu etablieren. Dabei profitieren die Kunden nicht nur von unserer Erfahrung im Projektgeschäft, sondern haben mit Grob einen Partner, der auf wirtschaftlich gesunden und vor allem breiten Beinen steht und über entsprechende Ressourcen und Strukturen (Vertrieb, Support, After Sales etc.) verfügt, um die Anwender bestmöglich bei ihrem Vorhaben weltweit zu unterstützen.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Additive Fertigung in der allgemeinen Fertigungsindustrie und vor allem auch im Maschinenbau einfügen oder etablieren?

Aktuelle weltpolitische Geschehnisse zeigen die Abhängigkeit der Unternehmen von einer weltweit funktionierenden Transport- und Warenwirtschaft. Auch wir bei der Firma Grob kämpfen aktuell mit Lieferengpässen, was unsere Produktivität beeinflusst.

Um zukünftig derartige Einflüsse zu minimieren, denke ich, dass sich ein Trend hin zu einem höheren Eigenproduktionsanteil ergeben wird. Erschwerend kommt hinzu, dass der Faktor Zeit und Verfügbarkeit eine immer wichtigere Rolle spielt. Wir bei Grob bieten bspw. unseren Kunden einen 24/7-Support an und garantieren einen Versand von aktuell gelagerten Ersatzteilen innerhalb von sechs Stunden nach Kontaktaufnahme. Additive Fertigungsverfahren können hier helfen, Lagerkosten zu minimieren und Ersatzteile on demand und am besten gleich vor Ort zu erzeugen und somit dem Kunden eine höhere Verfügbarkeit seiner Anlagen zu garantieren.

Wo wir aktuell Additive Fertigungsverfahren bereits erfolgreich einsetzen, ist in unserer Entwicklung und im Prototypenbau. Die Möglichkeit, schnell an erste Muster und Prototypen zu gelangen, wird von unseren Konstrukteuren gerne genutzt und hilft uns, die Entwicklungszeiten stark zu reduzieren. Dabei spielen die mit Additiver Fertigung verbundenen Vorteile wie erweiterte Designfreiheiten und die Funktionsintegration eine zunächst untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist den Entwicklern, Teile zu konstruieren und diese morgen fertig auf dem Tisch liegen zu haben.

Ist der Markt draußen bereit für den breiten Einsatz der Additiven Fertigung?

Schwer zu sagen. Wir kennen beide Seiten der Medaille. Es gibt Firmen, die additive Fertigungsverfahren sehr erfolgreich einsetzen, wir kennen aber auch Firmen, die nach ersten Versuchen wieder Abstand von dieser Technologie nehmen. Ich denke, der Markt sollte für den Einsatz dieser Technologien bereit sein, da es die Umstände (ressourceneffiziente und nachhaltige Produktion, Time-to-Market etc.) erfordern.

Für den breiten Einsatz am Markt werden aber sicherlich noch ein paar Jahre ins Land ziehen. Wir hoffen jedoch, dass wir mit unserer LMP-Technologie unseren Beitrag hierfür leisten können und wir damit weiterhin Teil des bereits stattfindenden industriellen Wandels werden.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

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