anwenderreportage
Mehrwert durch Innovation – Schicht für Schicht
Das Motto der Stellba AG steht für das, was auch die Additive Fertigung der Chiron Group auszeichnet: Innovation, Kundennutzen, Partnerschaft. Es „matcht“ zwischen dem Schweizer Spezialisten für Beschichtungs- und Bearbeitungslösungen und dem Bereich Additive Manufacturing unter Leitung von Axel Boi. Wie gut, zeigt sich im Pilotprojekt AM Cube, im ersten industriellen Einsatz des 3D-Metalldruckers der Chiron Group.
Endkonturnahes Auftragen von Turbinengeometrien spart Material und Zeit in der Produktion.
Die Highlights des Metall-3D-Druckers AM Cube
• Beschichten, 3D-Druck, Reparatur
• Automatischer Auftragskopfwechsel
• Schweißzusatzwerkstoffe als Draht oder Pulver
• 3-, 4- oder 5-achsig
• Programmieren in DIN ISO oder CAM
• Innovative Bedienoberfläche mit dem SmartLine-Modul TouchLine
• Umfassendes Qualitätsmonitoring mit DataLine AM und VisioLine AM
Wer Fouad Cheaitani, Head of Sales, Customer Support and Business Development bei Stellba, und Axel Boi im digitalen Fachgespräch erlebt, fühlt sich wie der Zuschauer in einem hochklassigen Tischtennis-Match. Die Bälle fliegen blitzschnell, die gedanklichen Zuspiele sind präzise, die Rückgaben bringen einen neuen Twist. Beide sind in ihrem Element und sichtlich stolz auf das Ergebnis ihrer Entwicklungspartnerschaft: einen AM Cube, der seit Markteinführung 2020 weitere Optionen und damit Anwendungsvielfalt hinzugewonnen hat. Doch der Reihe nach.
Axel Boi (Head of Additive Manufacturing, CHIRON Group) und Fouad Cheaitani (Head of Sales, Customer Support and Business Development, Stellba) vor dem AM Cube.
Shortcut
Aufgabenstellung: Additives Fertigungssystem für Metall mit verschiedenen Auftragsoptionen.
Material: Unterschiedliche Materialien von Stahl über Aluminiumbronze bis Wolframkarbid als Draht oder Pulverwerkstoff.
Lösung: AM Cube der Chiron Group mit Wechsel-Auftragskopf.
Nutzen: Schneller Materialwechsel und höchste Flexibilität bei unterschiedlichsten Anforderungsprofilen.
Kompetenzen vertiefen und erweitern
Als Spezialist für kundenindividuelle Beschichtungs- und Bearbeitungslösungen verfügt Stellba über umfassende Kompetenz beim thermischen Spritzen, Schweißen und Plasma-Pulver-Auftragschweißen. Bereits 2014 begann man, Lasertechnologien anzuwenden und investierte in eine erste Laserschweißanlage. Mit dem Ziel, die Technologie für den Einsatz bei Stellba zu optimieren und, so Fouad Cheaitani, das Bearbeiten von XXL-Werkstücken und Komponenten auf die Anlage zu transferieren. Dabei hatte man vor allem die Prozesse im Blick, bei denen konventionelle Verfahren zwar gute Ergebnisse, aber nicht Swiss Quality lieferten.
Einer der drei Auftragsköpfe des AM Cube beim Auftrag von Pulver mittels Lanze zur Innenbeschichtung von Bauteilen. Die insgesamt drei Auftragsköpfe erlauben den Wechsel des Auftragsmaterials – Draht oder Pulver – in unterschiedlichen Phasen der Produktion.
Fouad Cheaitani
Head of Sales, Customer Support and Business Development bei Stellba
„Zentraler Vorteil des AM Cube und ein echter USP ist der automatische Wechsel des Auftragskopfs. Das ist absolut konkurrenzlos.“
Know-how aufbauen, neue Partner finden
So baute man sukzessive Know-how auf, vernetzte sich mit Spezialisten und Forschungseinrichtungen und wurde auf die Aktivitäten des Bereichs Additive Fertigung der Chiron Group aufmerksam. Als Stellba im Herbst 2019 einen Partner suchte, um die Kompetenzen über das Beschichten hinaus auf den Aufbau von Werkstücken auszuweiten und Anfragen nach der Fertigung von Kleinserien beantworten zu können, nahm Fouad Cheaitani Kontakt zu Axel Boi auf. Man war direkt auf einer Wellenlänge, noch vor Weihnachten wurden die Verträge unterzeichnet. Wichtig für Fouad Cheaitani waren zwei Dinge: „Wir wollten kein fertiges System, das wir uns erst passend hätten umbauen müssen. Zudem sind wir ein kleines Unternehmen und wollten im Konzert mit großen OEMs nicht nur ein sehr kleines Lied spielen.“
Schweißversuch mit Alubronze zum Ermitteln der Prozessparameter – Magnetbremse für Schienenfahrzeuge.
Infos zum Anwender
Gegründet 1957, ist die Stellba AG mit Sitz in Dottikon und großmechanischer Fertigung in Baden weltweit gefragter Spezialist für kundenspezifische Beschichtungs- und Bearbeitungslösungen. Anwendungsfelder der Hightech-Veredelungen sind Wasserkraftwerke, thermische Kraftwerke, Pumpen und Kompressoren, Komponenten im Hochtemperaturbereich und Wärmedämmschichten (TBC). Stellba agiert als Lohnfertiger oder ist direkter Partner für Kunden in den Märkten Stromerzeugung, Öl und Gas, Marine, Druckindustrie, chemisch-pharmazeutische Industrie. Bei zukunftsorientierten Technologien wie Laserauftragschweißen und additiven Fertigungsverfahren nimmt Stellba eine führende Position ein.
Flexibilität. Bei der Additiven Fertigung, im Austausch.
Axel Boi war sofort bereit, mit Stellba dem AM Cube über die bereits vorhandenen Qualitäten die gewünschte Phantasie in der Anlage beizubringen: neue Optionen für maximale Flexibilität. Stellba ist Dienstleister, die Anforderungen sind jeden Tag unterschiedlich: Bearbeitung mit vier oder fünf Achsen, Draht oder Pulver, Materialauftrag mit Lanze oder Düse, Vorwärmen der Teile auf 300 Grad, Schweißen unter Argon-Schutzgasatmosphäre zum Vermeiden von Oxidation und Porenbildung. Jedes Projekt bringt neue Herausforderungen, die der AM Cube alle souverän bewältigen soll. „Wir wollten kein fixfertiges System, sondern Phantasie in der Anlage. Eine Vielzahl an Optionen, mit denen wir als Lohnfertiger unterschiedlichste Aufträge bearbeiten können“, so Fouad Cheaitani, Head of Sales, Customer Support and Business Development bei Stellba.
Kabelführung mit Verschleißschutzbeschichtung aus Stellit 6.
Hohes Tempo, immer
Um die vielfältigen Vorgaben in praxisgerechte Lösungen zu überführen, arbeitet man im schweizerischen Dottikon und in Tuttlingen eng und konstruktiv zusammen. Die Applikationstechniker, Werkstoffspezialisten und Softwareentwickler von Stellba und dem Bereich Additive Fertigung von Chiron tauschen sich regelmäßig aus, führen Kompetenzen zusammen und überprüfen neue Ansätze auf Machbarkeit. Die Bedenken, ob die Chiron Group angesichts ihrer Größe diese Geschwindigkeit mitgehen könnte, haben sich schnell zerstreut. Der Bereich Additive Fertigung ist, so Axel Boi, „wie ein Startup geführt und somit dynamisch und flexibel. Durch die Chiron Group haben wir aber den Rückhalt und weiteres Fachpersonal, auf das wir zugreifen können.“
Knetzahn mit Beschichtung aus Wolframkarbid.
Neue Materialien und Möglichkeiten im Fokus
Fouad Cheaitani sieht sich auf Seiten des Werkstoffs – auch hier stimmt die Chemie mit der Chiron Group. Für ihn muss nicht nur softwareseitig und bei der Technologie alles passen, sondern für optimale Ergebnisse auch das Material: „Wir wollen künftig nicht nur Bauteile mit dem vorhandenen Materialspektrum an Draht oder Pulver aufbauen, sondern auf dieser Basis neue, perfekt für die Additive Fertigung passende Werkstoffe und Auftragsmaterialien entwickeln. Mit denen sich, zum Beispiel durch Zusätze oder neue Zusammensetzungen, die gewünschten mechanischen Werte erzielen und neue Materialeigenschaften realisieren lassen.“
Ob dies besser mit Draht oder Pulver gelingt? Zum einen Erfahrungssache, zum anderen nähert man sich der Idealvorstellung in Versuchen. Die im Vergleich zur Entwicklung und Genehmigung komplett neuer Materialien deutlich schneller zum gewünschten Ergebnis führen.
Easy to use: echtes Alleinstellungsmerkmal
Doch aus der Zukunft der Additiven Fertigung zurück in die Praxis. Wichtig ist das sichere Beherrschen der hochkomplexen Technologie, das Minimieren von Bedienfehlern. Zentraler Vorteil des AM Cube ist, so Fouad Cheaitani: „der automatische Auftragskopfwechsel. Ob Draht oder Pulver, 3D-Druck oder Beschichten, innen oder außen: Was bei anderen Herstellern Stunden dauert, ist hier ohne manuelles Eingreifen und sicher in nur einer Minute erledigt. Das ist absolut konkurrenzlos!“
Vielfalt als Ziel – Ziel erreicht!
Beschichten, 3D-Druck, Reparatur: alles mit dem AM Cube möglich. Und, wie verschiedene Anwendungen bei Stellba zeigen: alles machbar. Seit Inbetriebnahme laufen auf dem Metall-3D-Drucker diverse Forschungsprojekte mit namhaften technischen Hochschulen der Schweiz sowie unterschiedliche Aufträge: Es werden Halbschalen für Bremsen in Schienenfahrzeugen geschweißt, Bauteile innen mit Alubronze beschichtet, Turbinenschaufeln repariert. Derzeit baut man ein großes Laufrad für eine Turbine komplett additiv auf. Des Weiteren führt Stellba auf dem AM Cube Reparaturen an Bauteilen durch und arbeitet intensiv an der Qualifizierung neuer Werkstoffe wie Wolframkarbid oder Materialien auf Nickel-Basis.
Mittlerweile ist die Erprobungsphase abgeschlossen, der AM Cube hat die unterschiedlichsten industriellen Anforderungen mit Bravour gemeistert, die gemeinsam entwickelten Optionen stehen jetzt allen Anwendern zur Verfügung. Zudem lässt sich der Schweißvorgang im AM Cube jetzt in Echtzeit erfassen und dokumentieren – mit den neuen digitalen Systemen VisioLine AM und DataLine AM.
Bleibt die Frage: Ersetzt Additive Manufacturing bestehende Technologien? Auch hier sind sich Fouad Cheaitani und Axel Boi einig: Nein, aber die Ingenieure haben bei der Entwicklung von Bauteilen mehr Möglichkeiten – sowohl im Hinblick auf geringeres Gewicht der Teile und das Einsparen von Energie als auch beim Design.
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