LMD-Schmiedestempel von toolcraft

Waren früher Schmiedestempel ein Gütesiegel eines Schmiedes, mit dem er seine Arbeit kennzeichnete, sind solche Werkzeuge heute nur mehr selten anzutreffen. Ich selbst verwende als Hobbyschmied einen additiv hergestellten Schmiedestempel, der bei toolcraft im LMD-Verfahren hergestellt wurde. Die Qualität des aufgetragenen Materials erlaubt filigrane Konturen bei hervorragender Stempelqualität.

Ein Schmiedestempel muss seitenverkehrt erstellt werden. Eine überschliffene Prägefläche sorgt für einen klaren Stempelabdruck.

Ein Schmiedestempel muss seitenverkehrt erstellt werden. Eine überschliffene Prägefläche sorgt für einen klaren Stempelabdruck.

Jonathan Krauß
Prozessentwickler Additive Fertigung (LMD) bei der toolcraft AG

„Die hybride Fertigung des Schmiedestempels erlaubt uns, die vorteilhaften Eigenschaften des jeweiligen Werkstoffes optimal zu nutzen. Der Grundkörper kann die Belastung der Hammerschläge gut aufnehmen und die Stempelgeometrie ist gleichzeitig hart und verschleißfest bei relativer Zähigkeit.
Die LMD-Technologie bietet somit einen großen Vorteil gegenüber der konventionellen Fertigung.“

Schmiedestempel oder auch Schmiedemarken wirken wie ein Werkzeug, das etwas aus der Zeit gefallen ist. Die ersten Schmiedestempel, oder auch Punzen genannt, sind aus der Hallstattzeit um 800 v. Chr. bekannt. Eine größere Verbreitung über ganz Europa fanden sie dann als Schwertmarken in der Laténezeit (Anm.: fünftes bis erstes Jahrhundert vor Christus). Jüngere Schmiedestempel, etwa seit dem Mittelalter, weisen in der Regel auf den Hersteller hin, wohingegen bei sehr alten Schmiedestempeln eher andere Bedeutungen wie regionale Zuordnung, Herrscherzuordnung oder Herstellungsrechte vermutet werden. Mit Schmiedestempeln haben also schon in frühen Zeiten im Wesentlichen Waffenschmiede ihre Produkte zu unterschiedlichen Zwecken gekennzeichnet. Später wurden die Schmiedestempel in einem Stempelbuch oder Punzenbuch gelistet und erlaubten so den Rückschluss, wer eine Waffe oder ein Werkzeug hergestellt hatte.

Beim Handstempeln ins glühende Material kann es zu Verkantungen kommen. Der aufgebrachte Hochleistungsstahl muss das aushalten können.

Beim Handstempeln ins glühende Material kann es zu Verkantungen kommen. Der aufgebrachte Hochleistungsstahl muss das aushalten können.

Antikes Gütesiegel

Mit dem Aufkommen der Zünfte im Mittelalter bekamen die Schmiedestempel die Bedeutung eines Gütesiegels. Schmiede, die ihre Produkte gekennzeichnet haben, haben damit die Garantie für ihr Produkt übernommen. In heutiger Zeit finden sie fast nur noch bei Kunst- oder Messerschmieden Verwendung, erfreuen sich aber einer steigenden Beliebtheit bei diesen.

Um eine Schmiedemarke oder einen Schmiedestempel herzustellen, gab es in der Vergangenheit verschiedene Methoden. Die wohl bekannteste ist das Stempelschneiden. Dabei wurde in einen Stempelrohling mühsam die gespiegelte Kontur eingebracht. Damit begründet sich auch, dass antike Schmiedestempel oft eher flächige Stempel waren, die im Wesentlichen aus einer markanten Außenkontur und im Stempel vertieften Elementen bestanden, die sich im Abdruck erhaben zeigen. Filigranstempel, die einen feingeschnittenen tiefen Abdruck hinterließen, waren eher selten. Der Werkstoff war meist derselbe wie die Klingen oder Werkzeuge selbst, dürfte jedoch durch Aufkohlen und Abschrecken etwas widerstandsfähiger gemacht worden sein. Schon zu damaligen Zeiten wurden aber die Werkstoffe durch Zulegieren von beispielsweise Arsen in ihren Eigenschaften auf die Bedürfnisse eingestellt.

Mit dem LMD-Stempel ist auch beim händischen Stempeln ein klarer Abdruck machbar.

Mit dem LMD-Stempel ist auch beim händischen Stempeln ein klarer Abdruck machbar.

Altes Werkzeug – moderne Umsetzung

Moderne Stempelwerkzeuge wie Schlagzahlen oder -buchstaben werden in der Regel aus gängigen Werkzeugstählen durch Fräsen oder Gravieren hergestellt und dann gehärtet. Eine Alternative bietet dabei aber auch das LMD-Verfahren – also das Laser-Metal-Deposition. Damit können auf einen Stempelrohling aus Werkzeugstahl unterschiedliche Geometrien aus Hochleistungsstahl aufgebracht werden. Die Idee für den Schmiedestempel entstand bei der Reportage zu einem früheren Artikel in der Ausgabe 3/2020 des Fachmagazins Additive Fertigung bei toolcraft. Bei diesem Termin fiel mir ein Trägermaterial auf, auf welches mit der TruLaser Cell 3000 LMD-Anlage eine „Blümchen-Kontur“ aufgebracht wurde. Da ich zu dem Zeitpunkt bereits mit dem Gedanken gespielt hatte, mir einen Schmiedestempel anfertigen zu lassen, fragte ich, ob so etwas möglich wäre. „Für uns war das eine spannende Idee, da wir zu dem Zeitpunkt damit begonnen hatten, unterschiedliche Werkstoffe als Auftragswerkstoff zu evaluieren. Eine Anwendung, bei der ein definierter Belastungsfall auftritt, war da eine willkommene Gelegenheit, sich an geeignete Fertigungsbedingungen heranzutasten“, erinnert sich Jonathan Krauß, Prozessentwickler Additive Fertigung (LMD) bei der toolcraft AG. Nach Erstellung des Grunddesigns für den Stempel, das natürlich spiegelverkehrt erfolgen musste, wurde eine Vereinfachung durchgeführt, um eine Geometrie zu erhalten, die sich in der Praxis auch von Hand ins Metall stempeln lässt. Zwar war die Vorgabe, dass „warm gestempelt“ wird, also der Schmiedestempel ins noch glühende Werkstück eingeschlagen wird, jedoch dürfen auch dabei die Prägeflächen nicht zu groß werden. Nach dieser Umsetzung erfolgten erste Muster, die sich allerdings in der Praxis nicht bewährt haben. Nach den ersten Einschlagversuchen hat sich herausgestellt, dass die Konturen zu hoch waren und den Belastungen beim Handstempeln nicht gewachsen waren, da man nicht in der Lage ist, den Prägedruck händisch exakt senkrecht aufzubringen. „Durch Kürzen der Stempelgeometrie konnten wir schlussendlich das gewünschte Ergebnis erzielen“, erklärt Krauß. Beim finalen Stempel wurde der Basiskörper aus einem zäheren Werkstoff gefertigt. Das Auftragsmaterial ist ein verschleißfester HSS-Stahl. Bei diesem entsteht durch den LMD-Prozess ein sehr feines Gefüge, das ohne weitere Nachbehandlung eine Härte zwischen 63 und 65 HRC aufweist.

Vielfältige Anwendungen denkbar

In der dritten Iteration gelang es schließlich, die geeignete Auftragshöhe zu finden, bei der der Schmiedestempel auch bei leicht verkantetem Ansetzen auf dem Werkstück zuverlässig stempelt und gleichzeitig den Belastungen standhält. Insgesamt konnte mit dem Schmiedestempel gezeigt werden, dass der Hochleistungsstahl, der bei toolcraft im LMD-Verfahren verarbeitet werden kann, auch Warmanwendungen standhält und so die Möglichkeit besteht, verschleißarme Funktionsgeometrien auf Werkzeugkörper aufzubringen. Das kann im Einsatz bei hochbelasteten Werkzeugen und Bauteilen für die Verbesserung von Standzeiten sorgen und somit diese Komponenten wirtschaftlicher machen.

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