Fiberthree PA SX.09 CF: Kompetenz in Carbon

Carbonbefüllte Kunststoffe sind aus der Industrie nicht mehr wegzudenken. Auch in der Additiven Fertigung treffen solche Werkstoffe auf großes Interesse. Die junge Fiberthree GmbH i.G. setzt dabei auf unterschiedliche Matrixwerkstoffe und bietet Möglichkeiten, diese Werkstoffe auf unterschiedlichsten Maschinen einsetzbar zu machen. Neuestes Ergebnis der Materialentwicklung ist das Carbonverstärkte Polyamid PA SX.09 CF, welches sich durch hervorragende Materialkennwerte auszeichnet. Von Georg Schöpf, x-technik

Machbarkeitsstudie Verteilerrohr (vormals Aludruckguss).

Machbarkeitsstudie Verteilerrohr (vormals Aludruckguss).

Klaus Philipp
Geschäftsführer der Fiberthree GmbH i.G.

„Unsere neuste Generation von FFF-Materialien hat ein Ziel: Reproduzierbarkeit von anspruchsvollen Bauteilen.“

In der Welt der Additiven Fertigung sind eine Vielzahl von Materialien verfügbar. Speziell im Bereich der Kunststoffe scheint die Zahl unüberschaubar. Die Bandbreite reicht von Werkstoffen, die den Standardwerkstoffen aus dem Spritzguss entsprechen über Werkstoffen, die eine völlig andere chemische Zusammensetzung haben und nur den Festigkeitswerten nach den Standardwerkstoffen entsprechen bis hin zu völlig neuartigen Rezepturen, die in keines der bislang definierten Raster fallen und mit ganz eigenen Eigenschaften aufwarten. Welcher Werkstoff bei der jeweiligen Anwendung am besten abschneidet lässt sich oft nur durch Versuche herausfinden, zumal die letztendlichen Materialeigenschaften immer auch von den Prozessparametern bei der Verarbeitung und einer eventuellen Nachbehandlung abhängen. Dennoch lässt sich erkennen, dass die Industrie mit ganz konkreten Wünschen an die Hersteller von Maschinen und Materialien für die Additive Fertigung herantreten und Werkstoffe fordern, die ganz klar umrissene, strukturmechanische und chemische Eigenschaften aufweisen.

Machbarkeitsstudie Orthesen Satz: optimiert auf Gewicht bei hoher Festigkeit.
(mit freundlicher Genehmigung Sanitätshaus Willecke)

Machbarkeitsstudie Orthesen Satz: optimiert auf Gewicht bei hoher Festigkeit. (mit freundlicher Genehmigung Sanitätshaus Willecke)

Auf Kundenbedürfnisse abgestimmt

„Wir sind ein Unternehmen, das aus dem Umfeld der Kompositwerkstoffe kommt und es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Erfahrungen für die Bereitstellung von Materialien für die Additive Fertigung zugänglich zu machen. Wir wissen, dass es eine Unmenge an Anbietern im Markt gibt, die mit viel Erfahrung und Ambition an Werkstoffen und im Speziellen auch an Filamenten für die Additive Fertigung arbeiten. Wir sehen unseren Vorteil jedoch darin, dass wir schon in der Vergangenheit Kompositwerkstoffe ganz genau auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt haben“, erzählt Klaus Philipp, Geschäftsführer der Fiberthree GmbH i.G. aus Darmstadt. Es kommt bei den Werkstoffen für die Additive Fertigung ja nicht nur darauf an, den Ausgangswerkstoff so zu rezeptieren, dass er den Anforderungen des Kunden entspricht, sondern ganz besonderes Augenmerk darauf zu legen, wie sich der Werkstoff während der Verarbeitung verhält und welche Eigenschaften das Material dem fertigen Bauteil verleiht“, ergänzt er.

Der Fokus der Fiberthree-Materialentwicklung für FFF-Filamente liegt derzeit auf Polyamiden, da diese in vielerlei Hinsicht den Bedürfnissen des professionellen Einsatzes in technischen Bauteilen entsprechen. Dazu zählen vor allem gute Wärmebeständigkeit, gute Medienbeständigkeit, keine kritischen Zersetzungsprodukte und Drucktemperaturen, die mit den meisten Druckern ohne geschlossenen Bauform erreicht werden. Zudem bietet Polyamid mit Faserverstärkung Vorteile hinsichtlich bleibender Festigkeit und Steifigkeit besonders da, wo Material gespart werden soll oder wo genaue und verzugsfreie Bauteilgeometrien gefordert sind. „In der Industrie ist die Nachfrage an Polyamid sehr hoch. Generell zeichnet sich der Werkstoff durch einen hohen Verbreitungsgrad im Bereich technischer Komponenten aus. Zusätzlich lässt sich Polyamid gut mit Faserwerkstoffen kombinieren“, weiß der Geschäftsführer.

Oberfläche nach Entfernen des Stützmaterials.

Oberfläche nach Entfernen des Stützmaterials.

Das Material

Das derzeitige Highlight von Fiberthree ist das mit Carbonfaser gefüllte Polyamid-Filament PA SX.09 CF, das mit getesteten maximalen Zugfestigkeitswerten von bis zu 120 MPA (EN 527) in x-y-Lage enorme Festigkeit und Steifigkeit aufweist.

Die Hauptschwierigkeit bei Extrusionsverfahren liegt häufig in einer verzugsfreien Verarbeitung. Beim PA SX.09 CF Filament werden erstmals Granulate eingesetzt, die in Hinblick auf gute Haftung zur Druckplattform für das FDM-Verfahren optimiert sind. Die Dimensionsstabilität wird durch die Fasern im Filament unterstützt, welche die Festigkeit in den Druckschichten im Vergleich zum ungefüllten Matrixwerkstoff nahezu verdoppeln, ohne negativ auf die Haftung der Schichten untereinander zu wirken. Das Polyamid enthält Kurzfasern mit 15 % Volumenanteil, die in Abstimmung mit der Additivierung die Herstellung verzugsfreier Teile erlaubt. Die Länge der Fasern ist auf die gängigen Extrusionsdüsen mit Durchmessern von 0,4 bis 0,8 mm abgestimmt. Längere Fasern würden zwar eine noch gesteigerte Lastübertragung in der Polyamid-Matrix erreichen, erhöhen jedoch die Problematik der Düsenverstopfung, wenn sich die Faserlänge dem Düsendurchmesser nähert. Die Dauereinsatztemperatur der gefertigten Teile ist mit 150°C getestet (UL 746B).

Over-Extrusion beim Schichtaufbau von der Druckplatte bis zur Mitte mit Material, das der Luftfeuchtigkeit ausgesetzt war. Ab der Mitte Druck mit Material, das 4h@80 °C getrocknet wurde. Schichtstärke 0,2 mm.

Over-Extrusion beim Schichtaufbau von der Druckplatte bis zur Mitte mit Material, das der Luftfeuchtigkeit ausgesetzt war. Ab der Mitte Druck mit Material, das 4h@80 °C getrocknet wurde. Schichtstärke 0,2 mm.

Messlehre Display Rahmen ca. 35 x 30 cm – absolut plan/ unbearbeitet vor Einsatz von Passbuchsen.

Messlehre Display Rahmen ca. 35 x 30 cm – absolut plan/ unbearbeitet vor Einsatz von Passbuchsen.

Verarbeitung von Polyamid CF

„Die Haftung des PA SX.09 CF auf einer Carbonfaser – Druckplatte ist exzellent. Ein Haftvermittler, wie er oftmals erforderlich ist, wird nicht benötigt. Es entstehen Prozess-Vorteile in der Anwendung, da eine Vor- und Nachbehandlung der Druckplatte entfällt, was Arbeitsaufwand und Rüstzeiten minimiert. Bei optimalen Druckplattentemperaturen von 90 °C sollten CFK-Druckplatten eingesetzt werden, die bis 120 °C temperaturstabil sind. Standard CFK basiert meist auf einer Epoxidharz-Matrix, die ab 80 °C plastisch wird, was sie für den Einsatz problematisch macht“, geht Philipp in Detail und ergänzt: „Ein besonderer Vorteil des PA SX.09 CF Filaments besteht darin, dass Supportgeometrien aus dem gleichen Material erstellt werden können, was bei faserbefüllten Materialien häufig problematisch ist. Diese können bei passenden Einstellungen und Prozessparametern gut entfernt werden.“

Die steifen Materialeigenschaften und die Wasseraufnahme von Polyamid erfordern eine sorgfältig abgestimmte Anpassung aller Komponenten der Filament-Zuführung. Die Verarbeitung gut vorgetrockneten Filaments ist eine absolute Voraussetzung, ebenso wie die Notwendigkeit, während eines längeren Drucks die Wasseraufnahme des Filaments zu vermeiden. Gängige Praxis ist der Einsatz von Trockenboxen, aus denen das Filament abgespult wird. Weitere Voraussetzungen sind die Zuführung durch Schläuche (PTFE) und Verwendung eines starken Feeders zur Förderung. Da das Filament sehr steif und hart ist, wird ein hoher Grip in der Fördereinheit benötigt. Fiberthree hat deshalb ein komplettes ‚Ökosystem’ entwickelt, um mit marktverfügbaren Komponenten den Einsatz ihrer Filamente auf verschiedenen Maschinen und Anlagen zu gewährleisten. Neben Trockenboxen bietet das Unternehmen auch spezielle Carbonplatten für hohe Druckbetttemperaturen von 150 °C und mehr an. Auch zu geeigneten Extrusionsdüsen und zusätzlichen Komponenten findet man über die Materialexperten Zugang.

Trockenbox für feuchtigkeitsgeschütztes Abspulen.

Trockenbox für feuchtigkeitsgeschütztes Abspulen.

Griffschale Formula-Student. Optimiert auf Leichtbau (mit freundlicher Genehmigung DART Racing Team - TU Darmstadt).

Griffschale Formula-Student. Optimiert auf Leichtbau (mit freundlicher Genehmigung DART Racing Team - TU Darmstadt).

Druckpraxis

In der Praxis ergaben die getesteten Zugproben unter verschiedensten Slicer- und Infill-Bedingungen immer Werte über 70 MPA, die als sichere Konstruktionsbasis angesetzt werden können. Die Schichthaftung (Z-Richtung) des Produkts, generell schwächer, steht mit Werten um die 30 MPA immer noch über der Einsatzfestigkeit vieler handelsüblicher Filamente. Fiberthree richtet sich mit dem PA SX.09 CF an professionelle Anwender, da die Abstimmung der Maschinenkomponenten und Slicer-Parameter softwaremäßig wichtig ist und die Systemvoraussetzungen wie Arbeitstemperaturen von 270 bis 280 °C gegeben sein müssen. Wie bei allen Polyamiden spielt die trockene Lagerung und Zuführung des Materials eine entscheidende Rolle für ein optimales Ergebnis.

„Bei trocknem Material ergibt sich eine sehr schöne matte Oberfläche und Über-Extrusion sollte nicht vorkommen. Bauteile, die Feuchtigkeit ausgesetzt sein können, sollten gegebenenfalls mit Wandlinien bis 2,0 mm und Füllgraden über 40 % hergestellt werden. Auch eine Wasser-Konditionierung wie im Spritzguss üblich, kann eingesetzt werden. Das Ergebnis sind Bauteile, die hochfest und sehr steif werden und zudem sehr gut zerspanend nachbearbeitet werden können. Feine Details lassen sich mit 0,25 mm Düsen realisieren. Für eine schnelle, dafür aber weniger detaillierte Fertigung können auch Düsen mit 1,0 mm herangezogen werden“, verrät der Geschäftsführer.

Detailansicht Messlehre mit eingebauten Passbuchsen.

Detailansicht Messlehre mit eingebauten Passbuchsen.

Fiberthree-Filamente sind in den handelsüblichen Gebindegrößen verfügbar. Auf Anfrage jedoch auch in größeren Gebinden.

Fiberthree-Filamente sind in den handelsüblichen Gebindegrößen verfügbar. Auf Anfrage jedoch auch in größeren Gebinden.

Machbarkeitsstudie Verteilerrohr - Ansicht von unten.

Machbarkeitsstudie Verteilerrohr - Ansicht von unten.

Komplettpaket

Das neue Material trifft im Markt auf eine sehr gute Resonanz, bietet es doch hohe mechanische Eigenschaften bei günstigen Verarbeitungsbedingungen. Die Darmstädter Materialexperten weisen besonders darauf hin, dass man das Material bei geeigneter Adaptierung der Maschine mit nahezu allen gängigen FDM-Systemen verarbeiten kann. Selbstverständlich ist eine genaue Anpassung der Prozessparameter erforderlich um zu besten Ergebnissen zu kommen. Die Materialprofis sind jedoch überzeugt, dass man mit PA SX.09 CF die Qualität von FDM-Teilen signifikant erhöhen kann.

„Es freut uns sehr, dass unsere Materialien in der Industrie so gut ankommen. Zunächst haben wir unsere Produktion auf die im FDM-Umfeld üblichen Gebindegrößen ausgelegt. Es hat sich aber herausgestellt, dass durchaus größere Mengen gefragt sind, was uns dazu veranlasst hat, auch unsere Produktion zu adaptieren. Dadurch können wir ab Mitte Juni etwa durchaus auch größere Liefermengen bieten. Derzeit arbeiten wir an modifizierten Versionen des Carbonfaser-Polyamids sowie am nächsten Produkt, einem Polypropylen (PP) mit Carbonfasern, welches besonders bei Beständigkeit gegen Säuren eine Alternative zu Polyamid sein kann. Für uns ist es aber in erster Linie wichtig, unseren Kunden ein genau spezifiziertes und qualifiziertes Material bieten zu können, darum werden wir dieses erst dann vorstellen, wenn die Materialkenndaten ermittelt sind“, gibt Philipp einen zusammenfassenden Ausblick.

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