anwenderreportage
3D-Labs Totem 3D: Additive Miniaturwelten
Präzision „en miniature“: Im Miniatur Wunderland in Hamburg fertigt ein Totem 3D UV-DLP-System von 3D-LABS kleinste Komponenten und erstaunlich detailgetreue Figuren und Gebäudeteile für die größte Modelleisenbahnanlage der Welt. Von Georg Schöpf, x-technik
Mit Liebe zum Detail entstehen im Miniatur Wunderland Nachbauten berühmter Wahrzeichen wie der Hamburger Michel.
Michel Kraken
Modellbauer und im Miniatur Wunderland für die Additive Fertigung zuständig.
„Mit den Möglichkeiten der Additiven Fertigung sind wir in der Lage, filigrane Komponenten und Objekte in unser Miniatur Wunderland zu integrieren, die wir mit den herkömmlichen Methoden im Modellbau kaum realisieren könnten.“
Der Traum von der Modelleisenbahn. Zumindest bei den nicht mehr ganz so Jungen unter uns ruft das Kindheitserinnerungen wach. So ging es auch Frederik Braun, als er bei einem Spaziergang in Zürich an einem Modelleisenbahnladen vorbeikam. Dieses Gefühl ließ ihn nicht mehr los und er überzeugte seinen Zwillingsbruder Gerrit und ihren langjährigen Geschäftspartner Stephan Hertz, gemeinsam die größte Modelleisenbahn der Welt zu bauen. „Fast alle, denen wir von unserer Idee erzählten, erklärten uns für verrückte, weltfremde Träumer“, beschreibt Frederik Braun die Stimmung von damals. Doch davon ließ sich das Trio nicht abhalten und sie stellten einen kühnen Plan auf, um ihr Vorhaben zu verwirklichen. „Unser Wunsch war es, eine Welt zu bauen, die gleichermaßen Männer, Frauen und Kinder zum Träumen und Staunen animiert“, erklärt Gerrit Braun. Die Idee, die im Juli 2000 geboren wurde, mündete in der Eröffnung des Miniatur Wunderlandes in der Hamburger Speicherstadt am 16. August 2001. Seitdem ist unglaublich viel passiert. In insgesamt über 795.000 Arbeitsstunden entstand eine 1.499 m² Wunderwelt aus Modelleisenbahn, Miniaturhäusern, Schiffen, Flugzeugen, tausenden von Miniaturautos und Heerscharen winziger Figuren. Alles bis ins Detail ausgearbeitet und in wundersame kleine Szenen und Welten eingefügt. Jeder Bereich des Miniatur Wunderlandes birgt Überraschungen und kein Zentimeter gleicht dem anderen. Und diese Welt wächst täglich weiter. 360 Mitarbeiter halten dieses Wunderwerk der Miniaturisierung am Laufen und ergänzen, servicieren, modellieren und bauen stetig weiter an ihrer kleinen Welt.
Ein aktuelles Projekt ist die Kathedrale von Monaco. Säulen und Konsolen dafür werden additiv hergestellt.
Infos zum Anwender
Das Miniatur Wunderland ist die größte Modelleisenbahnanlage der Welt und Hamburgs Touristenattraktion Nr. 1. Schon mehr als 16 Millionen Besucher aus allen Teilen der Welt haben sich in der Hamburger Speicherstadt eine Miniaturwelt der Superlative angeschaut. Auf 1.499 m² ist in rund 795.000 Arbeitsstunden ein Miniatur-Meisterwerk entstanden und es wächst immer weiter. Es besticht neben ausgefeilter Technik vor allem durch Detailreichtum. Über 265.000 Figuren wurden liebevoll in Szene gesetzt, Autos und Schiffe bewegen sich durch die Landschaften und sogar Flugzeuge starten am Knuffingen Airport im Minutentakt.
www.miniatur-wunderland.de
Aller Anfang ist schwer
„Zu Beginn wurde verwendet, was auf dem Modelleisenbahnmarkt zu finden war. Dann gingen wir dazu über, bestehende Bausätze zu kombinieren und neue Häuser und andere Gebäude daraus zu bauen. Bei den Figuren hat sich schnell herausgestellt, dass die Auswahl recht beschränkt ist und wir mussten auch in diesem Fall bestehende Figuren auseinanderschneiden und in anderen Stellungen wieder zusammenkleben, wenn wir bestimmte Haltungen und Effekte erzielen wollten. Außerdem müssen Teile für außergewöhnliche Objekte wie in der realen Welt auch erst einmal konstruiert, gezeichnet und dann mit den üblichen handwerklichen Methoden hergestellt werden. Aber eben im Maßstab 1:87“, erzählt Michel Kraken, der seit drei Jahren im Miniatur Wunderland arbeitet. Der gelernte Schreiner, der anschließend Industriedesign studiert hat, fand in der Tätigkeit in der Miniaturwelt seine Bestimmung. „Es ist wie ein großer Spielplatz für Erwachsene“, freut er sich an der Möglichkeit seine Kreativität und sein handwerkliches Geschick voll entfalten zu können.
Das Totem 3D UV-DLP System ermöglicht die Herstellung komplexer Geometrien in hoher Auflösung.
Erste gedruckte Teile
Schon bald haben die Hamburger erkannt, dass die Additive Fertigung für ihre Zwecke ein wahrer Segen ist. „Zunächst haben wir angefangen, Figuren und Gebäudeteile am Computer neu erstehen und diese bei 3D-Druck-Dienstleistern umsetzen zu lassen“, erinnert er sich. Schon damals hat man auf die Hilfe von 3D-LABS zurückgegriffen und schließlich regelmäßig Teile dort fertigen lassen. Um an die Geometriedaten für die Komponenten zu kommen nutzen die Miniaturarchitekten verschiedene Wege. Speziell bei Nachbauten von Gebäuden und Sehenswürdigkeiten versuchen sie auf bestehende, teils historische Pläne zurückzugreifen. „Manchmal gibt es aber auch nur Fotos, die wir als Vorlage nehmen können. Dann versuchen wir, die Maße des Objektes so zu definieren, dass es zwar dem Original möglichst nahekommt, aber trotzdem ins Gesamtbild der Anlage passt“, geht Kraken ins Detail. Würde man nämlich ein Gebäude wie den Eiffelturm wirklich maßstabsgetreu nachbauen, wäre er immer noch immerhin 3,72 m hoch und würde alles andere überragen, weiß der Modellbauer.
Die Komponenten entstehen zunächst in Rhino CAD und werden für den Druck im Bauraum angeordnet.
Viele verschiedene Teile
Ein aktuelles Projekt, an dem er gerade arbeitet, ist die Kathedrale von Monaco. Dafür braucht er hunderte, winzig kleine Säulenelemente, die die Fensteröffnungen der Modellkathedrale schmücken. „Unterschiedliche Maße und Geometrien machen eine wirkliche Serienfertigung im Grunde unmöglich. Wir brauchen immer nur eine geringe Anzahl in der jeweiligen Größe, dafür aber viele verschiedene Dimensionen. Da wir die Möglichkeiten der Additiven Fertigung für unsere Zwecke ja schon aus anderen Projekten, wie zum Beispiel den Figuren auf dem Vittorio Emanuele II-Gebäude im Bereich Italien, unserer Anlage kennen und schätzen gelernt haben, wurde schließlich ein Totem 3D UV DLP-System von 3D-LABS gekauft. Seit sechs Monaten nutzen wir das System wirklich regelmäßig. Wir verwenden es für Figuren ebenso wie für Gebäudeteile oder Komponenten für Fahrzeuge“, schwärmt Kraken.
Die richtige Maschine gefunden
Das Totem 3D System basiert auf UV-DLP Technologie und arbeitet demzufolge mit lichtaushärtenden Harzen. Der Bauraum von 128 x 80 x 150 mm (X/Y/Z) reicht für die meisten Anforderungen des Miniatur Wunderlandes leicht aus. Auch die Baugeschwindigkeit von bis zu 30 mm/h bei einer Schichtstärke von 25 bis 100 µm und einer Auflösung in X/Y-Richtung von 100 µm bietet einen sehr guten Detaillierungsgrad. Mittlerweile ist der Totem 3D aber auch in einer HighRes-Variante mit 50 µm Auflösung bei halben Bauraumabmessungen in X/Y-Richtung erhältlich. Als Material setzt man im Miniatur Wunderland das 3DM-ABS ein, das sich hinsichtlich Weiterbearbeitung und Dauerhaftigkeit am besten für die Modellbauer eignet.
„Für uns stellt die Additive Fertigung eine enorme Erleichterung dar, weil wir viele Objekte und Exponate in einem Bruchteil der Zeit herstellen können. Für vieles können wir auf bestehende STL-Objekte zurückgreifen, andere konstruieren wir in Rhino-CAD oder verändern bestehende Modelle nach unseren Bedürfnissen. Die Baugeschwindigkeit des Totem 3D ermöglicht es uns, auch komplizierte Teile und Komponenten einfach über Nacht herzustellen. Dadurch können wir die Bereiche unserer Anlage, die gerade am Entstehen sind, viel schneller und detaillierter für unsere Besucher zur Verfügung stellen. Und für alles was wir bei uns nicht Drucken können, hilft uns 3D-LABS mit ihren größeren und schnelleren Maschinen weiter“, fasst Kraken abschließend zusammen.
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