MicroArch von BMF: Mikro 3D-Druck im Aufwind

Prototypen und Serien kleinster Bauteile sind schwierig im 3D-Druck herzustellen, vor allem wenn es auf höchste Genauigkeit und Präzision ankommt. Das Verfahren der Präzisionsmikro-Stereolithografie (PµSL) von Boston Micro Fabrication (BMF) eröffnet neue Wege zur Miniaturisierung. Dies belegen drei verschiedene Anwendungsbeispiele dieser Technologie in Medizintechnik und Elektronik.

Ureteroskopspitze: Die distale Spitze des neuartigen Ureteroskops mit einem Durchmesser von 3,302 Millimetern enthält eine Kamera, eine Lichtquelle und verschiedene Kanäle. (Bilder: BMF)

Ureteroskopspitze: Die distale Spitze des neuartigen Ureteroskops mit einem Durchmesser von 3,302 Millimetern enthält eine Kamera, eine Lichtquelle und verschiedene Kanäle. (Bilder: BMF)

Neues Forschungs- und Entwicklungszentrum

In einem neuen Forschungsinstitut in San Diego, Kalifornien, wird BMF sich auf die Entwicklung und Inkubation von Produktideen konzentrieren, die nur durch die Mikro-3D-Plattform von BMF ermöglicht werden. „Wir sehen, dass viele Produkte einzig und allein durch unsere Plattform möglich werden“, erklärt John Kawola, CEO von Boston Micro Fabrication.  „Deshalb arbeiten wir nun auch mit Forschern, Produktdesignern und anderen Kooperationspartnern an neuen Produktideen. Wir haben kürzlich zusätzliches Kapital erhalten, das wir nun auch für die Entwicklung und Vermarktung von derartigen Endprodukten verwenden.  Unsere beiden Standbeine werden sich gegenseitig ergänzen, um das übergeordnete Ziel zu erreichen, die Leistungsfähigkeit der Additiven Fertigung in der Mikroproduktion freizusetzen.“

Die Projektions-Mikro-Stereolithografie oder PµSL beruht auf dem Prinzip der Stereolithografie. Wie im Digital Light Processing (DLP) sorgt ein Blitz von UV-Licht für die schnelle Photopolymerisation einer ganzen Harzschicht in Mikro-Auflösung. Dadurch erreicht der Prozess eine Genauigkeit, Detailtreue und Auflösung, die mit anderen Verfahren nicht möglich wären.

Die 3D-Drucker der microArch-Baureihe von BMF weisen eine hochpräzise Linse zwischen der Lichtquelle, einer DLP-Projektion und dem Harzbad auf. Die Drucker steuern Hochpräzisionstische in den XYZ-Bewegungen mit der Genauigkeit von Koordinatenmessmaschinen. Die Kombination und Koordination dieser Systeme ermöglicht je nach System eine optische Auflösung von 2 bis 10 Mikron und erreicht damit Toleranzen in dem Bereich von +/- 25 µm. In Verbindung mit der hohen Geschwindigkeit des DLP ergibt dieser Ansatz den Durchsatz, der für industrielle Anwendungen benötigt wird. BMF stellt dazu ein offenes Materialsystem bereit. Anwender können mit speziell definierten Flüssigpolymeren ebenso arbeiten, wie mit anderen Materialien ihrer Wahl. Die BMF-Linie von Photopolymeren umfasst harte, steife hochtemperaturbeständige, biokompatible und haltbare Materialien für funktionale Endverbrauchsteile.

M3D Distal Tip: Die 3D-gedruckte Spitze (links) und das Spritzgießteil.

M3D Distal Tip: Die 3D-gedruckte Spitze (links) und das Spritzgießteil.

Medizinisches Einwegprodukt im Mikro-3D-Druck gefertigt

RNDR Medical hat ein neuartiges Einweg-Ureteroskop für die Endourologie entwickelt, das in Kürze auf den Markt kommt. Es wird zur Visualisierung, Diagnose und Behandlung bei Erkrankungen der Harnwege, wie Nierensteinen und Urothelkarzinomen eingesetzt sowie für Pyeloskopieverfahren, die einen therapeutischen Zugang zum Nierenbecken und zu den Nieren erlauben. Das Ureteroskop ist mit einer hochauflösenden Digitalkamera und Beleuchtung ausgestattet, die eine direkte Visualisierung der Anatomie ermöglichen. Eine Flüssigkeitsspülung sorgt über längere Zeit für ein klares Bild. Durch einen Arbeitskanal des Ureteroskops lassen sich utertherapeutische Instrumente führen, zum Beispiel Lithotripsiefasern und Rückholkörbe für Nierensteine.

IMcoMED: Die 3D-gedruckte Kappe hält zwei Mikronadeln in Position.

IMcoMED: Die 3D-gedruckte Kappe hält zwei Mikronadeln in Position.

Hohe Werkzeugkosten – lange Vorlaufzeiten

Alle diese Bestandteile konzentrieren sich auf die distale Spitze des Ureteroskops, wo sie hochpräzise und vollständig dicht innerhalb eines Profils mit 3,302 Millimetern Durchmesser untergebracht werden müssen, um das Eindringen von Flüssigkeit in das Gerät zu verhindern. Die äußere Geometrie der vorwärts gerichteten Spitze muss zudem atraumatisch für die Anatomie gestaltet sein. So weist das Bauteil eine komplexe 3D-Geometrie, enge Toleranzen und eine Wandstärke auf, die eigentlich nur im Mikrospritzguss gefertigt werden kann. Doch die Produktionszahlen von wenigen zehntausend pro Jahr amortisieren die hohen Werkzeugkosten für den Mikrospritzguss erst nach langer Zeit.

Der microArch S230 von BMF erlaubt die Mikrofertigung in Serienqualität.

Der microArch S230 von BMF erlaubt die Mikrofertigung in Serienqualität.

Eine Alternative zum Mikrospritzgießen

Deshalb suchten der Geschäftsführer von RNDR, Anthony Appling und Keith Wells als leitender Konstrukteur nach einer Alternative zum Mikrospritzgießen, den damit verbundenen Kosten und langen Vorlaufzeiten. Dabei stießen sie auf die Projektionsmikro- Stereolithografie (PμSL), eine neue Technologie für den Mikro-3D-Druck von Boston Micro Fabrication. Tatsächlich ermöglichten die Mikropräzisions-3D-Drucker der microArch-Serie von BMF mit einer Auflösung von 2 bis 25 μm und einer Toleranz von +/- 10 bis 25 μm in einer frühen Phase eine schnelle, iterative Entwicklung der distalen Spitze. Damit ließ sich der Entwicklungszeitplan erheblich verkürzen, die Kosten für die teure Mikrobearbeitungen von Prototypen wurden eingespart. Auch die Investitionen und langen Vorlaufzeiten für das Mikrogießen wurden eingespart. Es wären wohl mehrere Werkzeuge benötigt worden, um mehrere Spitzengeometrien mit dem richtigen Material testen zu können. Die Geschwindigkeit und Flexibilität des BMF-Systems war für das Entwicklungsteam von großem Vorteil, um mit minimalem Zeit- und Kostenaufwand ein optimales Design zu finden.

Frequenzverdoppler: Die Messergebnisse des 3D-gedruckten Frequenzverdopplers liegen im gleichen Bereich wie bei dem gefrästen Gegenstück.

Frequenzverdoppler: Die Messergebnisse des 3D-gedruckten Frequenzverdopplers liegen im gleichen Bereich wie bei dem gefrästen Gegenstück.

Mikro-3D-Druck nicht nur für Prototypen

Außerdem stellten Appling und Wells fest, dass das BMF-Material dem Testprogramm des Bauteils so gut standhielt, dass die Additive Fertigung nicht nur für die Prototypen, sondern möglicherweise auch für erste Produktionsmengen eine gute Lösung darstellte. „Die 3D-Drucktechnologie von BMF ermöglicht eine schnelle, iterative Entwicklung von Präzisionsbauteilen und bringt die Vorteile der Additiven Fertigung im Maßstab bis in die Produktion", so Appling. Die Flexibilität und Skalierbarkeit des BMF-Systems bezüglich der Stückzahlen erwies sich von der Produktentwicklung bis zur Fertigung als Vorteil. Inzwischen kann RNDR bis zu 500 Einheiten der Ureteroskop-Spitzen in einem einzigen Produktionszyklus herstellen.

RNDR Medical konnte mit der BMF-Technologie die Entwicklungszeit um die Hälfte verkürze. Dank der Mikro-3D-Drucker von BMF wurden Entwürfe innerhalb von Tagen und Wochen, anstatt in Monaten bewertet und überarbeitet. Die geometrische Genauigkeit und Materialintegrität der 3D-gedruckten Teile schafften Vertrauen und die 3D-gedruckten distalen Spitzen hielten präklinischen Tests in einer simulierten Anwendungsumgebung stand. Nun will das Unternehmen den Mikro-3D-Druck als Brückentechnologie zwischen der anfänglichen Vermarktung in kleinen Stückzahlen und der Großserienproduktion nutzen.

Mit dem 3D-Drucker S140 von BMF wurde eine Hohlraumleiterstruktur für 125-GHz-Frequenzverdoppler stereolithografisch hergestellt.

Mit dem 3D-Drucker S140 von BMF wurde eine Hohlraumleiterstruktur für 125-GHz-Frequenzverdoppler stereolithografisch hergestellt.

Anwendungsbeispiel Krebszellenbehandlung

Das Biotech-Startup IMcoMED leistet Pionierarbeit bei der Hautkrebsbehandlung. Seine Immuntherapie konzentriert sich auf die Mikroumgebung des Tumors. Krebszellen täuschen das Immunsystem, durch Signale, die als Tarnung dienen. Es handelt sich um Moleküle, hauptsächlich Proteine, die von Krebszellen produziert und an die umgebende Flüssigkeit abgeben werden, ihre Mikroumgebung. Ziel der neuen Therapie ist es, die Tarnsignale zu beseitigen, eine Immunreaktion zu stimulieren und den Tumor so zu zerstören.

Dazu hat ImcoMED eine auf Mikrofluidik und Mikronadeln basierende Technologie entwickelt. Dadurch wird die Mikroumgebung des Tumors mit allen seinen Bestandteilen physisch entfernt und durch gesundes Gewebe ersetzt. Für diese M-Duo-Technologie® werden kleine, eng beieinander liegende Nadeln verwendet, die sich ergänzen: Eine Nadel injiziert eine Trägerflüssigkeit, während die andere sie absaugt. Während die Flüssigkeit zwischen den beiden Nadeln durch die Haut fließt, vermischt sie sich mit der Zellflüssigkeit und saugt alle in diesem Bereich vorhandenen Signale ab. Dies geschieht kontinuierlich, ohne dass die Nadeln entfernt werden müssen. Die Kappen und der Deckel, der die Nadeln in Position hält, werden im Mikro-Präzisions-3D-Druck von BMF hergestellt. Das Teil enthält zwei Kanäle mit einem Durchmesser von 100 µm, die in einem Abstand von nur 20 bis 40 µm zueinander parallel angeordnet sind.

Hohlleiterstruktur für Frequenzverdoppler

Ein Anwendungsbeispiel aus der Elektronik erbrachte mit der Mikro-CNC-Berarbeitung vergleichbare Ergebnisse. Mit dem PµSL-Verfahren wurde das Gehäuse eines Terahertz-Frequenzvervielfachers auf Basis von GaAs-Schottky Dioden hergestellt. Diese werden als zuverlässige Quellen für Lokaloszillatoren (LO) in Heterodyn-Empfängern eingesetzt, da sie bei Raumtemperatur einen hohen Wirkungsgrad zu niedrigen Kosten erreichen. Das Wellenleitergehäuse dieser Multiplikatoren wird üblicherweise mit CNC-Bearbeitung hergestellt, die hochwertige Komponenten mit hoher Genauigkeit, hoher Präzision und guter Oberflächengüte liefert. Damit werden die engen Toleranzanforderungen für die elektrische Abstimmung und genaue Platzierung der planaren Schaltungen in der Hohlleiterstruktur eingehalten. Der Hohlleiterhohlraum mit integrierten UG387/m-Flanschen wurde auf einem microArch S140 3D-Drucker mit 20 µm Schichthöhe, 10 µm x/y optischer Auflösung, 40 mW/cm2 Laserausgangsleistungsdichte und einer Belichtungszeit von durchschnittlich 0,85 s pro Bild hergestellt. Das verwendete Polymer aus dem Materialsystem von BMF war HTL Yellow20, das Temperaturen bis zu 114 °C standhält.

Die fertigen Teile wurden in Propan-2-ol gewaschen und 30 Minuten lang mit UV-Licht nachgehärtet, anschließend thermisch bei 60 °C für 30 Minuten nachgehärtet. Die Teile sind mit Dübeln und Stiftlöchern versehen, um eine genaue Ausrichtung der beiden Hälften beim Zusammenbau zu erreichen. Der Radius des Dübels beträgt 0,75 mm, jener des Lochs 0,8 mm. Die Breite des Hohlleiterkanals, in den der MMIC eingesetzt wird, beträgt 630 μm, die Breite des MMIC 580 μm. Diese ist von entscheidender Bedeutung für eine präzise Platzierung des MMICs im Kanal. Die Polymerhohlleiterblöcke wurden mit elektrolytfreiem Kupfer in etwa 4 μm Schichtdicke belegt, die dünne Schutzschicht aus Gold ist etwa 0,1 μm dick. Die Oberflächenrauheit des plattierten oberen Blocks wurde an verschiedenen Stellen mit dem optischen System von Alicona gemessen, sie beträgt durchschnittlich 1,4 μm.

Vergleich mit CNC-Fertigung

Nun werden die Messergebnisse mit dem 3D-gedruckten Bauteil denjenigen mit dem CNC-gefrästen gegenübergestellt. Bei einer Eingangsleistung von 100 mW betrug die erreichte maximale Ausgangsleistung des Verdopplers mit 3D-gedruckten Gehäuses etwa 33 mW gegenüber 35 mW für die CNC-gefertigte Variante. Über dem Frequenzbereich von 120 GHz bis 130 GHz liegt die Ausgangsleistung beider Verdoppler über 16 mW. Die gemessene Ausgangsleistung und der Umwandlungswirkungsgrad als Funktionen der Eingangsleistung liegen bei 125 GHz Ausgangsfrequenz.

Miniaturisierung mit PµSL

Die Anwendungsbeispiele zeigen, dass mikropräziser 3D-Druck einen kosteneffektiven Weg eröffnet, um die Herausforderungen der Miniaturisierung zu meistern. Ohne die hohen Kosten spezieller Formen und Werkzeuge ergibt sich eine höhere Flexibilität für Gestaltung und Produktion. Bei Anwendungen im Mikrobereich führt der 3D-Druck von Hunderten oder Tausenden von Teilen zu echten wirtschaftlichen Einsparungen und schnellen Reaktionsmöglichkeiten auf Änderungen bei Produktdesign oder Marktbedingungen.

Wenn der 3D-Druck von Mikroteilen in Stückzahlen im Millionenbereich ökonomisch nicht darstellbar sein mag, stellt er doch bei Produktionsläufen von Zehn- oder Hunderttausenden von Teilen eine erschwingliche Option dar.

formnext: Halle 11.1, B38

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