anwenderreportage

Baumit BauMinator – Zukunft in Beton

Als Baustoffhersteller arbeitet die Baumit GmbH am Hausbau der Zukunft. Dass die Additive Fertigung auch in diesem Sektor sinnvoll ist, zeigt das Unternehmen anhand des Leitprojekts BauMinator, eine schlüsselfertige Produktionslösung für den Beton-3D-Druck auf der Basis von ABB Industrierobotern. Von Georg Schöpf, x-technik

Bei Baumit sind zwei ABB IRB 4600-40/2.55-Industrieroboter in Verbindung mit einer Standard IRC 5-Steuerung als Systemdemonstrator im Einsatz.

Bei Baumit sind zwei ABB IRB 4600-40/2.55-Industrieroboter in Verbindung mit einer Standard IRC 5-Steuerung als Systemdemonstrator im Einsatz.

Eduard Artner
Projektleiter BauMinator, Baumit GmbH

„Wir sehen die wesentlichen Möglichkeiten des BauMinator in der Erstellung von Betonkomponenten, Designelementen und Schalungselementen. Bis zum digitalen Hausbau wird es wohl noch ein bisschen dauern.“

Dass sich die Additive Fertigung nicht nur auf die Herstellung von Metall- und Kunststoffteilen beschränkt, sondern auch in der Baubranche Bestrebungen bestehen, die Technologie marktreif zu bekommen, ist spätestens seit den Berichten klar, in denen von 3D-gedruckten Häusern in China oder sonst wo auf der Welt erzählt wird. Dass es in diesem Umfeld aber nicht wirklich rasant vorangeht, liegt wohl daran, dass die Dimensionen und auch der Werkstoff Beton nicht unkritisch sind. Die Herstellung großer Strukturen ist in allen Bereichen der Additiven Fertigung mit Schwierigkeiten verbunden. Mal ist das Bauteilgewicht, ein anderes Mal ein Verzugsproblem das begrenzende Element. Müssen zusätzliche Komponenten ins Bauteil eingebracht werden, vervielfachen sich die Anforderungen.

Für die Herstellung von Häusern müssten ja schließlich auch noch die Themen Armierung sowie elektrische und wassertechnische Leitungsführung bewältigt werden. „Das allein ist schon ein Thema für sich. Die Hauptproblematik liegt aber in der Beherrschung des Werkstoffes Beton“, erzählt Eduard Artner, Leiter des Projektes BauMinator bei der Baumit GmbH. „Jeder, der schon einmal mit Beton gearbeitet hat, weiß, dass die Mischung eine bestimmte Konsistenz aufweisen muss, damit sie am Ende die geforderte Stabilität bekommt und dass diese Mischung eine gewisse Zeit braucht, um soweit abzubinden, dass sie mechanisch belastet werden kann. Nicht umsonst wird auf das Thema Schalungsbau in der Bauindustrie großer Wert gelegt“, ergänzt er. Dass diese Probleme aber bewältigt werden können, zeigt das Projekt BauMinator auf eindrucksvolle Weise.

Mit dem BauMinator können Geometrien mit Überhängen von bis zu 70° hergestellt werden. Distanzen von bis zu 100 mm können ohne Stützgeometrie überbrückt werden.

Mit dem BauMinator können Geometrien mit Überhängen von bis zu 70° hergestellt werden. Distanzen von bis zu 100 mm können ohne Stützgeometrie überbrückt werden.

Anton Reifbäck
Vertriebstechniker bei ABB

„Die Verwendung von Standard Industrierobotern ermöglicht die Nutzung bewährter, robuster Technologie, die sich leicht an die jeweiligen Anforderungen hinsichtlich Steuerung und Skalierung anpassen lässt.“

Bautechnologie für die Zukunft

Dass man sich bei der Wopfinger Baustoffindustrie GmbH mit dem Thema Additive Fertigung von Betonteilen auseinandersetzt, baut im Grunde auf der Unternehmensphilosophie des niederösterreichischen Traditionsunternehmens auf. Seit jeher beschäftigt man sich bei Baumit mit der Bereitstellung von Baustoffen. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Herstellung und der Transport von Mörtel. Erklärtes Ziel des Unternehmens ist es, aufbauend auf einem umfangreichen Forschungsprogramm, für jede Wohnsituation die beste Lösung präsentieren zu können. Getreu der Baumit-Vision: Wir wollen, dass alle Menschen gesünder, energieeffizienter und schöner wohnen. „Dazu wurde der Viva Forschungspark kreiert, in dem unterschiedlichste Bauweisen für die Wohnraumerstellung modellhaft aufgebaut wurden und über eine umfangreiche Sensorik verschiedenste Raumklimabedingungen laufend überprüft werden“, erklärt Artner.

„Im Zuge dieser Untersuchungen stellten sich Fragen wie: Wie sehen die Baustoffe der Zukunft aus? Welche Anforderungen werden an die Bauwirtschaft in einer immer stärker digitalisierten Welt herangetragen? Und schließlich auch, wie will man in der Bauwirtschaft einem wachsenden Fachkräftemangel begegnen? Am Ende dieser Fragestellung ist auch das Thema 3D-Druck in der Bauwirtschaft aufgetaucht und wir haben 2013 begonnen, uns damit auseinanderzusetzen“, so der Projektleiter weiter.

Robuste Industrietechnologie

Schon recht früh hat man mit ABB einen geeigneten Projektpartner gefunden. „Die Anforderung hat uns interessiert und wir sind im Bereich Antriebe und Steuerungen schon länger in einer Zusammenarbeit mit Baumit“, erzählt Anton Reifbäck, Vertriebstechniker bei ABB. Nicht zuletzt sah man auch den Standortvorteil, da ABB im nahen Wiener Neudorf ansässig ist. Das Gesamtkonzept des BauMinators ist eine Kombination aus vier wesentlichen Systemkomponenten. Erste Komponente ist das Trägersystem, das von einem ABB IRB 4600-40/2.55-Industrieroboter mit einer maximalen Traglast von 40 kg und einer Reichweite von 4,5 x 2,55 m (Radius) in Verbindung mit einer Standard IRC 5-Steuerung gebildet wird. Besonderheit dieser Kombination ist, dass die Steuerung als Multimove-System bis zu zwei Roboter je sechs Achsen gleichzeitig ansteuern kann.

Zweite Systemkomponente ist das Materialtransport- und Extrusionssystem. Die Betonrezeptur wird über ein Mischsystem mit einem Beschleuniger vermengt und über ein Schlauchsystem an die modulare Applikationsdüse herangeführt. Drittes Element des Gesamtsystems ist die Software für die Aufbereitung der Daten. Diese wird aus einem Rhino 3D-CAD System von McNeel in Verbindung mit der Grasshopper Programmieroberfläche gebildet. Dabei werden auf der Basis der Geometriedaten über die visuellen Programmmodule in Grasshopper die Bahndaten für die Robotersteuerung erzeugt. Diese werden anschließend in der ABB-Steuerung einer Codeprüfung unterzogen und dann für die Fertigung bereitgestellt. Jedoch ist anscheinend auch die Einbindung anderer CAD-Systeme jederzeit möglich. Viertes und wesentliches Element ist die genau auf die Fertigungsbedürfnisse abgestimmte Rezeptur aus Mörtel und Beschleuniger. „Durch die Verwendung größerer Roboter- und Transfersysteme oder eines Gantry-Trägersystems sind grundsätzlich beliebige Anlagenkonfigurationen realisierbar“, erklärt Reifbäck.

Für die Fertigung von Rohrelementen mit beliebigen Winkeln eignet sich das System bestens.

Für die Fertigung von Rohrelementen mit beliebigen Winkeln eignet sich das System bestens.

In der Herstellung von Treppen mit ungewöhnlichen Geometrien bietet der Beton-3D-Druck ungeahnte Möglichkeiten.

In der Herstellung von Treppen mit ungewöhnlichen Geometrien bietet der Beton-3D-Druck ungeahnte Möglichkeiten.

Infos zum Anwender

1810 wurde erstmals ein Kalkofen an der Landstraße nach Gutenstein in Österreich erwähnt. 1911 entstanden dort daraus die Wopfinger Stein- und Kalkwerke, die 1969 von Friedrich Schmid übernommen wurden. 1988 wurde die Dachmarke Baumit gegründet. Die Baumit GmbH (ehem. Wopfinger Baustoffindustrie GmbH) erlebte seitdem ein stetiges Wachstum. Der europaweit agierende SIH-Konzern (Baumit, Austrotherm, Murexin, Lorencic, etc.) versorgt mit 5.900 Mitarbeitern an über 100 Standorten und in 27 Ländern Bauunternehmen mit hochqualitativen Baustoffen und Verarbeitungskonzepten.

Erste Gehversuche

„Die ersten Applikationsversuche wurden tatsächlich mit einem Spritzbeutel für Gebäck gemacht, um die grundlegenden Anforderungen an die Mörtelrezeptur zu ermitteln. Mittlerweile gelingt uns mit dem BauMinator die Erstellung von Strukturen mit Schichthöhen zwischen 4 bis 12 mm bei Schichtbreiten zwischen 12 und 35 mm. Überhänge können wir bis 70° fertigen und Lücken bis zu 100 mm frei und ohne Stützstrukturen überbrücken. Mit der Grundkonfiguration des BauMinators können wir beispielsweise Standardteile in einer Dimension von 600 x 600 x 1.000 mm in gerade einmal fünf Minuten erstellen. Schon nach zehn Minuten hat das Material so weit abgebunden, dass das Teil manipulierbar ist. Die geeignete Rezeptur aus Mörtel und Beschleuniger in Verbindung mit den Fertigungsparametern für den Bauprozess stellen das eigentliche Kern-Know-how dar“, schildert Artner die Leistungsfähigkeit des Systems. Derzeit werden Grau- oder Weißzement angeboten, der in den Festigkeitsklassen C25/30 und C55/50 verfügbar ist und einem Frost-Tau-Wechsel nach EN 1348 standhält.

Auch bionisch inspirierte Formen kann der BauMinator schnell und effizient erzeugen.

Auch bionisch inspirierte Formen kann der BauMinator schnell und effizient erzeugen.

Spezielle Wandschalungselemente, die später vergossen werden, ermöglichen völlig neue Designansätze in der Architektur.

Spezielle Wandschalungselemente, die später vergossen werden, ermöglichen völlig neue Designansätze in der Architektur.

Auch im künstlerischen Umfeld findet der BAuMinator seine Anwendung.

Auch im künstlerischen Umfeld findet der BAuMinator seine Anwendung.

Neue Ansätze für die Baubranche

Dabei geht es den Projektverantwortlichen von Baumit ausdrücklich nicht darum, durch die Erstellung von Betonteilen und Betonkomponenten im Markt aufzutreten, sondern sich auf die Kernkompetenz, nämlich der Bereitstellung von Baustoffen und Bauhilfsmitteln, zu konzentrieren. So kann der Baumit BauMinator als „Turn-Key-Lösung“ erworben werden, was Betonwerken und Komponentenherstellern die Möglichkeit eröffnet, Designelemente, Schalungskomponenten oder auch hochkomplexe Betonbauteile kostengünstig zu erstellen. „Auch in der Bauwirtschaft stehen die Bauträger und Betonteilhersteller häufig vor der Herausforderung, mit Geometrien konfrontiert zu werden, die sich konventionell nur schwer realisieren lassen. Meist handelt es sich dabei um architektonische Besonderheiten oder Einzelanfertigungen, für die in der Regel aufwendige Schalungen erstellt werden müssen“, geht Artner ins Detail und erklärt abschließend: „Beispielsweise komplexe Treppengeometrien können mit dem BauMinator als Schalenelement erstellt werden und auf der Baustelle dann mit Beton ausgegossen werden. Das minimiert den Transportaufwand und die Kosten für die erforderliche Schalung entfallen fast vollständig. Unsere Technologie wird die bestehende Technik im Betonbau nicht ersetzen, aber sicherlich sinnvoll ergänzen.“

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