interview
ExOne X1 160Pro: Wirtschaftlich in die Großserie mit Metall-Binderjetting von ExOne
Im Jahr 1995 gegründet, zählt ExOne zu den Weltmarktführern im 3D-Sand- und Metalldruck. In den 3D-Druckern von ExOne entstehen aus Pulvern – aus Metall, Sand, Keramik oder anderen Materialien – Präzisionsteile, Metallgussformen und -kerne sowie innovative Werkzeuglösungen. Mit dem neu eröffneten ExOne Adoption Center Metall ist das Unternehmen in der Lage, Prozesse zu Qualifizieren und auch Benchmark-Teile zur Verfügung zu stellen.
Das Interview führte: Georg Schöpf, x-technik
Ich bin überzeugt davon, dass im Metall-Binderjetting die Zukunft für die additive Serienfertigung von Metallteilen liegt. Eric Bader, Managing Director EMEA/I bei ExOne
ExOne Adoption Center
Nutzfläche:
• Sand-EAC: 1.800 qm
• Metall-EAC: 270 qm
Ausstattung Metall-EAC:
• 1x X1 160Pro Metall-BJ-System
• 2x Innovent+ Metall-BJ-Systeme
• 1x Entpulverungsstation
• 1x Härteofen
• 1x Sinter-Ofen
Geplante Erweiterung 2021:
• 1x Designlab und Ofen, Q4
• 1x X1 25Pro Metall-BJ-System, Ende Q4
Herr Bader, ExOne bietet Systeme und Lösungen für das Sand- und Metall-Binderjettingverfahren an. In der Vergangenheit gab es eine Aufteilung, dass Sandsysteme von Deutschland aus und Metallsysteme von den USA aus betreut wurden. Was wird sich diesbezüglich ändern?
Ja, das ist korrekt. Historisch lag der Fokus in den USA auf Metall und in Deutschland auf Sand. Mit der Einführung der neuen Generation an Metalldruckern wurde die strategische Entscheidung getroffen, in die Produktion der Systeme am Standort Gersthofen einzusteigen. Das beinhaltet auch den Aufbau eines Vertriebsteams und die Bündelung von Expertise im Bereich der Metallteilefertigung mittels Binderjetting. Das war letztlich auch die Geburtsstunde des Metall-EAC, also des ExOne Adoption Centers Metall. Was uns dabei besonders freut, ist, dass wir die Expertise aus unseren Sandsystemen in die Metallwelt übertragen konnten. Ergebnis ist die neue X1 160Pro. Entwickelt und gefertigt in Deutschland.
Im ExOne Adoption Center Metall können Materialien und Prozesse qualifiziert und auch Benchmark-Teile zur Verfügung gestellt werden.
Binderjetting eröffnet in der industriellen Fertigung ganz neue Perspektiven. Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile gegenüber anderen Technologien?
Neben der Materialvielfalt in den Bereichen Sand, Metall und Keramik, die wir mit unseren Systemen abdecken können, bietet das Binderjetting auch auf der Ergebnisseite viele Vorteile. Erwähnenswert sind da vor allem die hohe Materialdichte des fertigen Teils, die bei über 98 % liegt, die hohe Zugfestigkeit der Teile und vor allem die homogene Materialstruktur. Ein ganz besonderer Vorteil liegt in der hohen Produktivität des Verfahrens. Es ermöglicht die wirtschaftliche Fertigung höherer Stückzahlen.
Metall-Binderjetting ermöglicht eine Skalierung der Fertigung bis in die Großserie. So sind mit der ExOne X1 160Pro bei einer Teilegröße von 20 x 20 x 8,3 mm Stückzahlen bis 4,37 Mio. Teile p.a. realisierbar.
Schafft man mit dem Binderjetting den Sprung in die Serienanwendung?
Davon bin ich überzeugt! Ein wesentlicher Vorzug des Binderjetting ist, dass größere Stückzahlen bei gleichbleibenden Formgeometrien erzielt werden können. Die Technologie bietet eine gleichmäßige Fertigungsqualität im gesamten Bauraum. Das ist bei der Bereitstellung großer Stückzahlen ein Schlüsselfaktor. Im Sand-Umfeld sprechen wir da von bis zu 100.000 Stück pro Jahr im Automotive-Bereich. Wichtig dafür ist jedoch, Prozesse zu automatisieren und so für eine gleichbleibende Qualität zu sorgen. Das war und ist unser Fokus für 2021. Das bedeutet, im Sandbereich ist die Serienanwendung bereits Realität, im Bereich Metall stehen wir auf dem Sprungbrett.
Wesentlicher Bestandteil der Prozesskette im Metall-Binderjetting ist das nachfolgende Sintern, wodurch die Teile ihre endgültigen Materialeigenschaften erhalten.
Warum ist es für Sie so wichtig, das Thema Metalldruck auch hier am Standort Gersthofen abbilden zu können?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst einmal blicken wir auf 20 Jahre Erfahrung mit unserem EAC Sand zurück. Das gibt uns klare Auskünfte darüber, welche Bedarfe in unserem industriellen Umfeld vorhanden sind. Ein Adoption Center Metall mitten in Europa gibt uns die Möglichkeit, für ein großes Einzugsgebiet als Anlaufstelle für Kompetenz und Know-how zu fungieren. Hier können wir uns um die konkreten regionalen Bedarfe kümmern, Materialien und Prozesse qualifizieren und auch Benchmark-Teile zur Verfügung stellen. Außerdem sind wir in der Lage, unmittelbar die Technologien Sand- und Metall-Binderjetting gegenüberzustellen. Je nach Anwendungsspektrum ein enormer Vorteil. So kann beispielsweise gegenübergestellt werden, ob ein Direktdruck in Metall oder der Druck einer Sandform mit anschließendem Abgießen wirtschaftlich und/oder technologisch sinnvoller ist.
Welche Werkstoffe können mit dem Metall-Binderjetting verarbeitet werden?
Im Grunde kann man jede Legierung verwenden, die in Pulverform vorliegt und gesintert werden kann. So haben wir zusammen mit einem unabhängigen Labor zunächst sechs Einzellegierungen entlang der gesamten Prozesskette qualifiziert. Darunter unter anderem 316L und 17-4PH. Außerdem arbeiten wir aktuell an spezielleren Werkstoffen, wie Wolframlegierungen.
Für welche Industrien ist das Thema Metall-Binderjetting aus Ihrer Sicht besonders interessant?
Da gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte. Neben den allgemeinen Anwendungen adressieren wir die MIM-Industrie und auch Industrien, in denen Funktionsintegration eine Rolle spielt, oder bei denen kurze Durchlaufzeiten ein Erfolgsfaktor sind. Es ist aber wichtig, die Unternehmen dabei zu unterstützen, wie sie mit einem AM-gerechten Design die wirklichen Vorteile der Additiven Fertigung heben können. Mit dem Metall-Binderjetting sind wir beispielsweise in der Lage, die Grenzen der Bauteilgrößen im MIM nach oben zu verschieben und das bei einer bislang nie dagewesenen Geometriefreiheit. Die ideale Bauteilgröße liegt dabei zwischen Espressotasse und Kaffeetasse. Das gepaart mit der wirtschaftlichen Herstellung auch größerer Stückzahlen eröffnet neue Perspektiven in der additiven Metallteilefertigung.
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