anwenderreportage
Arburg freeformer 200-3X: Ein Schritt zur industriellen, additiven Serienfertigung
Die Mosca GmbH, eine der größten Anbieterinnen von Anlagen für Umreifungstechnik und Transportgutsicherung, kennt die Gegebenheiten eines Maschinenteilausfalls und deren Problematik durchaus. Bei der Erhebung von Prozessoptimierungen in diesem Bereich ist man auf die Additive Fertigung gestoßen, die außerdem die Herstellung von Bauteilen in geringen Stückzahlen bis hin zur Losgröße 1 zu günstigen Kosten ermöglicht.
Vollautomatische Umreifungsmaschine Evolution SoniXs MS-6 von Moska. (Bild: Mosca)
Shortcut
Aufgabenstellung: Wirtschaftliche Fertigung von über 100 Kleinserienteilen.
Material: PA10 (Nylon 10).
Lösung: Fertigungsmaschine Freeformer 200-3X auf Basis des AKF-Verfahrens.
Nutzen: Kostensenkung durch 3D-Druck on demand und Verwendung eines Standardmaterials, leichteres Bauteilgewicht, kürzere Ausfallzeiten, höhere Kundenzufriedenheit, verbesserte Produktentwicklung.
Jedoch passt nicht immer jede AM-Technologie auch mit den funktionalen sowie kundenspezifischen Anforderungen an Werkstoffen und Bauteilen überein. Als Mosca sich an Arburg wandte, wurde schnell klar, dass der freeformer noch sehr viel mehr konnte als erwartet. Mit dem Arburg Kunststoff-Freiformen (AKF) begann eine neue Innovationsstufe, die Wiederbeschaffungszeiten, Herstellkosten sowie den Lagerbedarf reduziert und eine mannlose Fertigung ermöglicht.
Unterschiedliche additiv gefertigte Serienbauteile. (Bild: Mosca)
Stefan Keßler
Innovations- und Technologiemanager bei Mosca GmbH
„Wir sehen ein großes Potenzial für den freeformer, wenn es darum geht, weitere Materialien zu qualifizieren und verschiedene Materialkombinationen auszuprobieren. Wir möchten damit auch Zwei-Komponenten-Bauteile fertigen.“
Prozessverbesserungspotenzial
Als Systemlieferant ist das Unternehmen stolz darauf, effizient, zuverlässig und kundenorientiert zu sein. „Wir haben weltweit mehr als 100.000 Umreifungsmaschinen installiert“, erklärt Stefan Keßler, der als Innovations- und Technologiemanager am deutschen Firmensitz von Mosca in Waldbrunn das Thema Additive Fertigung eingeführt hat. „Wir müssen die Anlagen unter allen Umständen betriebsbereit halten und unsere Kunden zufriedenstellen.“
Jede Maschine oder Anlage von Mosca wird aus über 2.000 einzelnen Bauteilen hergestellt. Sobald eines davon ausfällt, benötigt der Kunde umgehend Ersatz. Die Herausforderung liegt darin, das Teil in der geforderten Stückzahl (meistens eines) und in der geforderten Geschwindigkeit (meistens sofort) zu reproduzieren, sodass Mosca letztendlich zwei Optionen blieben: Erstens das Umrüsten der CNC-Anlagen, sodass diese währenddessen nicht mehr für andere Funktionen verfügbar sind und wodurch aufgrund der geringen Stückzahl hohe Kosten anfallen oder zweitens, das Auslagern der normalerweise zeit- und kostenaufwendigen Produktion von Serienteilen in kleinen Losgrößen, was wiederum zu hohen Kosten und langen Wiederbeschaffungszeiten führt. Vor diesem Hintergrund begann Keßler, sich mit der Additiven Fertigung und den damit erreichbaren wirtschaftlichen Vorteilen für Mosca zu beschäftigen.
Der freeformer von Arburg eröffnet durch sein offenes System eine große Vielfalt an Möglichkeiten in der industriellen Additiven Fertigung mit den bekannten qualifizierten Standardgranulaten und ohne teure Spezialwerkstoffe. (Bild: Arburg)
Infos zum Anwender
Die Mosca GmbH ist Systemlieferant, Entwickler und Hersteller von qualitativ hochwertigen Umreifungsmaschinen, Umreifungsbändern und Transportgut- Sicherungssystemen in professionellen und industriellen Anwendungen. Das Maschinenangebot reicht von Universalgeräten bis zu vollautomatischen Hochleistungsmaschinen, die sich in jede übergeordnete Automatisierungslinie einbinden lassen. Die Umreifungsbänder produziert Mosca in einer der modernsten Anlagen Europas. Das deutsche Familienunternehmen mit Stammsitz in Waldbrunn ist weltweit vertreten und hat 18 Niederlassungen, darunter sechs Produktionsstätten in Deutschland, Malaysia, Kanada und den USA. Mit kontinuierlichen Neuentwicklungen behauptet sich Mosca seit mehr als 50 Jahren als Qualitäts- und Technologieführer im Umreifungssektor.
Erfüllen der Festigkeitsanforderung
„Zuerst haben wir über 100 unterschiedliche Bau- oder Ersatzteile identifiziert, die für herkömmliche Methoden in der Herstellung zu kostenaufwendig oder zeitintensiv waren“, erläutert Keßler. „Dann galt es herausfinden, welcher 3D-Drucker diese Teile additiv so fertigen kann, dass sie unseren Festigkeitsanforderungen genügen.“ Hier kommt der freeformer ins Spiel. Die Maschine „Made in Germany“, die Standard-Kunststoffgranulate verarbeitet und sich sowohl für das Prototyping als auch die industrielle Additive Fertigung von Funktionsbauteilen eignet. Mit dem offenen System lassen sich originale Materialien verarbeiten, wie sie auch für das Spritzgießen eingesetzt werden.
Mit fortschreitendem Bewertungsprozess erkannte man bei Mosca schnell, dass der freeformer die Anforderungen an Festigkeit, Maßhaltigkeit und Geschwindigkeit erfüllen würde. So konnte mit der Fertigung von Serienbauteilen begonnen werden. Das AKF-Verfahren senkte die Kosten für die Kleinserienproduktion von einzelnen Bauteilen (1 bis 50 Stück) erheblich. Mosca konnte jetzt bei Bedarf über Nacht additiv fertigen und die Teile sofort versenden, anstatt Wochen oder Monate auf die Lieferung von Bauteilen zu warten.
„Wir drucken rund um die Uhr, auch am Wochenende“, erklärt Keßler. „Je nach Größe und Geometrie kann die Fertigungszeit für ein Bauteil weniger als drei Stunden betragen. So lässt sich eine Bandführung z. B. in 80 Minuten additiv fertigen und die Kosten in diesem Fall pro Bauteil um 66 Prozent reduzieren. Auch die Möglichkeit, komplexe, leichtere Bauteile zu produzieren, kann erheblich zur Senkung der Energie- und Transportkosten beitragen.“ Der freeformer ist mit rund 80 Prozent überwiegend für Produktionsteile ausgelastet, die übrige Nutzung konzentriert sich auf Prototyping, Produktentwicklung und Innovationen.
Kosten werden eingespart
Durch das Umgehen konventioneller Fertigungsverfahren und den Verzicht auf Outsourcing kann Mosca einzelne Bauteile zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten produzieren. Programmierzeiten an CNC-Anlagen spielen keine Rolle mehr, eine Über- oder zu geringe Maschinenauslastung gehören dank Additiver Fertigung „on demand“ der Vergangenheit an. „Das Auslasten der Anlage durch die Umstellung der entsprechenden Bauteile war anfangs eine große Herausforderung, da sich sowohl die Materialien als auch das Verfahren grundlegend von bekannten Verfahren unterscheidet. Allerdings konnten wir unter dem Einsatz unseres hervorragenden Konstruktions- und Fertigungsteams die Hürde nehmen und produzieren nun wie bereits erwähnt wirtschaftlich sowie rund um die Uhr“, meint Keßler. Zudem wurde früher der Großteil der betreffenden Bauteile entweder aus Aluminium oder Kunststoffen wie POM oder PE hergestellt. Heute werden die Komponenten im 3D-Druck aus einem PA10 (Nylon 10) gefertigt. Das Standardmaterial kann zu deutlich geringeren Preisen und von verschiedenen Lieferanten in gleicher Qualität bezogen werden. Eine weitere Herausforderung ist und bleibt das Etablieren eines „additiven Design-Mindsets“ um die vorhandenen Potenziale der Gestaltfreiheit und Funktionsintegration zu nutzen.
Ideale Aussichten
Der Schritt hin zur industriellen, additiven Serienfertigung, verbunden mit dem Tausch von Ersatzeilen „on demand“, steigert die Effizienz, verbessert die Beziehung zum Kunden und beseitigt Engpässe für das Produktionsteam. „Für unsere Kunden zählt nur, dass ihre Anlagen betriebsbereit sind. Sie benötigen sofort eine Lösung oder sie ziehen weiter“, erklärt Keßler. Die Integration des 3D-Drucks ist zu einer wichtigen Unterstützung der Geschäfte von Mosca geworden. Der freeformer ist seit Oktober 2019 in Betrieb.
Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig
Keßler zufolge wurde bisher lediglich an der Oberfläche gekratzt. Mit dem AKF-Verfahren sei viel mehr möglich. Er begründet dies mit der Designfreiheit und vielfältigen Möglichkeiten, die das offene System bietet. „Wir sehen ein großes Potenzial für den freeformer, wenn es darum geht, weitere Materialien zu qualifizieren und verschiedene Materialkombinationen auszuprobieren. Wir möchten damit auch Zwei-Komponenten-Bauteile fertigen.“
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