anwenderreportage

Arburg freeformer 200-3X: Was die Welt zusammenhält

Arburg freeformer für neuartige Klebeanwendungen bei tesa: Weltweit kennt fast jeder die Marke tesa und benutzt regelmäßig das gleichnamige Klebeband – den Tesafilm. Rund 75 % der selbstklebenden Systemlösungen sind jedoch industrielle Anwendungen. Am Stammsitz des Unternehmens in Norderstedt bei Hamburg, Deutschland, arbeiten rund 320 Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung. Sie entwickeln u. a. Haftkleber für Smartphone-Komponenten und untersuchen, welchen Mehrwert die Additive Fertigung mit dem freeformer bringen kann.

Ein AKF-Produkt der besonderen Art: Mit dem Rahmen aus Haftkleber lassen sich großflächige Smartphone-Glasabdeckungen sicher und abfallfrei verkleben. Die Schichtdicke liegt bei nur rund 300 µm. (Bild: Arburg)

Ein AKF-Produkt der besonderen Art: Mit dem Rahmen aus Haftkleber lassen sich großflächige Smartphone-Glasabdeckungen sicher und abfallfrei verkleben. Die Schichtdicke liegt bei nur rund 300 µm. (Bild: Arburg)

Infos zum Anwender

Tesa wurde 1882 von Paul C. Beiersdorf gegründet und gehört zu den weltweit führenden Herstellern von technischen Klebebändern und Klebesystemlösungen (mehr als 7.000 Produkte) für industrielle und professionelle Kunden sowie für Endverbraucher. 2001 ging tesa den Weg in die Eigenständigkeit – als 100 %ige Tochtergesellschaft der Beiersdorf AG. tesa beschäftigt 4.926 Mitarbeiter.

Die Anwendungen für verschiedene Industriebereiche wie die Automobilindustrie, die Elektronikbranche (z. B. Smartphones, Tablets), Druck und Papier, die Bauzulieferindustrie und Sicherheitskonzepte für einen wirkungsvollen Marken- und Produktschutz machen ungefähr 76 % des Umsatzes der tesa Gruppe aus (2019: 1.378,7 Millionen Euro). tesa arbeitet auch mit der pharmazeutischen Industrie zusammen, um medizinische Pflaster zu entwickeln. 24 % seines Umsatzes erzielt tesa am Endverbraucher- und Handwerkermarkt, wo 300 Produkte das Leben zu Hause und im Büro erleichtern.

„Anfangs wusste keiner, ob der freeformer Klebemassen ähnlich gut verarbeiten kann wie Kunststoffe. Deshalb haben wir uns zunächst für ein Mietmodell entschieden und arbeiten seit Juni 2019 in unserem Technologiezentrum mit einem freeformer 200-3X“, erklärt Frank Virus, Technology and Product Development bei tesa. „Unser Schwerpunkt liegt auf der Verfahrensentwicklung und Materialqualifizierung. Die Ergebnisse in der Pilotproduktion sind so vielversprechend, dass wir uns demnächst einen großen freeformer 300-3X anschaffen werden.“

Frank Virus und Technology Manager Manuel Bendeich haben sich zum Ziel gesetzt, modifizierte Natur- und Synthese-Kautschuke, die bei Raumtemperatur haftklebrig sind, für die industrielle Additive Fertigung zugänglich zu machen. Um diese Materialien im Arburg Kunststoff-Freiformen (AKF) verarbeiten zu können, war wichtige Vorarbeit erforderlich: Es galt, Rezepturen zu finden, mit denen sich die Klebstoffe granulieren lassen. Dazu wird z. B. die Oberfläche bestrahlt und physikalisch deaktiviert. „Das ist uns erstaunlich schnell und gut gelungen“, resümiert Frank Virus. Der freeformer verarbeite die verschiedenen Kleber-Granulate äußerst präzise und reproduzierbar. Besonders ist, dass der Fokus auf nur einer oder wenigen Schichten liegt. Bei einigen Produkten beträgt die Schichtdicke nur rund 300 µm. Weil dies ganz andere Parameter erfordert als die Fertigung herkömmlicher Kunststoffbauteile im AKF-Verfahren, musste ein eigener Standard für die Materialqualifizierung gefunden werden.

Mit den Haftklebern lassen sich z. B. Smartphone Komponenten verkleben. (Bild: tesa)

Mit den Haftklebern lassen sich z. B. Smartphone Komponenten verkleben. (Bild: tesa)

Freiformen neu gedacht

Manuel Bendeich dazu: „Unkonventionelles Denken und Arbeiten treibt uns durch das gesamte Projekt. Wir bekommen dabei einen fantastischen Support von Arburg! Die freeformer-Experten arbeiten wie wir in agilen Teams. Immer ist jemand zur Stelle, der uns bei der Anwendungsentwicklung mit Rat und Tat und kreativen Ideen weiterbringt. So können wir auf Augenhöhe intelligente, neue Lösungen erarbeiten und Pilotprojekte aufbauen.“

Für Qualitätstests werden die neuen Material-Rezepturen in schmalen Streifen gedruckt. Nach ersten Schnelltests wird mit einer Prüfmaschine mit konstanter Geschwindigkeit und Abzugswinkel die Kraft gemessen, die zum Abziehen des Klebefilms von verschiedenen Oberflächen wie ABS, Glas oder Aluminium erforderlich ist. Wird der Klebefilm auf Papier aufgetragen, lässt er sich zerstörungsfrei abheben und in Produkte verbauen. Großes Potenzial für additiv gefertigte Klebeprodukte sehen die tesa-Experten im sogenannten Glas Cover Molding von Smartphones. Herkömmlicherweise werden für die Verklebung der Glasabdeckung mit der Schale große, vollflächig beschichtete Platten in definierter Dicke bereitgestellt und daraus beidseitig klebende Rahmen ausgestanzt.

Die tesa-Experten Frank Virus (links) und Manuel Bendeich verarbeiten mit dem freeformer Haftkleber. (Bild: tesa)

Die tesa-Experten Frank Virus (links) und Manuel Bendeich verarbeiten mit dem freeformer Haftkleber. (Bild: tesa)

Abfallfrei und stoßdämpfend

Über 90 % des Ausgangsmaterials muss dabei als Abfall entsorgt werden. Würde man alternativ vier Stege stanzen, entständen Zwischenräume, in die Wasser, Staub oder Licht eindringen könnten. Eine deutlich nachhaltigere und ressourcenschonendere Alternative ist das AKF-Verfahren. „Damit könnten wir das Klebematerial abfallfrei zu 100 % im Produkt einsetzen“, ist Frank Virus überzeugt und möchte darüber hinaus mit Zusatzfunktionen Mehrwert schaffen: „Rezepturen mit geschäumten Schichten wirken stoßdämpfend und sorgen dafür, dass das Glas nicht so schnell bricht. Denkbar sind auch Tapes in Sandwich-Bauweise mit einer mittleren Schicht aus ABS oder PLA, die das Klebeband mechanisch verstärkt.“ Das AKF-Verfahren ist zwar deutlich langsamer als das Stanzen, jedoch entfällt der Zeit- und Kostenaufwand für Werkzeuge. Weil weniger Transportwege, Logistik und Zuführsysteme erforderlich sind, wird zudem der Gesamtprozess deutlich schlanker. Ein oder mehrere freeformer könnten stattdessen direkt in die vollautomatisierte Fertigungslinie integriert werden.

Dass die Klebemasse-Teststreifen ausgezeichnet auf der ABS-Grundplatte haften, belegt das Abziehen einer Folie als Schnelltest. (Bild: Arburg)

Dass die Klebemasse-Teststreifen ausgezeichnet auf der ABS-Grundplatte haften, belegt das Abziehen einer Folie als Schnelltest. (Bild: Arburg)

Geometrien beliebig variierbar

Neben der Nachhaltigkeit ist ein weiteres wichtiges Argument für den industriellen 3D-Druck die Möglichkeit, die dritte Dimension zu nutzen: Statt mit vordefinierten Materialstärken arbeiten zu müssen, lässt sich bei AKF-Bauteilen die Schichtdicke und Geometrie beliebig variieren – Stufen und Vertiefungen werden möglich. „Das eröffnet unseren Kunden ganz neue Designfreiheit“, betont Frank Virus. Seine Vision ist, dass die Kunden von tesa selbst freeformer in ihre Prozesslinien integrieren und dann die gewünschten Klebeprodukte direkt vor Ort additiv fertigen – mit kompletten Systemlösungen von tesa, die punktgenau auf die jeweiligen Anforderungen abgestimmt sind.

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