Lattice-Strukturen für optimalen Leichtbau

Durch die Additive Fertigung und die damit gewonnenen Freiheiten erfährt die seit Jahren bewährte Topologieoptimierung ein Revival. In der Topologieoptimierung wird, ausgehend vom verfügbaren Bauraum, das Material an den Stellen entfernt, an denen es den geringsten Beitrag zur Funktionalität des Bauteils leistet. Auf diese Weise entstehen Bauteilstrukturen, die an organisch gewachsene Formen erinnern: Baumgeäst oder Knochenstrukturen entwickeln sich aufgrund der anliegenden Belastungen zu einem effizienten Design. Diese Evolution kann – in beschleunigter Form – mit Konstruktionsalgorithmen in die Produktentwicklung übertragen werden.

Traditionelles und topologieoptimiertes Design sowie der 3D-gedruckte Greifer. (Bild: Wittmann Robot Systeme, Cadfem, Stratasys)

Traditionelles und topologieoptimiertes Design sowie der 3D-gedruckte Greifer. (Bild: Wittmann Robot Systeme, Cadfem, Stratasys)

Topologieoptimierung: Neben dem Bauraum und den Lasten sind das Optimierungsziel und Nebenbedingungen definierbar. Als Optimierungsziele können Nachgiebigkeiten/Steifigkeiten, Eigenfrequenzen, Volumen und Masse minimiert oder maximiert werden, wobei Nebenbedingungen wie Masse, Volumen, Spannungen oder Eigenfrequenzen zu erfüllen sind. So lässt sich beispielsweise eine Topologieoptimierung für minimale Nachgiebigkeit bei einer Reduktion des Bauraums um 80 % festlegen oder für eine minimale Masse bei einer vorgegebenen Nachgiebigkeit von 0,05 mm. Als Nebenbedingungen können zusätzlich unter anderem Symmetrie, minimale oder maximale Strukturgrößen und Entformungsrichtungen für Gussbauteile angegeben werden.

Optimierte Bauteilentwürfe für die Fertigung

Während der Analyse, die auf für den CAD-Einsatz üblichen Rechnern stattfindet, wird das Material schrittweise eliminiert, wobei der Fortschritt der Topologieoptimierung direkt verfolgt werden kann. Als Ergebnis erhält der Konstrukteur einen Designvorschlag, der die gegebenen Anforderungen optimal erfüllt. Dieser steht nicht nur als dreidimensionale Darstellung zur Verfügung, sondern kann direkt als CAD-Modell weiterverwendet werden. Zusätzliche Funktionen zum Glätten der Geometrie und zum Verschmelzen mit Anschlussbauteilen sind ebenfalls verfügbar. Die so optimierten Bauteilentwürfe lassen sich mit konventionellen Verfahren herstellen, sind aufgrund der organischen Bauteilformen allerdings prädestiniert für die Additive Fertigung.

Lattice-Optimierung: Durch den schichtweisen Aufbau während der Additiven Fertigung können die oft komplexen Geometrien ohne zusätzlichen Aufwand realisiert und das lastgerechte Bauteil nahe am Optimum kostengünstig gefertigt werden. Dieser Fertigungsvorteil bietet die Möglichkeit, einen weiteren Freiheitsgrad innerhalb der Bauteilgeometrie systematisch zu nutzen: Ähnlich wie in der Knochenstruktur die Dichte aufgrund der Lastpfade durch eine variable Innenstruktur angepasst ist, lässt sich auch in technischen Produkten mit hohem Anspruch an das Leichtbaupotenzial die Innenstruktur variabel gestalten.

Lastpfade bestimmen die Innenstruktur

Die Feinstruktur besteht dabei aus einem Fachwerk (Lattice), das in seiner Dimensionierung (Dichte der Knotenpunkte, Stärke der Fachwerkselemente) durch die Lastpfade definiert wird. Auf diese Weise lässt sich die äußere Form von der steifigkeitsgebenden Innenstruktur entkoppeln und nach unterschiedlichen Kritierien gestalten. So kann beispielsweise für Fahrwerkkomponenten im Motorsport die Lattice-Struktur im inneren nach Steifigkeitsgesichtspunkten dem Lastpfad folgen, während die äußere Form jedoch nach Strömungsaspekten gestaltet wird. Analog können zum Beispiel in der lebensmittelverarbeitenden Industrie gut zu reinigende Außenformen mit lastgerechten Innenstrukturen kombiniert werden. Durch das Umhüllen der steifigkeitsgebenden Struktur steigen darüber hinaus auch die Akzeptanz der oft ungewohnt anmutenden Topologien und auch der Fälschungsschutz innovativ entwickelter Bauteile.

Prozesssimulation: Simulationswerkzeuge führen jedoch nicht nur zu optimalen Bauteilgeometrien, sondern sichern auch die Qualität von anspruchsvollen Herstellprozessen. Speziell die Additive Fertigung – die im Prinzip ja ein Bauteil fertigt, das im Falle des Selektiven Laserschmelzens in seiner Gesamtheit einer einzigen Schweißnaht entspricht – stellt neue Anforderungen an Wissen und Erfahrung, die durch Simulationen ideal ergänzt werden können. Durch das Aufschmelzen von Material, das Abkühlen und Schrumpfen, durch den schichtweisen Aufbau sowie durch den mechanischen aber auch thermischen Einfluss von Stützgeometrien kommt eine Vielzahl von Einflussfaktoren zusammen, die die Qualität dieses recht jungen Fertigungsverfahrens stark beeinflusst. Dadurch ergeben sich oft Unsicherheiten bezüglich der erzielbaren Maßhaltigkeit, der sich einstellenden Mikrostruktur (wie Dichte und Gefüge) sowie der zu wählenden Prozessparameter.

Vorbild für die Lattice-Strukturen ist die Evolution, hier die variable Mikrostruktur in einem Knochen. (Bild: iStockphoto/oonal)

Vorbild für die Lattice-Strukturen ist die Evolution, hier die variable Mikrostruktur in einem Knochen. (Bild: iStockphoto/oonal)

Vielseitigkeit von Stützstrukturen

Simulationen können helfen, diese Unsicherheiten zu eliminieren und geeignete Prozessparameter zu identifizieren. Neben den Druckparametern ist die Wahl einer geeigneten Stützgeometrie ein wichtiger Einflussfaktor. Sie stützen nicht nur überhängende Bauteilbereiche, sondern sorgen auch für eine lokale Wärmeabfuhr und haben so eine thermomechanische Wirkung. Solche Stützgeometrien lassen sich automatisiert erzeugen, beispielsweise mit variablem Abstand oder variabler Wandstärke, die so angepasst wird, dass sich Eigenspannungen und Verzug verringern. Darüber hinaus lässt sich der berechnete, unvermeidliche Verzug am Bauteil anhand von Geometrieänderungen so kompensieren, dass trotzdem eine hohe Maßhaltigkeit mit diesem Herstellungsprozess erzielbar ist. Durch die Prozesssimulation lassen sich Fehldrucke vermeiden und die Qualität der additiv gefertigten Bauteile verbessern.

Alle drei Komponenten – die Topologieoptimierung zur äußeren Formfindung, die Lattice-Strukturen für die innere Feingestalt und die Prozesssimulation der Additiven Fertigung – integriert zu betrachten und aufeinander abzustimmen, führt zu einem Design für Additive Manufacturing (DfAM). Um diese Methodik im Entwurfs- und Produktentstehungsprozess einzusetzen, werden die einzelnen Arbeitsschritte eng verzahnt und in einen logischen Workflow integriert. Auf diese Weise wachsen Ingenieurwissen, Simulationstechnologie und Fertigungs-Know-how zusammen, um den Leichtbau auf eine neue Stufe zu stellen.

„Wir unterstreichen unsere Aktivitäten im Bereich der Additiven Fertigung dadurch, dass der Bereich auch personell ausgebaut werden soll. Wir suchen konkret nach Berechnungsingenieuren oder Maschinenbauingenieuren mit Affinität oder ersten Erfahrungen in der numerischen Simulation. Der Bereich Additive Fertigung ist für uns ein strategisch enorm wichtiges Feld. Sowohl auf der Entwicklungsseite als auch im Bereich der Projektbetreuung suchen wir motivierte Mitarbeiter“, lädt Erke Wang, Geschäftsführer bei Cadfem, zur Mitarbeit ein.

Die mit der Numerischen Simulation optimierte Lattice-Struktur führt zu einer variablen Dichte in technischen Bauteilen. (Bild: Cadfem).

Die mit der Numerischen Simulation optimierte Lattice-Struktur führt zu einer variablen Dichte in technischen Bauteilen. (Bild: Cadfem).

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