Hexagon Additive Designer: Erfolgsfaktor Software
SLM Solutions Software GmbH schließt Lücke zwischen Mensch und Maschine: Ursprünglich wollte man bei CADS mit dem Additive Designer nur eine Software bereitstellen, die es Chirurgen ermöglicht Implantate für Operationen einfach und ohne CAD-Kenntnisse zu entwickeln. Durch ein Joint-Venture mit dem Anlagenhersteller SLM Solutions wurde daraus eine Software-Suite, welche die in der Datenaufbereitung für die Additive Fertigung bislang bekannte Grenzen sprengt und unter der Firmierung SLM Solutions Software auf den Markt kommen wird. Von Georg Schöpf, x-technik
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Wolfgang Höller
Geschäftsführer der SLM Solutions Software GmbH und CADS GmbH
„Unser Anspruch ist es, der Industrie Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen Sie die Additive Fertigung einfacher, besser und wirtschaftlicher in ihren Gesamtprozess integrieren können. Die Additive Intelligence Suite bietet all das in einer komfortablem Bedienumgebung.“
Seit 2006 wird in der CADS GmbH, im oberösterreichischen Perg, Software für die Fertigungsindustrie entwickelt. „Schwerpunkt unserer Entwicklungen waren immer Lösungen für das Collaborative Engineering. Als PTC Gold-Entwicklungspartner (Anm.: seit 2008) haben wir rund um die PTC Produkte unsere EPS Lösung entwickelt, die es ermöglicht, Daten unterschiedlichster CAD-Umgebungen in Mockups gemeinsam abzubilden und dabei immer auf die Originaldaten zuzugreifen. Das beschleunigt bei Änderungsanforderungen den Abgleich ungemein, weil alles just in time erfolgt“, erklärt Wolfgang Höller, Geschäftsführer der CADS GmbH. Wie wichtig die Möglichkeit ist, Änderungen schnell und mit Rückgriff auf die Originaldaten durchführen zu können beschreibt er am Beispiel eines Baugruppenmodells mit über 100.000 Einzelkomponenten. Bei diesem kann eine Änderung durch Aus-checken eines Teiles aus der Baugruppe, der nötigen Bearbeitung und dem anschließenden Wiedereinchecken allein Vorgangsbedingt manchmal mehrere Stunden in Anspruch nehmen, bis die Kollegen überhaupt mitbekommen, dass eine Änderung stattgefunden hat. Mit dem System von CADS lässt sich der Vorgang auf die reine Änderungszeit beschränken, die oft im Minutenbereich liegt. Sobald die Änderung stattgefunden hat, steht sie sofort allen Beteiligten zur Verfügung und muss nicht umständlich separat kommuniziert werden. An etwa 6.000 Nutzerplätzen weltweit kommt die Lösung in der Industrie zum Einsatz und ermöglicht es Industrieunternehmen in der Konstruktion wirtschaftlicher zu entwickeln.
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Michael Hofer
Geschäftsführer der MostTech Technologieagentur
„Das Joint Venture zwischen der CADS GmbH und der SLM Solutions Group AG bietet die ideale Kombination für das Zusammenwirken von Software und Maschine. Dadurch entsteht ein durchgängiges Lösungskonzept für eine wirtschaftliche Maschinenbedienung.“
Individuelle Branchenlösungen
Zusätzlich zu diesen für die Industrie sehr wichtigen Funktionalitäten kümmert man sich bei CADS aber auch um die Entwicklung spezifischer Branchenlösungen. So entstand in Kooperation mit dem Weltmarktführer in der Traumatologie die Entwicklung des Vorläufersystems des Additive Designers. „Die Aufgabenstellung klang schon fast wie Science Fiction. Aus den Daten bildgebender Verfahren wie der Computertomografie sollte die Lösung für die Behandlung von Knochenbrüchen und Splitterfrakturen die für die Operation erforderlichen Platten zur Verstärkung der Bruchstelle generieren. Der Chirurg sollte dabei die Möglichkeit haben, mittels einfacher Ziehfunktionen die ideale, patientenspezifische Platte zu erzeugen, ohne ein entsprechendes Designprogramm beherrschen zu müssen. Er sollte Unterstützung für die Positionierung von Schrauben bekommen und die Platte sollte sich an die jeweilige Knochengeometrie selbständig anpassen. Am Ende sollte ein CNC-Programm ausgegeben werden, mit dem die Platte auf einem Bearbeitungszentrum gefräst wird. Zusätzlich sollten Positionen und Werte für die Qualitätssicherung (Taktil und mittels 3D-Scanner) bereitgestellt werden. Ein rundum-sorglos-Paket sozusagen“, geht Höller ins Detail. Zu diesem Zeitpunkt stand die Additive Fertigung noch gar nicht im Blickpunkt des Unternehmers.
Ungewöhnliche Wege
Da es schwierig war, auf der Basis bestehender CAD-Systeme eine derartig intuitive Vorgehensweise zu programmieren, suchten die Oberösterreicher nach einer Alternative. Diese fand man schließlich in einer Game-Engine, welche die erforderliche Parametrisierbarkeit lieferte und dennoch flexibel genug war, um die notwendige Bedienerfreundlichkeit zu erzielen. So entstand in der Zeit zwischen 2009 und 2015 Panda – Ein selbstentwickeltes CAD-System, das genau auf diese Anforderungen abgestimmt war. „Natürlich standen wir immer noch vor der Herausforderung, dass die Herstellung patientenspezifischer Implantate und Operationsplatten sich an einem Knochen orientieren soll, der durch die Beschädigung im Bruchbereich manchmal fast gänzlich fehlt. Hier konnten wir mit uns an einem statistischen Mittelwert orientieren, der uns hilft, zumindest die Zielgeometrie zu ermitteln. Trotzdem blieb das Problem, dass so manches gewünschte Implantat mit herkömmlichen Mitteln kaum herzustellen ist. Da kommt die Additive Fertigung ins Spiel. Durch das Laserschmelzverfahren für Metalle ist man in der Lage auch Implantatgeometrien zu fertigen, die hochkomplex sind und mit der Fräsbearbeitung nicht herstellbar waren."
Starke Kooperationspartner
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt wurde der Lübecker Maschinenhersteller SLM Solutions durch dessen österreichischen Vertriebspartner MostTech und insbesondere durch dessen Geschäftsführer Michael Hofer auf die österreichische Softwareschmiede aufmerksam. Man suchte nach einer Lösung, um den Maschinennutzern den Übergang vom digitalen Modell in die Maschine zu erleichtern. „In der Additiven Fertigung, insbesondere auch beim SLM-Verfahren, steht der Maschinennutzer vor der Anforderung das Bauteil günstig im Bauraum zu orientieren. Er muss sich Gedanken darüber machen, wie er das Teil am besten orientiert, um so wenig Verzug wie möglich zu bekommen. Außerdem gilt es, eine Lage zu finden, bei der möglichst ideale Bedingungen hinsichtlich der verwendeten Supportgeometrien bestehen. Denn diese sollten nur dort sein, wo sie wirklich gebraucht werden, und auch so angebracht sein, dass man sie gut entfernen kann. Dass dabei möglichst Material und Bauzeit gespart werden soll, kommt noch hinzu. Dafür gibt es im Markt zwar Lösungen, diese erfordern aber meist tiefes technisches Verständnis“, weiß Michael Hofer, Geschäftsführer der MostTech Technologieagentur und ergänzt: „Die Datenaufbereitung ist ein Bereich der gerne unterschätzt wird. Dabei kann man gerade dort unglaublich viel Zeit und Geld gewinnen.“
Für SLM Solutions war CADS der Wunschkandidat für die Entwicklung einer Software-Suite zur Datenaufbereitung. Durch die umfangreiche Erfahrung mit allen gängigen CAD-Systemen, langjähriger Erfahrung in der Programmierung von Schnittstellen, der zur Verfügung stehenden grafischen Umgebung aus Panda, und mit der vor Ort gegebenen Infrastruktur waren sämtliche erforderlichen Grundbedingungen gegeben. „Für uns war es wichtig, die Lösungspartnerschaft mit SLM Solutions in Form eines Joint Ventures zu realisieren, damit wir auch unser Know-how aus dem Bereich der Systemlösungen im CAD-Umfeld mit einbringen können. Dadurch ist gewährleistet, dass wir auch im Bereich der Schnittstellen zu CAD-Anbietern die maximale Flexibilität erzielen können“, bemerkt Höller.
Das Ergebnis der Kooperation, die 2015 begann, ist die Additive Intelligence Suite. Dieses Softwarepaket beinhaltet zahlreiche Funktionen, die die Arbeitsvorbereitung und den Maschinenbediener bei der Aufbereitung der Daten für den eigentlichen Bauprozess umfangreich unterstützt. „Das System unterstützt die Prozessverantwortlichen bei der Platzierung und Positionierung des Bauteils im Bauraum und ermöglicht es, die Ausrichtung nach Kriterien wie Oberflächengüte, thermischen Spannungen oder hinsichtlich der Minimierung von Supportstrukturen zu gestalten. Der Arbeitsvorbereiter wird dabei über farbliche Hinweise unterstützt und kann somit intuitiv die für ihn beste Ausrichtung durch einfaches Bewegen des Bauteils ermitteln, ohne die einzelnen Kriterien vorab quantitativ vorgeben zu müssen. Und das alles in Echtzeit. Doch die Additive Intelligence Suite geht noch einen Schritt weiter. So rückt die begleitende Datenverwaltung, die Versionierung von Bauprozessen und die Auftragsabwicklung, beginnend von der Kundenanfrage, bis hin zur Auslieferung des wärmebehandelten und final gefrästen Bauteils ins Zentrum der Softwarelösung. Denn nur, wer den Gesamtprozess im Auge hat, und diesen entsprechend organisiert Aufbereiten kann, hat die Nöte der fertigenden Industrie verstanden“, so der Geschäftsführer weiter.
Wachstumskurs
Die wohl größte Herausforderung für das Unternehmen liegt jetzt darin, die Suite weiterzuentwickeln und dafür zu sorgen, dass trotz stetig wachsendem Leistungsumfang die Qualität erhalten werden kann. „Um eine stabile Grundlage für den Betrieb und den Service der Lösung auch im Rahmen einer webbasierten Lösung anbieten zu können, haben wir viel im Bereich der Infrastruktur investiert. Wir haben neben einem Entwicklungs- und Democenter auch ein neues Rechenzentrum auf die Beine gestellt, das allen Anforderungen hinsichtlich Zuverlässigkeit und Redundanz gerecht wird. Niemand kann es sich heute leisten, dass die Arbeit aufgrund von IT-Problemen zum Stillstand kommt. So haben auch wir schon frühzeitig dafür gesorgt, dass alle unsere Systeme doppelt abgesichert sind. Was jetzt als nächster Schritt hinzu kommt ist, dass wir auch unsere Personalsituation ausbauen werden“, meint Höller und hofft, in der nahen Zukunft die geeigneten Mitarbeiter zu finden, um die derzeit 34-köpfige Mannschaft mit zusätzlichen Kollegen zu unterstützen. „Ich weiß, dass es nicht einfach sein wird, diese neuen Mitarbeiter zu finden und freue mich deshalb auf jede Bewerbung. Wir haben in unseren neuen Räumlichkeiten auch viel unternommen, um einen attraktiven Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können. Uns ist bewusst, dass nur dann außergewöhnliche Leistung und Kreativität möglich ist, wenn das Umfeld stimmt“, meint der Geschäftsführer abschließend mit einem Augenzwinkern.
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