gastkommentar

Die Auswahl des wirklich „Richtigen“ für den Betrieb

Richtige Personalauswahl und Ausbildung für die Additive Fertigung: Mit dem Einzug der 3D-Drucker in die Produktionshallen wird sich wieder die eine oder andere Anforderung an die Mitarbeiter ändern. Kenner und Könner am Markt sind rar und teuer. Ein intelligenter Personalauswahlprozess hilft, potenziell geeignete Kandidaten sicher zu identifizieren. Gastkommentar von Heidy Bachmann. Sie ist Diplom-Mathematikerin und berät in der DACH-Region Betriebe und Behörden bei der Personalauswahl unter der Bezeichnung „Intelligenz System Transfer Dreilinden“.

Grundsätze der Personalauswahl haben direkten Einfluss auf die Gestaltung und den Erfolg eines Betriebes. Intelligente Auswahlprozesse mit objektiven Messverfahren helfen, die Risiken von Fehlbesetzungen überschaubar zu machen.

Heidy Bachmann, Diplom-Mathematikerin und Beraterin bei der Personalauswahl in der DACH-Region

Grundsätze der Personalauswahl haben direkten Einfluss auf die Gestaltung und den Erfolg eines Betriebes. Intelligente Auswahlprozesse mit objektiven Messverfahren helfen, die Risiken von Fehlbesetzungen überschaubar zu machen. Heidy Bachmann, Diplom-Mathematikerin und Beraterin bei der Personalauswahl in der DACH-Region

Infos zu Mariä Lichtmess

Mit dem 2. Februar begann das „Bauernjahr“: jetzt konnte je nach den Umständen die Feldarbeit wieder beginnen. Hier endete auch das Dienstboten- und „Knechtsjahr“: Das Gesinde bekam den Rest seines Jahreslohnes ausbezahlt und konnte – oder musste – sich eine neue Dienststelle suchen. Meist wurde per Handschlag aber nur das bestehende Arbeitsverhältnis um ein weiteres Jahr verlängert.

In jenen Zeiten, in denen manches besser war als heute, gab es zwei Szenarien bei der Verpflichtung von Magd oder Knecht: Einerseits gab es nahezu menschenleere Landstriche, in denen mörderische Kriege oder Seuchen gewütet hatten. Da war die Anzahl gesunder Arbeitskräfte auf ein Minimum gefallen. Hier musste ein Aufgebot mit List, Geld und Tücke oder gar Gewalt angelockt werden, um am Ende doch noch ein paar Hilfen finden zu können.

Es gab aber andererseits auch Gegenden, in denen es sehr viele Arbeitssuchende, jedoch nur wenige zahlungsfähige Dienstherrschaften gab. Wer Arbeit zu vergeben hatte, wurde von allen Seiten bedrängt. Oft blieb Arbeitswilligen dann nur die Wahl, „in die Fremde“ zu ziehen. Zu wenige oder zu viele Bewerber – beides war besonders bedrückend, wenn wieder einmal der 2. Februar nahte, also der kritische Tag der Bediensteten, die an diesem Tag auszutauschen waren. Das war das Fest Mariä Lichtmess.

Angebot und Nachfrage

Heute würde man zu wenige wie auch zu viele freie Arbeitskräfte als Wirtschaftskatastrophe ausrufen: Struktureller Fachkräftemangel samt Ausbildungslücken – das bedroht angeblich unsere Wirtschaft, unseren Export, mindert unsere Produktionssicherheit. Das ist besonders destruktiv, weil sogenannte Fachkräfte-Wüsten oft in unmittelbarer Nachbarschaft von Überflussgebieten liegen.

Im Gegensatz dazu führt eine Bewerberschwemme zu einem anderen Jammern auf höherem Niveau: Was, wenn man es mit zu vielen Über- oder Unterqualifizierten zu tun hat? Wer die Wahl hat, hat bekanntlich die Qual. Kann man auf einen kostspieligen Auswahlprozess verzichten, oder würde man daran gehen, die allerbeste Nadel im Heuhaufen zu finden? Aber wie?

Quelle: Heinz Schuler, Psychologische Personalauswahl: Einführung in die Berufseignungsdiagnostik, Hogrefe Verlag, 2014

Quelle: Heinz Schuler, Psychologische Personalauswahl: Einführung in die Berufseignungsdiagnostik, Hogrefe Verlag, 2014

Die Nadel im Heuhaufen

Viele neue Mitarbeiter in der Additiven Fertigung werden derzeit intern aus konventionellen Produktionsbereichen angeworben. Die Betroffenen werden durch „Learning By Doing“ Schritt für Schritt eingearbeitet oder bei den Lieferanten – Maschinen- und Anlagenanbietern – ausgebildet. Das ist teuer, hat aber den Vorteil, dass man seine Leute bereits länger kennt und weiß, was man von dem Einzelnen zu erwarten hat. Schlimmstenfalls investiert man vergebens Zeit und Geld in die Ausbildung oder reißt Lücken in andere Fertigungsbereiche.

Eine beliebte Variante: externe Fachkräfte vom Arbeitsmarkt „rekrutieren“. Das Wort passte eigentlich besser, wenn es um Auszubildende ginge. Im Falle bereits einsatzfähiger Fachkräfte ist es leider aufwendig und überdies kniffelig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Woran erkennt man denn nun den tatsächlichen „Spezialisten“ und woran den „Blender“?

Wie einst vertrauen heutige Personalentscheider immer noch gern auf ihre ganz besondere „Menschenkenntnis“ oder nehmen einfach den Erstbesten auf Probe. Das Ergebnis ist nicht selten fatal: Die Umstellung der Produktion auf 3D-Druck-Verfahren bringt nicht die erwarteten Ergebnisse und bewährte Leistungsträger werfen genervt das Handtuch.

Es gibt einen dritten Weg: Abwerbung. Erfolgshungrige, ausgebildete Fachkräfte stehen auf der Jagdliste sogenannter Head-Hunter. Sie sieben sich durch die meist geheim gehaltenen Personallisten der Branche. Maschinenanbieter und industrienahe Dienstleister beklagen bereits die in Wellen auftretende Personalpiraterie („PP“). Für manchen Betrieb wurde auf diese Weise ein guter Ausweg aus der Fachkräftemisere gefunden – die oft ohnehin nur eingebildet ist.

„Irren ist menschlich“

Das Bewerbungs- oder Einstellungsgespräch ist nach wie vor in den meisten mittelständischen Unternehmen die vorrangige Erkenntnisquelle. Der „cv“ ist immer noch der Lebenslauf, dessen Angaben mit dem Gesprächsergebnis verglichen werden. Nicht immer mit den richtigen Schlussfolgerungen:

Mancher Bewerber erscheint auf den ersten Blick fachkundig, eloquent, intelligent, flexibel – oder eben nicht. Solche subjektiven Einschätzungen fräsen sich in das Gedächtnis und prägen das Bild des Bewerbers. Diese Prägung bleibt selbst dann noch bestimmend, wenn keines der anfangs beobachteten Merkmale im Betriebsalltag feststellbar ist. Das ist der „Primacy-Effekt“: Die Erinnerung bevorzugt die früheren vor den späteren Eindrücken.

Dazu tritt noch der nicht minder bekannte „Hallo-Effekt“, der alle Wahrnehmungen unter einem Begriffsschirm bündelt. Da wird gnadenlos vereinfacht, glattgebügelt und gestrafft, sodass man am Ende die eigenen Beobachtungen für logisch und plausibel halten kann. Aus den wenigen verfügbaren Informationen konstruiert das Gehirn die bestmögliche Geschichte. Und die wird geglaubt, wenn es eine halbwegs gute Geschichte ist.

Da verwundert es nicht, das sich manch anfangs schöner Schwan im betrieblichen Miteinander als hässliches Entlein entlarvt – oder im besseren Fall auch umgekehrt.

Auch die Jobsuchenden entwickeln kleine Tricks, Winkelzüge und sogar komplexe Strategien, um zu überzeugen. Eine Studiengruppe an der Universität Bonn konnte belegen (2014), dass sich Kandidaten im Bewerbungsgespräch systematisch nach taktisch klugen Regeln darzustellen versuchen. Meistens hatten sie dabei Erfolg: Die meiste Sympathie erntete, wer pointiert bescheiden auftrat. Am zweitbesten stand am Ende da, wer sich kompromisslos aufs Einschmeicheln verlegt hatte. Dagegen erreichten Kandidaten mit überzogenem Selbstlob nur geringe Sympathiewerte.

Zu hinterfragen bleibt in jedem Fall, ob der sympathischste Bewerber mit der passendsten Story für die ausgeschriebene Position zumindest durchschnittlich geeignet ist. Ungewiss ist nämlich, ob sich der Bewerber später auch im Betrieb an seine Geschichte hält und die gefragten Eigenschaften im Betriebsalltag ausspielen kann. Nur weil jemand schneidig Begriffe aus der Additiven Fertigung fehlerfrei aufzählen kann, muss er noch lange nicht ein wirklicher Experte sein. Fehlbesetzungen werden leider häufig mit unvorhersehbaren, äußeren Umständen und weniger als Folge einer vorangegangenen fehlerhaften Personalentscheidung erklärt. Vereinbarte Probezeiten werden dadurch selten konsequent genutzt.

Optimales Recruiting

Gerade bei Fachkräftemangel sollte man im Recruiting auf Qualität bestehen, auch wenn die Zeit drängt und das Budget beschränkt ist. Ein treffsicherer Auswahlprozess ist nicht so aufwendig wie mancher befürchtet: Beginnen Sie mit einer sachlichen Anforderungsanalyse, denn die Wahl des richtigen Messverfahrens hängt im Wesentlichen von den konkreten Eignungsmerkmalen und Verhaltensmustern für die entscheidende Arbeitstätigkeit ab. Je konkreter, desto besser.

Holen Sie mit einer offenen und breit gestreuten Ausschreibung möglichst viele Bewerber an Bord – auch fachfremde und Personen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen und Fähigkeiten. Diese sortieren Sie nur grob vor – je mehr Kandidaten in ihre Auswahl kommen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, einen „wirklich Guten“ zu finden.

Kombinieren Sie möglichst mehrere Verfahren, die zu einer guten Trefferquote beitragen könnten. Zu den aussichtsreichsten Leistungsträgern könnte die folgende Vorgehensweise führen:

Durchführen eines messtechnisch fundierten, objektiven Leistungstests, um kognitive Fähigkeiten, das Lernpotenzial, Lernbereitschaft und aktives Lernverhalten abschätzen zu können. Eventuelles Durchführen zusätzlicher messtechnisch fundierter Verfahren oder Arbeitsproben, um weitere gewünschte Eigenschaften und Potentiale kennen zu lernen.

Durchführen einer direkten mündlichen Befragung mit festen Fragen zu fachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten in der Additiven Fertigung, zur Arbeitssituation sowie zur Motivation und Leistungsbereitschaft – sowie Bewerten der Kandidaten nach zuvor festgelegten Regeln mittels eines Auswertetableaus.

Die Verfahren und die Befragung können erfahrungsgemäß an einem Tag durchgeführt und ausgewertet werden. Die Bewerber erhalten dann auch umgehend die Erläuterung ihrer Ergebnisse. Auf Grundlage der Ergebnisse können Ziele und Maßnahmen für die Einarbeitung bzw. die Ausbildung mit dem – auch fachfremden – Mitarbeiter in die neuen Fertigungsverfahren des 3D-Drucks besprochen und der Arbeitsplatzbedarf für die Einarbeitungszeit abgeleitet werden. Besonderes Augenmerk sollte dem Thema Probezeit gewidmet werden.

Personalauswahl nach DIN 33430

In Deutschland bietet die DIN 33430 seit 2002 einen Qualitätsmaßstab und Bewertungsrahmen für psychologische Messverfahren und deren Einsatz in beruflichen Eignungsentscheidungen. Sie definiert Methoden und Anforderungen bei der Personalauswahl und der Eignungsbeurteilung. Da die Auswirkungen von Personalentscheidungen nur langfristig und manchmal gar nicht beobachtbar sind, werden immer wieder völlig ungeeignete Auswahlverfahren und Tests missbräuchlich angeboten und eingesetzt. Die Anwendung der DIN-Norm im Auswahlprozess erweist sich deshalb für fast jeden Betrieb als kostensenkend und qualitätssteigernd.

Praktische Hilfestellung bei der Einführung eines betrieblichen Auswahlverfahrens und der zielführenden, psychologischen Messverfahren bietet das Potsdamer Psychodiagnostische Zentrum e.V. Hier wird die Konformität des Auswahlverfahrens mit den Anforderungen der DIN 33430 für die Zertifizierungsgesellschaft DIN CERTCO geprüft, erläutert und bescheinigt. Denn eine nachweislich hohe Treffsicherheit und Fairness schützen künftig nicht nur vor Fehlinvestitionen bei der Einstellung, sondern auch vor Gericht. Es rechnet sich meistens, vor Auftragserteilung eine kurze Bewertung des Psychodiagnostischen Zentrums in Potsdam einzuholen.

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land