gastkommentar

Die drei Dimensionen und das technische Ideal

Nur drei Dimensionen? In der Personalauswahl ist man noch lange nicht so weit. Ein beliebter süddeutscher Automobilhersteller hantiert stolz mit mehreren Dutzend „psychologischer“ Dimensionen vorgeblicher Eignungstests, die man sich jeweils nach Bedarf selber zusammenstellen soll. „Psychologisch“ steht in Gänsefüßchen, weil wohl eigentlich p s y c h i s c h e Dimensionen gemeint sind.

Heidy Bachmann berät mit ihrer Firma Intelligenz System Transfer Dreilinden Betriebe und Behörden bei der Personalauswahl.

Heidy Bachmann berät mit ihrer Firma Intelligenz System Transfer Dreilinden Betriebe und Behörden bei der Personalauswahl.

Ansonsten gibt es zahlreiche Variationen von 3-r-Prüfungen (englisch: tests), die an die Aussprache r-eading, r-iting, r-ithmetic erinnern. Gemeint ist das Lesen, Schreiben und Rechnen, zu dessen Prüfung eine große Menge Aufgaben und Prüfbogen in den Schulen bereitliegen. Nur Schulbürokraten werden die 3-r für Dimensionen der Kulturtechnik halten. Es sind natürlich nicht die Dimensionen der Kultur. Genauso ist es mit der Eignung, die man mit noch so vielen Dimensionen auch nicht annähernd zutreffend beschreiben kann.

Ingenieurstypischer Pragmatismus zeigt sich in der Eignungslehre klassischer Psychologen. Sie bestehen darauf, dass Eignung direkt am Menschen zu messen ist. Ihnen geht es um Messgenauigkeit + Gültigkeitsnachweis + Normierungsskalen. Deswegen ist es eine durchaus vernünftige Lösung, die Eignung von Techniker- und Ingenieur-Bewerbern mit sauberen Messmethoden zu prüfen.

Mit welchen Dimensionen messen wir die ideale Eignung eines Mitarbeiters im Feld der Additiven Fertigung?

Mit welchen Dimensionen messen wir die ideale Eignung eines Mitarbeiters im Feld der Additiven Fertigung?

Eignungsmerkmale fehlen

Eignung ist das Ergebnis eines kaum durchschaubaren Prozesses, in dem sich Erbanlagen, Lernvorgänge und Interessen begegnen. Im Augenblick der Bewerbung können die Erbanlagen vorerst gar nicht, die Lernvorgänge nur in Grenzen und die Interessen noch am ehesten beeinflusst werden. Auf dem AM-Feld gibt es aber noch zu wenig Natives, als dass man viele Eignungsmerkmale schon heute an Stichproben > 500 und daher zuverlässig normieren könnte.

Das Beobachten bei der Arbeit im AM-Prozess legt aber erstaunliche Profile offen: Bestleistung geht nahezu ausnahmslos einher mit einer Ursache-Wirkung-Begabung, die anfallende Logismen rasch und zuverlässig zu unterscheiden hilft. Ein weiterer Focus liegt im Bereich ausgeprägter Regeltreue, die erweislich auf Abweichungen und Veränderungen besonders sensibel reagiert. Beides sind wichtige Hinweise auf die grundsätzliche Leistungsfähigkeit. Für beides setzen wir bereits ein jeweils aussagekräftiges Messverfahren ein. Andere Merkmale hängen eher mit der Betriebstauglichkeit zusammen, an die je nach Betriebstyp höhere oder geringere Ansprüche zu stellen sind.

Passende Begriffe finden

Demgegenüber wird nicht selten eingewendet, für aktuell modische Fachwörter wie Resilienz – also die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen – könne es noch kein deutsches Wort geben, da ja die Bedeutung von Resilienz in Deutschland erst vor wenigen Jahren erkannt worden sei. Dagegen ist nur deswegen nichts einzuwenden, weil Resilienz ohnehin kein Fachwort ist und ansonsten keiner Rechtfertigung bedarf. Andernfalls sollte man dem Wortfinder getrost noch ein paar Jahre Zeit lassen: Solange eine Lehre noch um die Herkunft ihrer Fachwörter ringen muss ist sie noch weitab der Verwendbarkeit. Auf die kommt es aber umso konsequenter an, je weniger das Umfeld der Technik bekannt und vertraut ist, in die ein Neuwort implementiert werden soll.

Als gegen Ende des 2. Weltkriegs die Eignung zum Raketenflug infrage stand, setzte man in Peenemünde nach guter alter Tradition der deutschen Fahrtauglichkeitsforschung auf die Reaktionsmerkmale der Kandidaten. Erst ein halbes Jahrhundert später standen Messverfahren zur Verfügung, die auch die kognitiven Vorgänge in Höchstgeschwindigkeits- und Schwerelosigkeitssituationen erfassen konnten. Wir stehen auch mit der Technik des 3D-Drucks keineswegs am Anfang der Eignungsmessung. Dennoch gibt es noch viel zu lernen. Wir sind auf dem Weg.

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