gastkommentar
Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt!
Die umfangreichen Möglichkeiten der Additiven Fertigung gestatten es, oft schon mit einfachen Mitteln Teile aus einer 3D-Vorlage herzustellen. Handelt es sich dabei aber um Teile oder Designs, die gewerblichen Schutzrechten unterliegen, kann das schnell zu Problemen führen, über die sich derjenige, der die Teile herstellt oft gar nicht im Klaren ist.
Hans Herbert Coen, Rechtsanwalt bei Dr. Fingerle Rechtsanwälte GbR
Bei Musik- oder Filmaufnahmen ist mittlerweile allgemein bekannt, daß die Verbreitung über Internettauschbörsen ohne Zustimmung des Urhebers unzulässig ist. Auch beim 3D-Druck können mit einfachen Mitteln – 3D-Scanner und 3D-Drucker – Kopien hergestellt werden – nicht von Musik oder Filmen, sondern von dreidimensionalen Gegenständen. Das könnte dazu verleiten, Waren wie beispielsweise Ersatzteile nicht mehr beim Originalhersteller zu erwerben, sondern – etwa mittels einer im Internet verfügbaren 3D-Vorlage – selbst zu drucken oder drucken zu lassen. Das wirft die Frage auf: Darf man das eigentlich?
Welche Handlungen sind rechtlich relevant?
Für die (Re-)Produktion dreidimensionaler Objekte sind digitale Vorlagen erforderlich. Diese können z. B. unmittelbar mittels CAD-Software gestaltet, anhand von Fotografien der zu reproduzierenden Objekte berechnet oder auch durch einen 3D-Scanner erstellt werden. Bereits die Herstellung, Nutzung und Weitergabe solcher 3D-Vorlagen, erst recht die Herstellung, Nutzung und Weitergabe von gedruckten 3D-Objekten, können mit dem Urheber-, Marken-, Patent-, Gebrauchsmuster- und Designrecht kollidieren.
Privater Bereich
Der Patent-, Gebrauchsmuster- und Designschutz besteht nicht gegenüber Handlungen, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden; auch das Markenrecht schützt nur vor einer Verwendung der Marke im geschäftlichen Verkehr. Rein private Handlungen verstoßen daher nicht gegen diese sog. gewerblichen Schutzrechte. Die Grenze zur zulässigen privaten Nutzung ist jedoch schnell überschritten. Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr liegt u.a. dann nahe, wenn ein Anbieter wiederholt mit gleichartigen, insbesondere auch neuen Gegenständen handelt, z. B. bei eBay. Auch wenn ein Anbieter von ihm zum Kauf angebotene Gegenstände erst kurz zuvor erworben oder zu diesem Zweck hergestellt hat, spricht dies für eine Gewinnerzielungsabsicht und damit für ein Handeln im geschäftlichen Verkehr.
Das Urheberrecht klammert den privaten Bereich dagegen nicht vollständig aus. Bei urheberrechtlich geschützten Werken sind auch Privatkopien nur eingeschränkt zulässig. Nach § 53 Abs. 1 UrhG sind einzelne (Faustregel: max. 7) Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch zulässig, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen. Eine Privatkopie ist jedoch nicht zulässig, wenn als Kopiervorlage eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Vorsicht also bei Vorlagen aus Tauschbörsen oder anderen dubiosen Quellen!
Nicht privater Bereich
Herstellung und Verbreitung von 3D-Vorlagen
Im Bereich des Patent-, Gebrauchsmuster- bzw. Designschutzes ist die Grenze zwischen patentrechtlich noch unbedenklichen Vorbereitungshandlungen und dem unzulässigen Herstellen oder Anbieten eines geschützten Erzeugnisses zu ziehen. Um die unberechtigte Benutzung einer geschützten Erfindung bereits im Vorfeld zu verhindern, ist schon das Anbieten und das Liefern von Mitteln verboten, die den Belieferten in den Stand setzen, die geschützte Erfindung unberechtigt zu benutzen. Man spricht hierbei von einer mittelbaren Patent- bzw. Gebrauchsmusterverletzung.
Als bloße Vorbereitungshandlungen sind in der Rechtsprechung beispielsweise die Herstellung von Modellen, die Anfertigung von Werkstattzeichnungen oder von Konstruktionszeichnungen angesehen worden. Demgegenüber wurde beispielsweise die Erarbeitung und Überlassung der notwendigen Software für die computergesteuerte Konstruktion einer Maschine als mittelbare Patentverletzung eingestuft. Daraus wird deutlich, dass die Abgrenzung zwischen (patent-)rechtlich unbedenklichen Vorbereitungshandlungen einerseits und unzulässigen Patentverletzungen andererseits nicht unproblematisch ist. In der einschlägigen juristischen Literatur wird zwar die Ansicht vertreten, die Herstellung der 3D-Vorlage sei eine bloße Vorbereitungshandlung und berühre als solche das Schutzrecht noch nicht; höchstrichterliche Entscheidungen hierzu liegen jedoch, soweit ersichtlich, noch nicht vor.
Auch wenn die Herstellung der 3D-Vorlage möglicherweise noch als unbedenkliche Vorbereitungshandlung angesehen werden kann, ist jedenfalls die Weitergabe, d. h. die Verbreitung von 3D-Vorlagen, die die Herstellung von geschützten Erfindungen bzw. Designs ermöglichen, unzulässig. Das Markenrecht ist einschlägig, wenn der Gegenstand, von dem eine 3D-Vorlage erstellt werden soll, mit einer Marke gekennzeichnet ist (z. B. ein Ersatzteil mit dem Logo eines Automobilherstellers).
Bei einer 3D-Vorlage ist die Marke nicht unmittelbar wahrnehmbar (sichtbar), sondern erst dann, wenn die Vorlage auf einem Bildschirm dargestellt oder ausgedruckt wird. Es gibt noch keine körperliche Ware, die mit der Marke versehen ist. Durch die bestimmungsgemäße Verwendung eines solchen Datensatzes, d. h. durch die Herstellung eines mit der Marke gekennzeichneten Produkts, wird die Marke jedoch wahrnehmbar. Daher dürfte bereits die Herstellung einer entsprechenden 3-D Vorlage im geschäftlichen Verkehr unzulässig sein, jedenfalls aber deren Verbreitung.
Im Bereich des Urheberrechts ist bereits die Herstellung einer 3D-Vorlage eine Vervielfältigung und grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers zulässig. Ohne diese Zustimmung kann die Herstellung der 3D-Vorlage unter den o. g. Voraussetzungen als Privatkopie zulässig sein. Das Verbreiten der Vorlage, beispielsweise das Anbieten der Vorlage in der Öffentlichkeit, etwa in einer Internet-Tauschbörse, ist dagegen nur mit Zustimmung des Urhebers zulässig. Auch die Betreiber von Tauschbörsen oder vergleichbaren Portalen können unter bestimmten Voraussetzungen haften, wenn Dritte 3D-Vorlagen für urheberrechtlich geschützte Werke, für geschützte Erfindungen oder Designs in solche Tauschbörsen einstellen.
Herstellung von geschützten Erzeugnissen
Die Herstellung von geschützten Erzeugnissen außerhalb des privaten Bereichs, d. h. insbesondere zu gewerblichen Zwecken, etwa zum Weiterverkauf, ist ohne Zustimmung des Rechteinhabers grundsätzlich unzulässig. Sofern eine Privatperson selbst einen 3D-Drucker anschafft und ein geschütztes Erzeugnis zu rein privaten Zwecken herstellt, spielt sich dies im privaten Bereich ab. Das ist durch die gewerblichen Schutzrechte (Marken-, Patent-, Gebrauchsmuster- und Designrecht) nicht untersagt; im Bereich des Urheberrechts wäre der 3D-Druck als Privatkopie im oben dargestellten Rahmen zulässig. Problematisch ist die Abgrenzung dagegen, sofern die Herstellung des 3D-Drucks durch einen kommerziellen Anbieter für einen privaten Auftraggeber erfolgt (manufacturing on demand). Die rein private Sphäre ist dann überschritten.
Ob manufacturing on demand für private Kunden im Bereich der gewerblichen Schutzrechte zulässig ist, wird in der einschlägigen juristischen Literatur unterschiedlich beurteilt, gerichtliche Entscheidungen hierzu liegen, soweit ersichtlich, noch nicht vor. Der Bundesgerichtshof hat z. B. die Haftung eines Spediteurs bejaht, der patentverletzende MP3-Player importiert hatte. Der Spediteur hätte zwar nicht zuvor prüfen müssen, ob es sich bei den aus China versandten Geräten um patentverletzende Erzeugnisse handelte. Er hätte den Import der patentverletzenden Ware aber nicht mehr fortsetzen dürfen, nachdem er vom Patentinhaber oder der Zollbehörde darauf aufmerksam gemacht worden war, dass es sich um patentverletzende Erzeugnisse handeln könne.
Nach diesen Maßstäben dürfte auch derjenige, der Produkte im 3D-Druck-Verfahren für (seien es private oder gewerbliche) Kunden herstellt, jedenfalls dann haften, wenn konkrete Verdachtsmomente für eine Schutzrechtsverletzung vorliegen. Eine Verpflichtung zu einer verdachtsunabhängigen Auftragskontrolle soll insoweit nicht bestehen. Jedenfalls ist angesichts der insoweit noch nicht höchstrichterlich geklärten Rechtslage Vorsicht geboten.
Die Herstellung eines urheberrechtlich geschützten Werks nach einer 3D-Vorlage ist eine Vervielfältigung und daher grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers zulässig. Eine Privatperson dürfte unter den o. g. Voraussetzungen eine Privatkopie eines urheberrechtlich geschützten Gegenstand selbst entweder mittels eines eigenen 3D-Druckers oder etwa in einem FabLab reproduzieren. Die Reproduktion eines urheberrechtlich geschützten Werks im Wege des 3D-Drucks durch einen kommerziellen Anbieter (manufacturing on demand) dürfte dagegen auch für einen privaten Auftraggeber unzulässig sein.
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