Materialien in der Additiven Fertigung

Bauteileigenschaften hängen immer vom verwendeten Material ab. Das ist auch in der Additiven Fertigung nicht anders. Ist man von den konventionellen Herstellungsmethoden jedoch gewohnt, klare Informationen über die Materialeigenschaften zu haben, so sieht das im Bereich der generativen Verfahren leider nicht ganz so einfach aus. Abhängig vom Verfahren und den jeweiligen Verfahrensparametern bekommen Bauteile, die eigentlich aus dem gleichen Ausgangsstoff bestehen, völlig unterschiedliche mechanische Eigenschaften. Ein Blick hinter die Kulissen der Materialien für die Additive Fertigung zeigt, wieso. Autor: Georg Schöpf / x-technik

Bild: Cubicure

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Sei es nun Kunststoff, Metall, Keramik oder Schokolade, jedes Material, das im Bereich der Additiven Fertigung verwendet wird, kommt nicht im gleichen Zustand aus der Maschine, wie es hinein gekommen ist. Dabei hängen die entstehenden Materialeigenschaften im Wesentlichen davon ab, welches Verarbeitungsverfahren zum Einsatz kommt.

Grundsätzlich ist dabei schon einmal zu unterscheiden, ob es sich um ein einstufiges oder ein mehrstufiges Verfahren handelt. Als einstufige Verfahren bezeichnet man all jene, bei denen das Ausgangsmaterial durch einen einzigen Verfahrensschritt in den Zustand des fertigen Teiles versetzt wird. Mehrstufige Verfahren basieren darauf dass im ersten Schritt in der Regel die grundsätzliche Formgebung erfolgt und das Teil in einem zweiten oder gar dritten Arbeitsschritt seine schlussendlichen Materialeigenschaften erhält. Dies kann entweder durch ein Nachsintern eines zuvor entstandenen Grünlings, oder durch das Infiltrieren mit einem zusätzlichen Werkstoff erfolgen. Auch Kombinationen daraus sind möglich.

Werkstoffunterteilung

Die Unterteilung der Werkstoffe in Metalle, Kunststoffe und Keramiken ist auch in der Additiven Fertigung naheliegend, kann jedoch nicht immer aufrecht erhalten werden, da auch übergreifende Werkstoffkombinationen entstehen können. Für eine grobe Einteilung sollte es jedoch genügen, da auch eine Einteilung in Materialgruppen auf der Basis des Aggregatzustandes oder des Auslieferzustandes (pulverförmig, drahtförmig etc.) nur bedingt geeignet ist.

Metalle

Da bei den Metallen eigentlich nur die Varianten Pulver oder Draht zum Tragen kommen und seitens der Materiallieferanten nahezu jedes Metall in diese Lieferform gebracht werden kann, darf wohl auf die gängigen Materialkategorisierungen, wie sie in der ASTM oder DIN/EN festgelegt sind, zurückgegriffen werden. Grob kann also in Stähle, Nichteisen-Schwermetalle und Nichteisen-Leichtmetalle unterschieden werden.

Allerdings werden durch den jeweiligen Bauprozess die Materialeingenschaften meist verändert, so dass die Kategorisierung nach den gängigen Normierungsbezeichnungen nur bedingt zulässig ist. Allenfalls bei Verfahren, die ein komplettes Aufschmelzen des Materials zur Folge haben und auch bei der Schichtung ein Schmelzbad entsteht, das ein homogenes Materialgefüge nach sich zieht, entsteht ein Material, das dem Ausgangsmaterial nahezu gleich kommt.

Umso mehr trifft dies bei Materialien zu, die nach dem eigentlichen Bauprozess nachgesintert werden und/oder mit einem anderen Metall infiltriert werden. Dort unterscheiden sich die entstehenden Materialeigenschaften oft signifikant von denen des Ausgangmaterials, so dass eine Zuordnung aufgrund bestehender Normen nicht mehr möglich ist. Beispielhaft seien hier Stahlteile genannt, die mit Hilfe eines Binderjettingverfahrens aus entsprechendem Stahlpulver entstehen und in einem Folgeprozess mit Bronze infiltriert werden.

Kunststoffe

Bei Kunststoffen lässt sich eine Unterteilung anwenden, die die Ausgangsstoffe nach Lieferform kategorisiert. Ausgangsmaterialien liegen hier in der Regel Pulverförmig, Drahtförmig (Filamente) oder Flüssig (SLA,PJ,MJM) vor und werden aufgeschmolzen, um nach der Verarbeitung wieder zu erstarren, oder während des Verarbeitungsprozesses verfestigt.

Jedoch trifft auf Kunststoffe gleichsam wie bei Metallen zu, dass die physikalischen und mechanischen Eigenschaften des fertigen Teils sehr davon abhängen, welches Verfahren zur Anwendung kommt.

Gleiches gilt auch bei Keramiken. Diese liegen jedoch in der Regel als Feinpulver vor, das je nach Verfahren mit einem Thermoplast oder Photopolymer als Matrixmaterial versetzt und so in Form gebracht wird. Die eigentliche mechanische Belastbarkeit entsteht immer erst durch einen nachfolgenden Sinterprozess.

Herausforderung Anisotropie

Durch den Schichtaufbau in der Additiven Fertigung entstehen, je nach Verfahren, unterschiedlich starke Variationen im Materialgefüge. Pulverbettverfahren und Verfahren, die auf einer Variante der Stereolithografie beruhen, sowie beim Laserauftragsschweißen ist am ehesten mit einem einigermaßen homogenen Materialgefüge zu rechnen. Schichtverfahren, die jedoch auf dem Aufschmelzen/Extrudieren eines Materials und dem Aufbringen auf eine bereits abgekühlte Vorschicht basieren, bei dem ein Abbinden nur durch die Eigenwärme des aufgebrachten Materials zustande kommt (Anm.: Wie beispielsweise bei FDM-Verfahren o.ä.), muss davon ausgegangen werden, dass die mechanische Belastbarkeit in Z-Richtung stark von den Werten in X/Y-Richtung abweichen. Zusätzlich führen Fehler im Bauprozess zu zusätzlichen Unregelmäßigkeiten im fertigen Bauteil. Diese können beispielsweise durch ungleichmäßigen Energieeintrag beim Lasersintern oder Unregelmäßigkeiten im Abkühlprozess bei Extrusionsverfahren entstehen.

Ebenso bestimmen die Baurichtung, die Baugeschwindigkeit sowie die Verarbeitungsparameter, wie beispielsweise Energieeintrag, Temperatur oder Schmelzpunktgröße, welche mechanischen Eigenschaften das fertig gestellte Teil erhält. Die großen Herausforderungen für die Maschinenhersteller liegen dabei wohl darin, für die jeweiligen Materialien klare Prozessparameter zu definieren, um ein zuverlässiges Ergebnis zu gewährleisten. Daraus ergibt sich auch der verständliche Wunsch mancher Hersteller, ihre Kunden an bestimmte, zertifizierte Materialien oder Materiallieferanten zu binden.

Immer in Kombination zu sehen

Egal, welches Material zum Einsatz kommt, die Materialeigenschaften des fertigen Bauteils entstehen immer aus einer Kombination von Ausgangsmaterial und Verarbeitungsparametern. Denn selbst wenn das gleiche Ausgangsmaterial zugrunde gelegt wird, variieren die Eigenschaften des Bauteils, je nach Verfahren, oft doch erheblich. Von den Abweichungen im Vergleich zu einem konventionell gefertigten Teil ganz zu schweigen. Ebenso ist, wie bereits erwähnt eine starke Abhängigkeit von den jeweiligen Prozessparametern gegeben. Das bedeutet, dass allein eine geringfügige Veränderung der Baubedingungen gravierende Auswirkungen auf die Eigenschaften des fertigen Teils haben kann. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass beim SLS-Verfahren eine geringfügige Veränderung der Laserleistung, und damit der Schmelztemperatur im Pulverbett, eine Veränderung in der Dichte des fertigen Bauteils zur Folge hat. Ebenso wirkt sich die Ablenkungsgeschwindigkeit des Laserstrahls, die Gesamtverarbeitungsdauer, und vieles mehr auf das Gesamtergebnis aus.

Daraus lässt sich leicht ableiten, dass dadurch eine schier unendliche Anzahl an Materialqualitäten und –parameter entstehen können, die im Detail nicht mehr beschreibbar ist.

Standardisierung erforderlich

Dass die Entwicklungen in der Additiven Fertigung in den letzten Jahren so rasant vonstatten ging, ist zwar einerseits erfreulich, bringt aber auch Nachteile mit sich. So hat jeder Gerätehersteller seine eigene Bezeichnung für oft ähnlich Verfahren. Abläufe variieren und die Verarbeitungsbedingungen für die verwendeten Materialien unterliegen starken Schwankungen. Ein und dieselbe Materialbezeichnung beinhaltet, je nach Hersteller, möglicherweise eine sehr stark unterschiedliche Rezeptur. Neu ist das nicht, denn auch im Bereich der konventionellen Fertigungsmethoden haben Werkstoffe oft unterschiedliche Rezepturen. Jedoch lassen sich die mechanischen Eigenschaften eines Festkörpers durch einen normierten Prüfkörper leicht bestimmen und die Ergebnisse auf das Werkstück übertragen.

Begrüßenswert sind in diesem Zusammenhang die Bestrebungen der internationalen Normungsinstitutionen, hierfür Richtlinien zu schaffen, die eine eindeutige Definition der erforderlichen Rahmenbedingungen ermöglicht. Als Grundlage dienen hierzu sowohl die ISO/TC 261 als auch das amerikanische Pendant ASTM F42. Beide Initiativen beinhalten die Bestrebung neben einer eindeutigen Materialklassifizierung auch klare Definitionen für die Elemente Prozesse, Design, Begriffsbestimmungen und vieles mehr einzubeziehen.

Verschiedene Forschungseinrichtungen, wie das Fraunhofer Institut (dort gibt es mehrere Bereiche, die sich mit den Materialien in der Additiven Fertigung beschäftigen), fotec, diverse Universitäten und gewerbliche Einrichtungen sowie Fachverbände wie der VDMA u.ä. sind schon heute bemüht, Richtlinien zu definieren, die die Arbeit im Bereich der Additiven Fertigung vereinheitlichen sollen und die Grundlage für Normierungen und Standardisierungen bilden können.

Zusammenfassung

Benötigt man zuverlässige Aussagen über die Materialeigenschaften des fertigen Bauteils und verwendet man nicht die vom Hersteller der Anlage zertifizierten Materialien und/oder Verfahrensparameter, dann ist es empfehlenswert, diese Materialeigenschaften zunächst zu ermitteln, indem ein Prüfkörper unter denselben Bedingungen wie das eigentliche Bauteil hergestellt und anschließend geprüft wird. Andernfalls ist mit entsprechenden Sicherheitszuschlägen zu arbeiten.

Zusammengefasst bedeutet das: Plant man den Einsatz generativer Verfahren oder gar die Anschaffung einer Maschine zur Additiven Fertigung, ist es entscheidend, zunächst zu eruieren, welche Bauteileigenschaften am Ende ausschlaggebend sind, um daraus ermitteln zu können, welches Material mit welchem Verfahren bei welchen Prozessbedingungen verarbeitet werden soll.

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