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Additive Simulation

Generative Verfahren gewinnen im Bereich der Simulation an Bedeutung: Im Rahmen der deutschsprachigen Nafems-Konferenz vom 25. bis 27. April in Bamberg wurde deutlich, dass die Additive Fertigung auch im Umfeld der numerischen Simulation angekommen ist. Zahlreiche Vorträge und Diskussionen rund um das Thema Additive Fertigung zeigten das steigende Interesse bei den Konferenzteilnehmern und machten deutlich, wie wichtig das Thema im Umfeld der Simulation geworden ist. Autor: Georg Schöpf / x-technik

Prof. Dr. Manfred Zehn, TU Berlin, bei der Begrüßung.

Prof. Dr. Manfred Zehn, TU Berlin, bei der Begrüßung.

Alle zwei Jahre findet sie statt, die Nafems-DACH-Konferenz. Auch dieses Jahr standen vom 25. bis 27. April die Zeichen in Bamberg auf Simulation. Fast drei ganze Tage lang konnten sich die rund 250 Teilnehmer der Veranstaltung auf den neuesten Stand im Bereich der numerischen Simulation bringen. Begleitet wurde die Konferenz von einer Fachausstellung mit 29 Ausstellern aus unterschiedlichsten Bereichen. Es waren wieder sämtliche Disziplinen der technischen Berechnung vertreten. Ergänzt wurden die umfangreichen und hochkarätigen Vorträge in den bekannten Themenfeldern wie Strukturmechanik, CDF, Fracture/Fatique, Mehrkörpersimulation und viele mehr durch eine Sondersession zum Thema Additive Manufacturing. Schon im Juni letzten Jahres war dieses Thema auf dem Nafems-Weltkongress in San Diego erstmals vertreten.

Vortrag von Dr. Ing Peter Pirro / Keynote.

Vortrag von Dr. Ing Peter Pirro / Keynote.

Pionierstimmung für neue Themen

Sowohl in den Vorträgen als auch in den begleitenden Diskussionen hat sich herausgestellt, dass das Thema Additive Fertigung, was die Simulation anbelangt, erst ganz am Anfang steht. Dennoch war erkennbar, dass sich einige Schwerpunktthemen herauskristallisieren. Dass die Auslegung additiv gefertigter Bauteile die numerische Simulation unbedingt benötigt, ist augenscheinlich. Darüber hinaus eröffnen sich für den Berechner jedoch einige neue Betätigungsfelder.

Ein wesentlicher Aspekt, über den auch schon des Öfteren in verschiedenen Medien berichtet wurde, ist der Bereich der Topologieoptimierung. Ein Feld, in dem die neugewonnenen Fertigungsmöglichkeiten eine besondere Rolle spielen und das auch bereits in der Industrie gut angenommen wurde. Ist es doch jetzt möglich, Geometrien herzustellen, die in der Vergangenheit gar nicht oder nur mit einem erheblichen technischen Aufwand möglich waren.

Das nächste, scheinbar offensichtliche Thema ist der Leichtbau. Unterstützt von der Möglichkeit, auch im Inneren von Bauteilen durch das Einbringen von Lattice-Strukturen erhebliche Gewichtsverringerungen zu realisieren, wird das Thema Leichtbau in ganz neue Dimensionen gehoben. An verschiedenen Lösungsansätzen wurde zum Beispiel von Christian Rossmann von der Firma Materialise gezeigt, wie mit additiven Fertigungsverfahren Leichtbaustrukturen hergestellt und damit Gewichtseinsparungen im Bereich von 50 bis 60 % erreicht werden können. Dabei wurden durchaus auch prozessbedingte Eigenheiten wie Wärmeabtransport oder die Nutzung von unterschiedlichen Zellstrukturen als Ersatz für Supportgeometrien mit berücksichtigt.

In der Abendveranstaltung beeindruckte das Duo die „Physikanten“ mit allerlei verblüffenden Experimenten.

In der Abendveranstaltung beeindruckte das Duo die „Physikanten“ mit allerlei verblüffenden Experimenten.

Wachstumsthema Prozesssimulation und Material

Zusätzliche Aspekte der technischen Berechnung im Zusammenhang mit Additiver Fertigung ergeben sich aber auch in den Bereichen Prozesssimulation von generativen Fertigungsprozessen und dem Gesamtfeld Materialien für die Additive Fertigung.

Oftmals drängt sich der Eindruck auf, dass im Bereich der Additiven Fertigung viele Prozessparameter auf der Basis empirischer Ansätze ermittelt werden. Erst nach und nach werden die Methoden der numerischen Simulation genutzt, um den eigentlichen Bauprozess zu modellieren und rechnerisch abzubilden. Angesichts der Anforderungen, die aus der Industrie an die Hersteller für Maschinen in der Additiven Fertigung herangetragen werden, scheint es jedoch unerlässlich, klare und berechenbare Verfahrensmodelle zu bekommen. Erklärtes Ziel ist es aber auch, durch die Simulation des Bauprozesses zuverlässige Aussagen über die späteren Eigenschaften der hergestellten Bauteile treffen zu können.

Die Ergebnisse nehmen insbesondere Einfluss auf die Materialdefinition additiv gefertigter Teile. Dies ist auch das dritte große Feld, mit dem sich Berechnungsingenieure im Zusammenhang mit Additiver Fertigung zu beschäftigen haben. Hersteller von Simulationssoftware haben diesen Trend erkannt und stellen Werkzeuge für derartige Prozesssimulationen zur Verfügung. Die ESI-Group beispielsweise hat im Rahmen ihrer Präsentation gezeigt, wie sie den Prozess des Selektiven Laserschmelzens für die Herstellung von Metallbauteilen sowohl im Pulverbett als auch beim Pulver-Laserauftragsschweißen darstellen, um daraus Aussagen über die resultierenden Materialeigenschaften treffen zu können. Es werden dabei neben den eigentlichen prozessbestimmenden Komponenten wie Laserleistung, Schmelztemperatur und Abtastgeschwindigkeit auch begleitende Effekte wie Wärmeausbreitung sowie das Abkühlverhalten im Pulverbett und im Bauteil berücksichtig.

Erst am Anfang

Allen Vorträgen und Diskussionen gemein ist aber, dass im Bereich der Additiven Fertigung von Seiten der numerischen Simulation noch ein durchaus weiter Weg zu beschreiten ist. Dass das Interesse daran aber hoch ist, zeigt die recht hohe Teilnehmerzahl in der Additive Manufacturing Session.

Zu den rein praktischen Ansätzen zur Simulation additiv gefertigter Bauteile gesellt sich also noch eine ordentliche Zahl von Nebendisziplinen, die nicht minder wichtig sind, um für die Industrie geeignete Methoden und Berechnungsverfahren im Umgang mit Additiver Fertigung bereit zu stellen.

Die Hersteller der Maschinen für generative Herstellungsprozesse scheinen in der Pflicht, mit den Anbietern und Dienstleistern in der numerischen Simulation enger zusammen zu arbeiten um schnellstmöglich die erforderlichen Werkzeuge hervorzubringen welche die Ergebnisse in der Additiven Fertigung zuverlässiger werden lassen und eine robuste Bewertung möglich machen.

Ebenso sind die Industrieunternehmen und Nutzer der Additiven Fertigung aufgefordert, ihre Anforderungen klar zu formulieren. Der Wunsch seitens der Maschinenhersteller und Softwarelieferanten ist es, konkrete Hinweise aus der Industrie zu bekommen, welche Informationen und Werkzeuge vorrangig bereitgestellt werden müssen.

Eine engere Zusammenarbeit in der Methodenentwicklung zwischen Softwareanbietern und Maschinenherstellern ist auf jeden Fall angezeigt.

Geeignete Materialmodelle erforderlich

Im Bereich der Materialeien besteht zusätzlich die Anforderung an die Materiallieferanten, in enger Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern und Softwareanbietern, geeignete und tragfähige Materialmodelle bereitzustellen. Dass dies in Anbetracht der vielen Unwägbarkeiten und Unbekannten im Bereich der Additiven Fertigung zunächst als schier unmögliches Unterfangen anmutet, entbindet jedoch nicht von der Notwendigkeit, große Anstrengungen in dieser Richtung zu unternehmen. Prozessbedingte Anisotropien im Material sind nur ein, wenn auch der scheinbar vorrangige, Aspekt dabei. Auch die Veränderung des Ausgangsmaterials im Zuge des Fertigungsprozesses birgt Schwierigkeiten in der Betrachtung, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Hinzu kommt, dass oftmals die finalen Materialeigenschaften erst durch nachgeschaltete Folgeprozess wie Wärmebehandlung, Infiltrieren oder andere Finishmethoden erreicht werden und dem Bauteil seine endgültigen Eigenschaften verleihen. Auch in dieser Hinsicht bestehen Anforderungen, diese Prozesse zu simulieren und daraus die Rahmenbedingungen abzuleiten, die für eine zuverlässige Bauteilberechnung erforderlich sind. Denn es ist hinlänglich bekannt, dass Berechnungen immer nur so gut wie die zugrunde liegenden Materialmodelle und Methoden sind.

Zusammenarbeit erforderlich

Im Gesamtüberblick betrachtet wird also deutlich, dass Maschinenhersteller, Softwareanbieter und Materiallieferanten enger zusammen rücken müssen, um gemeinsam die Werkzeuge und Informationen bereitstellen zu können, die die Industrie benötigt, um die Additive Fertigung in einen wirtschaftlichen Produktionsprozess einzubinden. Dass die Vorgehensweise teilweise Methoden erfordert, die sich von den eingeführten Abläufen vehement unterscheiden, scheint aus derzeitiger Sicht ebenso klar. Manche Ergebnisse aus einer derartigen Zusammenarbeit werden vermutlich zeigen, dass ganz neue Betrachtungsweisen von Prozessabläufen und entsprechend dazu passenden Entwicklungsmethoden erforderlich werden. Da im Zuge dieser Betrachtungen die angrenzenden Bereiche wie Materialhandling und Bauteilemanagement noch gar keine Beachtung gefunden haben, bestätigt, dass das Gesamtfeld Simulation im Umfeld der Additiven Fertigung erst am Anfang steht und man gespannt sein darf, welche Themen im Laufe der Zeit noch zutage treten werden.

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