Nur wer forscht, der findet

Das Fraunhofer IGCV bietet Forschungskompetenz auch für die Industrie: Wissenschaftliche Einrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft stehen in dem Ruf, hervorragende Grundlagenforschung für unterschiedlichste Industriezweige zu bieten. Dass diese Forschung auch unmittelbar von der Industrie genutzt und in laufende Projekte eingebunden werden kann, ist vielen nicht bewusst. Das Fraunhofer IGCV in Augsburg bietet über Industriekooperationen einen unkomplizierten Zugang zur Forschung in der Additiven Fertigung. Autor: Georg Schöpf / x-technik

Die Erstellung und Untersuchung von Verfahrensproben helfen dabei, den Verarbeitungsprozess besser zu verstehen und zur Optimierung beizutragen.

Die Erstellung und Untersuchung von Verfahrensproben helfen dabei, den Verarbeitungsprozess besser zu verstehen und zur Optimierung beizutragen.

Forschung am Fraunhofer IGCV betrieblich nutzen

Bilaterale Industrieprojekte
• Direktes Zusammenwirken zwischen einzelnem Unternehmen und Fraunhofer IGCV
• Geeignet für vertrauliche Forschungsarbeiten
• Schnelle Reaktionszeiten möglich
Öffentlich geförderte Projekte
• Auch in Zusammenarbeit mit KMUs
• Geeignet für weniger dringende, nicht vertrauliche Projekte
Industrielle Arbeitsgemeinschaften
• Zusammenschluss mehrerer Firmen
• Gemeinsames Finanzierungskonzept für die Fraunhofer Dienstleistung
• Projektnutzen für Alle Beteiligten
Schulungen
• Individuelles Schulungsangebot
• Leistungsangebot in Zusammenarbeit mit der Fraunhofer Academy
Vermittlung innerhalb der Forschungslandschaft
• Zugriff auf Fraunhofer-Allianz generative Fertigung
• Gute Vernetzung innerhalb der Hochschullandschaft

Bereits 1991 wurde das Anwenderzentrum des Instituts für Werkzeugmaschinen- und Betriebswissenschaften (iwb) der Technischen Universität München als Außenstelle am Standort in Augsburg gegründet. Da die Additive Fertigung seit über 20 Jahren im Fokus der Forschung liegt, beschäftigte man sich als eines der ersten akademischen Institute schon sehr früh mit den Methoden und Verfahren. Lag der Schwerpunkt damals auf der Evaluierung genereller Möglichkeiten additiven Fertigens mittels Stereolithografie, so hat sich im Laufe der Jahre nicht nur das Institut gewandelt, sondern mit ihm auch die Bandbreite der Verfahren. Lief man seinerzeit noch unter einem Projektkonstrukt, das über das bayerische Wirtschaftsministerium gefördert war, erweitert man sich seit 2009 unter dem Dach der Fraunhofer-Gesellschaft. Heute werden Anlagentechnik und Mitarbeiterkompetenz in der Additiven Fertigung im sogenannten AMLab – Additive Manufacturing Laboratory – gebündelt, das vom „iwb“ der Technischen Universität München und dem Fraunhofer IGCV (Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik) betrieben wird.

Im Laufe der Jahre entstand so ein Mitarbeiterstamm von 20 wissenschaftlichen Mitarbeitern, die um mindestens die gleiche Anzahl studentischer Mitarbeiter ergänzt wird. Die Arbeitsfelder wurden um die Themen Material und Verfahrenstechnologie permanent erweitert. Auch der Maschinenpark wurde um zahlreiche Anlagen ergänzt. „Wir verfügen mittlerweile über etwa 1.000 m² Betriebsfläche für das AMLab. Dabei nimmt die Additive Fertigung mit Materialprüfung und Labor gut 800 m² in Anspruch. Außerdem betreiben wir eine Mechanische Werkstatt von 200 m², um Betriebsmittel und Laborausstattung selbst herstellen zu können“, erzählt Christian Seidel, der am Fraunhofer IGCV für die Tätigkeit des AMLabs maßgeblich verantwortlich zeichnet. „Für uns ist es wichtig, sowohl in der Erforschung der eigentlichen Fertigungstechnologie autark zu sein, als auch die Möglichkeiten an der Hand zu haben, unabhängige Materialprüfungen vornehmen zu können“, ergänzt er.

Oft sind Kombinationen aus Gewichtsoptimierung und Funktionsintegration der Schlüssel für wirtschaftlichere Bauteile und Systemlösungen.

Oft sind Kombinationen aus Gewichtsoptimierung und Funktionsintegration der Schlüssel für wirtschaftlichere Bauteile und Systemlösungen.

Dr. Christian Seidel
Bereichsleiter Additive Fertigung an der Fraunhofer-Einrichtung für Gießerei- und Verarbeitungstechnik IGCV

„Als Teil der Fraunhofer-Gesellschaft haben wir die Möglichkeit, umfangreiche Forschungstätigkeiten in enger Zusammenarbeit mit dem akademischen Bereich durchzuführen. Viele wissen nicht, dass auch für Industriebetriebe eine Zugriffsmöglichkeit auf diese Forschungsleistungen besteht. Oft mit Unterstützung aus der öffentlichen Hand.

Bestens ausgestattet

Dabei ist die Ausstattung der Einrichtung wirklich sehenswert. Neben kleineren FDM-Anlagen beherbergt das AMLab Laserstrahlschmelzanlagen von Concept Laser, EOS und SLM Solutions sowie eine Lasersinteranlage von EOS, eine selbst gebaute EBM-Anlage (Anm.: Electron Beam Melting) und eine Binder-Jetting-Versuchsanlage. Zahlreiche Messeinrichtungen für die mechanische und optische Teileprüfung stehen zur Verfügung und eher exotische Verfahren wie Pulver-Rheometer und Heißgasextraktor ermöglichen sogar eine umfangreiche Pulverprüfung.

„Für uns ist es wichtig, die Grenzen der Verfahren auszuloten, was beispielsweise zur Herstellung eines Multimaterial-Prüfwürfels aus 1.2709 und CCZ oder aber einem Hybridbauteil aus einem Kunststoff-Lasersinterteil mit implementierter SMD-Technologie, also Elektronikbauteilen, geführt hat“, schildert der Bereichsleiter das Arbeitsspektrum des AMLabs. Ob Kunststoff, Metall oder Hybride: Beim Fraunhofer IGCV bleibt nichts unerforscht. Auch außergewöhnliche Ansätze sind erlaubt – ja sogar gewünscht. Auch hinsichtlich der Entwicklung von Bauteilen und in der Konstruktion. „Unsere studentischen Mitarbeiter bekommen regelmäßig Aufgaben, bei denen nur ein paar Rahmenbedingungen vorgegeben sind. So zum Beispiel ein einfaches, elektrisch angetriebenes Fahrzeug. Dieses wird konstruiert und anschließend über Nacht gedruckt. Es gewinnt, wer die höchste Fahrleistung erzielt“, so Seidel.

Gewichtsoptimierte und additiv gefertigte Innenreibahle.

Gewichtsoptimierte und additiv gefertigte Innenreibahle.

Für die Praxis

Dabei forscht man am Institut aber nicht zum Selbstzweck oder ausschließlich zum Bildungszweck. Natürlich hat die Grundlagenforschung einen großen Stellenwert, jedoch besteht der Anspruch, Forschungsfelder zu bearbeiten, die einen direkten Bezug zur industriellen Anwendung der Technologien haben. Sämtliche Leistungen werden über Industrieprojekte der praktischen Nutzung zugeführt (Anm.: Details siehe Box). Das Leistungsangebot des IGCV umfasst dabei klar umrissene Kernkompetenzen.

Selbst ungewöhnliche Aufgabenstellungen, wie die Herstellung eines Werkstoffhybriden im Pulverbett (Anm.: hier eine Kombination aus 1.2709 und CCZ) haben am Institut ihren Platz.

Selbst ungewöhnliche Aufgabenstellungen, wie die Herstellung eines Werkstoffhybriden im Pulverbett (Anm.: hier eine Kombination aus 1.2709 und CCZ) haben am Institut ihren Platz.

Prozessentwicklung und -überwachung

Neben der Erforschung neuer, auch hybrider Materialien betrachtet man am AMLab die gesamte Prozesskette der additiven Teilegenerierung. Dazu zählen auch Themen wie technische Sauberkeit, Materialhandling und damit verbundene Maschinenverunreinigung bei Materialwechsel, Pulveranalyse und vieles mehr rund um die Maschine. Begonnen wird aber bereits in der Teileentwicklung. Angefangen bei Konstruktionsrichtlinien über Funktionsintegration und Leichtbau bis hin zu simulationsgestützter Untersuchung von Materialverzügen und dem Zusammenwirken von Hybridelementen aus der Elektronik mit additiv hergestellten Trägerkörpern in Binder-Jetting-Technologie. „Für uns ist es immer wichtig, den gesamten Verlauf der Teileentstehung zu berücksichtigen. Also von der Idee und dem Ausgangsmaterial bis hin zum fertigen Teil mit umfangreicher Qualitätsprüfung“, erklärt Seidel.

Die umfangreiche Ausstattung des AMLab mit unterschiedlichsten Methoden und Verfahren erlaubt es dem Fraunhofer IGCV in enger Zusammenarbeit mit der TU München auf breiter Ebene zu forschen.

Die umfangreiche Ausstattung des AMLab mit unterschiedlichsten Methoden und Verfahren erlaubt es dem Fraunhofer IGCV in enger Zusammenarbeit mit der TU München auf breiter Ebene zu forschen.

Simulation

Im Bereich der Simulation geht man am AMLab den Weg über zwei Ebenen. Einerseits liegt ein klarer Fokus auf geeigneter, detaillierter Bauteilmodellierung, was sowohl eine simulationsgestützte Teilequalifizierung beinhaltet, als auch eine vorangegangene mögliche Verzugssimulation berücksichtigt. Hier kommen zum Beispiel unterschiedliche Materialkombinationen, wie Bindervariationen im Binder-Jetting zum Ansatz als auch Materialvarianzen bei Pulverbettverfahren. Daneben werden aber auch Verfahrenssimulationen durchgeführt, um die Fertigungsprozesse besser verstehen zu lernen und daraus Aussagen über mögliche künftige Materialeigenschaften des fertigen Bauteils ableiten zu können.

Implementierung

Für Unternehmen die Wohl spannendste Teildisziplin des Instituts ist wohl die Aufgabenstellung der Implementierung. Hier bietet das Institut konkrete Unterstützung bei der Frage, ob und wie die Additive Fertigung in einem Betrieb eingesetzt wird oder werden kann. „Das ist eine unserer wesentlichen Schnittstellen in die Industrie“, so Seidel. „Hier bieten wir einen klaren Fahrplan, anhand dessen ein Unternehmen prüfen kann, welchen Wert die Additive Fertigung für das Unternehmen hat. Unser Angebot beginnt dabei mit einer Potenzialanalyse, in der die Relevanz der Technologie für das Unternehmen evaluiert wird und zusätzliche Potenziale erhoben werden. Danach wird eine Implementierungsstrategie erarbeitet, bei der alle relevanten Handlungsfelder wie Bauteil, Organisation und Prozesskette berücksichtigt werden. Abschließend erfolgt eine Labor- und Produktionsplanung, eine Ermittlung erforderlicher Sicherheitskonzepte sowie eine Umsetzungsbegleitung, bei der definiert wird, welche Anpassungen in den betroffenen Unternehmensbereichen vorzunehmen sind.“

Design for AM

Dass in der Entwicklung von Bauteilen, die additiv hergestellt werden sollen, andere Regeln gelten als bei konventioneller Fertigung ist schon lange nicht mehr neu. Welche Richtlinien aber anzuwenden sind, darüber scheiden sich die Geister wohl noch eine Weile. „Klar ist auf jeden Fall, dass im Design neben dem anzuwendenden Verfahren auch eine ganze Reihe zusätzlicher Kriterien beachtet werden wollen“ erklärt der Bereichsleiter und führt weiter aus: „Abhängig von Bauteilgeometrie, Material und Verarbeitungsbedingungen kommt es zu ganz bestimmten Restriktionen, die man beachten muss. Dabei vermitteln wir Prozess-Know-how bezogen auf Materialanforderungen, Baubarkeitsgrenzen, unternehmensspezifische Prioritäten und daraus ableitbaren Design-Rules. Zusätzlich stellen wir fortschrittliche Methoden vor, wie im Unternehmen der Fokus auf funktionales Denken gelegt werden kann und die vollen Potenziale der Additiven Fertigung ausgeschöpft werden können. Schlussendlich unterstützen wir noch bei der Auswahl geeigneter Software-Tools, um fortschrittliche Designs umsetzen zu können und eine sinnvolle Hard- und Software-Prozesskette zu gestalten.“

www.igcv.fraunhofer.de

Im AMLab können umfangreiche Untersuchungen an Bauteilen, aber auch an Technologiegrundlagen durchgeführt werden.

Im AMLab können umfangreiche Untersuchungen an Bauteilen, aber auch an Technologiegrundlagen durchgeführt werden.

Messe formnext:

Halle 3.1, Stand E60

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