Einstiegshilfe in die Additive Fertigung

Potenziale additiver Verfahren systematisch bewerten und in Produkte umsetzen Additive Fertigungsverfahren sind dabei die Produktionstechnik signifikant zu verändern. Die vielfältigen Verfahren und Anwendungsmöglichkeiten sind jedoch für den Einstieg in diese Technologie eine hohe Hürde, die besonders kleine und mittelständische Unternehmen betrifft, da diese Unternehmen nur begrenzte Ressourcen in die Evaluierung einer neuen Technologie investieren können. Eine fundierte Entscheidungsgrundlage für den Umgang mit additiven Technologien bietet die am Fraunhofer IGCV entwickelte methodische Analyse. Dabei werden die Potenziale additiver Technologien systematisch in Bezug auf die Produkte und Geschäftsprozesse des Unternehmens bewertet.

Leichtbau-Ritzel und Welle in Integralbauweise.

Leichtbau-Ritzel und Welle in Integralbauweise.

Additive Fertigungstechnologien machen aktuell nur einen geringen Anteil der insgesamt eingesetzten Produktionsverfahren aus. Mit additiven Produktionsverfahren lassen sich allerdings häufig signifikante Verbesserungen, sowohl bei der Funktionalität von Bauteilen als auch bei der wirtschaftlichen Herstellung, erzielen. Das Wachstum in diesem Bereich ist daher sehr dynamisch und die Anzahl additiv gefertigter Produkte und verfügbarer Fertigungstechnik nimmt stetig zu.¹ Viele Unternehmen erkennen daher die Notwendigkeit sich mit den Auswirkungen additiver Fertigungsverfahren auf ihr Produktspektrum zu beschäftigen. Häufig besteht im Umgang mit diesen neuen Technologien jedoch eine große Unsicherheit, was vor allem am (noch) nicht vorhandenen Expertenwissen zu additiven Verfahren liegt.²

Am Fraunhofer IGCV in Augsburg wurde deshalb ein systematisches Vorgehen entwickelt, um Unternehmen bei der Bewertung und Einführung additiver Produktionstechnologien bestmöglich zu unterstützen.

Auswertung von Datenbanken nach Anwendungen für additive Fertigungsverfahren. Copyright Fraunhofer IGCV

Auswertung von Datenbanken nach Anwendungen für additive Fertigungsverfahren. Copyright Fraunhofer IGCV

Zielsetzung und Technologieauswahl

Beim Einstieg in additive Technologien lassen sich zwei Fragestellungen ableiten, die für ein Unternehmen relevant sind. Zum einen stellt sich die Frage welche Verfahren und Anwendungen zum aktuellen Zeitpunkt gegeben sind und wie deren zukünftige Entwicklung zu bewerten ist. So ist beispielsweise das Laserstrahlschmelzen das aktuell am weitesten verbreitete additive Verfahren für metallische Komponenten, wohingegen metallbasierte Binder-Jetting-Technologien momentan noch wenig verbreitet sind, aber zukünftig ein großes Potenzial bieten. Zum anderen sollen mittelfristig die erforderlichen Kompetenzen zu additiven Produktionsverfahren im Unternehmen aufgebaut werden, um die Möglichkeiten der Technologie selbst bewerten und langfristig nutzen zu können.

Je nach Produktspektrum und Zielsetzung im Unternehmen können AM-Verfahren unterschiedlich eingesetzt werden. Als erster Schritt der systematischen Analyse erfolgt daher eine Bestandsaufnahme, bei der die Vorerfahrungen mit AM-Technologien erfasst werden. Zudem wird die Zielsetzung der Analyse abgestimmt, wobei auch die strategische Entwicklung des Unternehmens berücksichtigt wird. Auf dieser Basis werden im nächsten Schritt relevante AM-Technologien und Geschäftsfelder definiert, die in der weiteren Analyse detaillierter bewertet werden.

Vorgehen zur systematischen Analyse der Potenziale additiver Fertigungsverfahren. Copyright Fraunhofer IGCV

Vorgehen zur systematischen Analyse der Potenziale additiver Fertigungsverfahren. Copyright Fraunhofer IGCV

Auswahl geeigneter Bauteile für die Additive Fertigung

Die Auswahl der geeigneten Bauteile für die Additive Fertigung ist ein entscheidender Schritt für die Nutzung dieser Technologien. Mittel- und langfristig kann der Einsatz additiver Verfahren nur erfolgreich sein, wenn ausreichend viele Bauteile wirtschaftlich mit diesen Technologien gefertigt werden können. Um einen umfassenden Überblick zu bekommen, sieht die systematische Analyse ein iteratives Vorgehen vor, das aus drei Bereichen besteht:

1. Datenbasierte Bauteilauswahl

Die datenbasierten Methoden greifen auf die im Unternehmen vorhandenen Daten, etwa die im SAP- oder PLM-System gespeicherte Datensätze, zurück. Die vorhandenen Daten werden dabei im Kontext der Additiven Fertigung bewertet. Mit dieser Vorgehensweise kann die Eignung einer AM-Technologie auf Basis des gesamten Produktportfolios beurteilt werden und konkrete Bauteile zur weiteren Umsetzung ausgewählt werden. Je nach Umfang der zur Verfügung stehenden Daten lässt sich die Analyse nach geometrischen, wirtschaftlichen und/oder logistischen Aspekten gliedern oder auf diese Bereiche einschränken.

2. Wissensbasierte Bauteilauswahl

Die wissensbasierten Methoden nutzen das vorhandene Know-how der Mitarbeiter zu Produkten und Prozessen und bringen dieses in Verbindung mit Expertenwissen zu additiven Fertigungsverfahren. Dabei entstehen einerseits vielfältige Ideen für den Einsatz additiver Technologien, andererseits setzten sich die Mitarbeiter aktiv mit diesen Technologien in Bezug auf die eigenen Produkte auseinander, wodurch die Akzeptanz der neuen Technologie wesentlich verbessert wird.

3. Technische und wirtschaftliche Evaluation

Für beide Vorgehen zur Auswahl von Bauteilen ist ein iteratives Vorgehen notwendig, bei dem die generierten Ideen und Bauteile nach technischer und wirtschaftlicher Eignung bewertet werden. Bei der datenbasierten Auswahl ist die Diskussion und Plausibilisierung der erhaltenen Ergebnisse notwendig und bietet die Möglichkeit Know-how zu additiven Verfahren in den entsprechenden Fachabteilungen zu etablieren. Für die wirtschaftliche Bewertung kann auf Kostenmodelle des jeweiligen additiven Verfahrens zurückgegriffen werden, die auf Basis einer Prozesskette eine Abschätzung der zu erwartenden Herstellungskosten für das Bauteil errechnen.

Generelles Ziel ist die Erstellung einer Roadmap, die das Potenzial additiver Technologien für das Unternehmen insgesamt aufzeigt sowie konkrete Bauteile und Ideen zur Nutzung additiver Verfahren benennt. Zudem können anhand der Roadmap Szenarien erstellt werden, wie die Potenziale zukünftig umgesetzt werden können.

Umsetzung in Produkte und Aufbau einer Produktion

Auf Basis der erstellten Roadmap können Entwicklungsprojekte für einzelne Bauteile oder Baugruppen gestartet werden, um die technische Machbarkeit anhand eines Technologiedemonstrators nachzuweisen. Dies wird zumeist in Form von Funktionsprototypen umgesetzt, die mit additiven Verfahren zügig bereitgestellt werden können. Weisen ausreichend Produkte eine technische und wirtschaftliche Eignung für das fokussierte additive Verfahren auf, kann mit der Auslegung und Planung einer passenden Prozesskette für die Produktion begonnen werden. Als entscheidende, strategische Frage muss zunächst evaluiert werden, ob die additive Technologie als Produktionstechnologie im Unternehmen eingeführt werden soll („Make“) oder ob langfristig mit einem Zulieferer zusammengearbeitet werden soll („Buy“).

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