DMRC revolutioniert mit Additiver Fertigung E-Motoren

Das Direct Manufacturing Research Center (DMRC) an der Universität Paderborn hat sich auf die Erforschung und Anwendung von additiven Fertigungsverfahren spezialisiert und arbeitet in Zusammenarbeit mit Unternehmen aus verschiedenen Branchen, insbesondere der Automobil-, Luft- und Raumfahrt-, Energie- und Medizintechnik, an innovativen Anwendungen und Produkten. Besonders relevant sind dabei die Forschungsprojekte zu Rotoren und Gehäusen von elektrischen Maschinen, bei denen das LBM-Verfahren (oder auch LPBF) genutzt wurde.

Revolutionäre Technologie im Fokus: Die additiv gefertigte Rotorwelle eines PMSM mit innovativen Leichtbau- und Kühlstrukturen auf einen Blick. (Bild: M.Haase DMRC)

Revolutionäre Technologie im Fokus: Die additiv gefertigte Rotorwelle eines PMSM mit innovativen Leichtbau- und Kühlstrukturen auf einen Blick. (Bild: M.Haase DMRC)

Direct Manufacturing Research Center

Das Direct Manufacturing Research Center (DMRC) betreibt Forschung mit dem Ziel, die additive Prozesskette zu einem robusten industriellen Produktionsprozess zu etablieren. Als Transferinstitut mit Sitz an der Universität Paderborn arbeiten am DMRC technologieführende Industrieunternehmen mit Forschern der Universität zusammen, um die additive Fertigung zu industrialisieren. Hierbei wird die gesamte additive Wertschöpfungskette von der Rohstoffherstellung über die Fertigung bis zur Anwendung durch Unternehmen jeder Größe abgedeckt.
Die Struktur des DMRC ist sehr flexibel und interdisziplinär; basierend auf den jeweils gegenwärtig behandelten Forschungsthemen kann die Konstellation, der im DMRC beteiligten Lehrstühle verändert werden. Aktuell arbeiten im DMRC 11 Lehrstühle mit 12 Professoren und einer großen Zahl wissenschaftlicher Mitarbeiter zusammen.
Abhängig von der Forschungsfrage und dem angestrebten Zeithorizont, finanzieren die Industriepartner des DMRC oder auch öffentliche Förderorganisationen Forschungsprojekte, welche dann an der Universität Paderborn durchgeführt werden. Die durch das DMRC-Konsortium gemeinschaftlich finanzierten Projekte werden hier durch die Industriepartner gesteuert und kontrolliert. Dies erlaubt es allen Partnern, einen größtmöglichen Nutzen in Bezug auf die Industrialisierung der DMRC-Forschungsergebnisse zu erzielen.

Hier wurden Themen wie die Entwicklung von neuen Materialien, die dreidimensionale magnetische Flussführung, die Integration von Leichtbaustrukturen in den Komponenten, die Entwicklung einer innovativen Gehäusekühlung sowie ein im Motor integriertes Luftumwälzungskonzept zur Kühlung des Rotors und der Permanentmagnete untersucht. Die Ergebnisse dieser Projekte sind vielversprechend und zeigen das enorme Potenzial der Additiven Fertigung in der E-Motoren-Produktion auf.

Die Additive Fertigung hat in den letzten Jahren zahlreiche Vorteile und Möglichkeiten für die industrielle Produktion eröffnet. Insbesondere in der Elektromotorenproduktion kann sie zu einer deutlichen Verbesserung der Leistung, Effizienz und Zuverlässigkeit beitragen. Elektrische Maschinen mit hoher Leistungsdichte finden immer mehr Einsatz in industriellen und mobilen Anwendungen. Gleichzeitig benötigen sie jedoch effiziente Kühlsysteme zur Ableitung der Verlustwärme. Die Additive Fertigung erlaubt die Herstellung von komplexen Geometrien und Strukturen, die mit konventionellen Fertigungsmethoden nicht realisierbar wären. Dadurch können Bauteile mit höherer Funktionalität und Leistungsfähigkeit hergestellt werden, insbesondere in Bezug auf die Optimierung der magnetischen Flussführung und der Wärmeableitung. Die Additive Fertigung trägt auch zur Herstellung von Leichtbaustrukturen und einer Gewichtsreduzierung bei, was insbesondere in der Automobilindustrie und anderen Anwendungen, die auf Energieeffizienz ausgerichtet sind, von großer Bedeutung ist. Zusätzlich können leistungsfähige weichmagnetische Werkstoffe eingesetzt werden, die sich mit herkömmlichen Verfahren nicht verarbeiten lassen.

Im Rahmen eines AiF-Vorhabens (FVA 882 I (IGF-Nr. 20316 N)) wurden unter anderem innovative Leichtbau- und Kühlstrukturen in einem Rotor und einem Gehäuse einer permanenterregten Synchronmaschine (PMSM) durch die Additive Fertigung ermöglicht. Ziel war es, die Vorteile der Additiven Fertigung zu nutzen, um die Leistung und Effizienz einer konventionellen Referenzmaschine zu verbessern. Die Ausgangslage für die Auslegung des Funktionsmusters war eine Automotive-PMSM von der Firma Wittenstein, für die Werte wie Aktivteildimensionen und Magnetvolumen identisch gehalten wurden. Ein baugleicher Stator wurde eingesetzt, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Das DMRC präsentiert den additiv gefertigten E-Motor auf der FVA-Informationstagung 2022 in Würzburg –  eine innovative Lösung für die zukünftige Elektromobilität. (Bild: FVA-Informationstagung 2022)

Das DMRC präsentiert den additiv gefertigten E-Motor auf der FVA-Informationstagung 2022 in Würzburg – eine innovative Lösung für die zukünftige Elektromobilität. (Bild: FVA-Informationstagung 2022)

Optimierte Kühlung

Die konventionelle spiralförmige Gehäusewasserkühlung wurde durch eine aus sinusförmig überlappenden Einzelkanälen bestehende Struktur ersetzt. Durch die Umstellung auf eine Umfangsströmung konnte eine Reduzierung der Druckverluste um 75 % erreicht werden. Die Wicklungstemperatur des Funktionsmusters lag bei gleichem Strom ca. 10 K unter der der Referenzmaschine. Im Rotor wurde eine selbsterzeugte Luftumwälzung zur Kühlung der Permanentmagnete verwendet, wobei eine abgewandelte Form des Diagonallüfters den Volumenstrom erzeugt. Die erwärmte Luft im Rotor wird an den Stirnseiten des Gehäuses durch wassergekühlte Statorschaufeln abgekühlt und zum Rotor zurückgeführt.

Um das Gewicht zu reduzieren, wurden in den Lagerschilden im Gehäuse Wabenstrukturen eingesetzt, die eine deutliche Materialersparnis ermöglichten und gleichzeitig eine steife Struktur in den Lagerschilden beibehielten. Durch die Verwendung minimaler Wandstärken in Kombination mit sinusförmigen Kühlstrukturen konnte zudem eine Art Sandwichstruktur über den gesamten Umfang generiert werden, die sowohl als Leichtbau als auch als Kühlstruktur fungierte.

Der additiv gefertigte Motor im finalen Zustand – eine perfekte Kombination aus innovativem Design und fortschrittlicher Fertigungstechnologie. (Bild: M.Haase DMRC)

Der additiv gefertigte Motor im finalen Zustand – eine perfekte Kombination aus innovativem Design und fortschrittlicher Fertigungstechnologie. (Bild: M.Haase DMRC)

Signifikante Gewichtsreduktion

Auch im Rotor konnten durch die Gestaltung einer Hohlwelle, die Untersuchung des für den magnetischen Fluss relevanten Durchmessers und das Auffüllen von Fachwerkstrukturen Gewicht und Massenträgheitsmoment reduziert werden. Die Ergebnisse waren beeindruckend: Das Gesamtgewicht des Gehäuses ohne Stator wurde um 45 % reduziert, während der Rotor eine Gewichtsreduktion von 33 % und eine Massenträgheitsmomentreduzierung von 13 % aufwies.

Die Entwicklung von Wirbelströmen in massiven Rotoren wurde als besondere Herausforderung betrachtet und analysiert. Um diese zu reduzieren, wurden Schlitze in die Oberfläche des Rotors eingebracht. Bei der Gestaltung der Kühl- und Leichtbaustrukturen wurde darauf geachtet, dass diese keine negativen Auswirkungen auf die Motoreigenschaften haben. Die Materialauswahl sowie die Form der Kühlkanäle zwischen den Magneten wurden sorgfältig bestimmt, ebenso wie der magnetisch relevante Innenradius des Rotors. Es wurden auch verschiedene geometrische Möglichkeiten genutzt, die durch die Additive Fertigung ermöglicht werden.

Im DMRC werden verschiedene Verfahrenstechniken genutzt, um das gemeinsame Interesse an der Forschung und Weiterentwicklung voranzutreiben. (Bild: Universität Paderborn)

Im DMRC werden verschiedene Verfahrenstechniken genutzt, um das gemeinsame Interesse an der Forschung und Weiterentwicklung voranzutreiben. (Bild: Universität Paderborn)

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Additive Fertigung bereits jetzt erfolgreich eingesetzt werden kann, um elektrische Maschinen herzustellen und dabei keine Leistungseinbußen im Vergleich zur konventionellen Fertigung zu zeigen. Die additiven Fertigungsverfahren bieten Vorteile bei der Reduzierung von Gewicht und Massenträgheitsmomenten von Gehäusen und Rotoren sowie bei der Integration innovativer Kühlkonzepte zur weiteren Optimierung der Leistungsdichte. Auch durch neue Materialien können weitere Optimierungen im Vergleich zur konventionellen Fertigung erzielt werden. Anfangs befürchtete Probleme wie die Ausbreitung von Wirbelströmen in massiven additiven Bauteilen konnten durch innovative Oberflächenanpassungen gelöst werden. Diese erzielten Resultate bieten eine solide Grundlage für weitere Optimierungen, um den Einsatz der Additiven Fertigung in der Industrie mittelfristig zu etablieren. Zukünftige Entwicklungen wie konturnahe flüssigkeitsgekühlte Rotoren und die ganzheitliche Betrachtung der Prozesskette, einschließlich der Übertragung von Prozesswerten und Überwachungsdaten in eine digitale Cloud, werden zu signifikanten Fortschritten in der Fertigung von Motorkomponenten führen. Insgesamt sind wir zuversichtlich, dass die additiven Fertigungsverfahren in naher Zukunft eine wichtige Rolle in der Fertigung von Motorkomponenten spielen werden.

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