Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik SLM-Anlage: Auslegung der Additiven Prozesskette
Die Additive Fertigung ist ein wichtiger Teil in der zukünftigen Bauteilproduktion. Das Fraunhofer IPK aus Berlin betrachtet diesbezüglich die gesamte Prozesskette, um diese Technologien erfolgreich in den Produktionsablauf zu integrieren. Der Mehrwert für den Kunden steht dabei im Vordergrund von Forschung und Entwicklung.
Fertigungsprozess einer Turbinenschaufel mittels LPA-SLM Prozesskette.
Forschungsdienstleistungen
• Machbarkeits- und Potenzialanalysen
• Markt- und Patentstudien
• Bauteilanalysen & Simulation
• Qualifizierung von Werkstoffen, Prozess und Produkten
• Materialprüfung und Vermessung
• Entwicklung der Prozess- und Lieferantenkette
• Implementierung von additiven Technologien in die Fertigung
Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK ist auf die Abbildung der gesamten Prozesskette spezialisiert. Betrachtet wird jeder Schritt, beginnend bei der Analyse bis hin zur Integration der Additiven Fertigungstechnologien in die Produktion. Durch das immer breiter werdende Anwendungsspektrum haben sich Additive Technologien zu einem wirtschaftlichen Fertigungssystem für die Herstellung von hochkomplexen Produktkomponenten in Kleinserien etabliert.
Am Fraunhofer IPK werden mit dem Selektiven Laserstrahlschmelzen (SLM), dem Laser-Pulver-Auftragschweißen (LPA) sowie dem Selektiven Lasersintern (SLS) zukunftsträchtige Technologien betrachtet, die viele metallische Legierungen und Kunststoffe sicher verarbeiten können. Dabei werden Anwendungsfelder von der individuellen Fertigung bis hin zur Kleinserienfertigung bedient.
Machbarkeits- sowie Potenzialanalysen für den Einsatz der additiven Technologien zeigen Chancen aber auch Risiken auf. Die langfristige Verbesserung von anwendungsspezifischen System- und Detaillösungen sowie Innovationsvorsprünge sind das Hauptziel der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Mit der schrittweisen und ganzheitlichen Betrachtung ist es möglich, diese neuen Fertigungstechnologien flexibel miteinander zu kombinieren und adaptierbare Prozessketten zu erarbeiten. Vor allem Neuanwender profitieren dabei von der umfangreichen Erfahrung in den Bereichen Design, Konstruktion und anschließender Fertigung.
Aufbau eines Gasturbinenbrenners mittels LPA auf SLM gefertigtem Grundkörper.
Kooperation mit dem IPK
• Anforderungsanalyse mit dem Kundenkreis
• Auswahl von Produkten und Werkstoffklassen zur Additiven Fertigung
• Auslegung der Technologie entlang der Wertschöpfungskette
• Prozessoptimierung für die wirtschaftliche Produktion
• Veranstaltungen und Branchentreffen
Additive Prozesskette
Ein hohes Mehrwertpotenzial stellt die Kombination der additiven Technologien Laser-Pulver-Auftragschweißen und selektives Laserstrahlschmelzen dar. Diese Prozesskette wurde am Beispiel verschiedener Turbinenbauteile am Fraunhofer IPK untersucht.
Mittels selektivem Laserstrahlschmelzen SLM (oder LBM) werden filigrane Gitterstrukturen und innenliegende Kühlkanäle erstellt, um Bauteilgewicht und die Turbinenleistung zu verbessern. Eine Halbierung der Fertigungsdauer konnte durch die hohe Baugeschwindigkeit des Laser-Pulver-Auftragschweißens erreicht werden. Der Wiederaufbau des Anschlussbereichs eines Gasturbinenbrenners zeigt das Potenzial zur Verlängerung der Bauteilnutzungsdauer.
Im Technologiebereich des Laser-Pulver-Auftragschweißens wurde der genaue Zusammenhang der Prozessparameter auf die entstehende Geometrie einer Schweißraupe gezeigt. Dies ermöglicht die unabhängige Einstellung von Höhe und Breite einer einzelnen Schweißraupe – und somit einen endformnahen Aufbau. Vor allem für schwer zu zerspanende Werkstoffe wie die Nickelbasislegierung Inconel 718 werden dadurch Zeit und Kosten in der Nachbearbeitung gespart.
M.Sc. Torsten Petrat
wissenschaftlicher Mitarbeiter Laser-Pulver-Auftragschweißen, Fraunhofer IPK.
„Die Additive Fertigung kann einen großen Mehrwert für den Kunden schaffen, wenn sie sinnvoll in die Wertschöpfungskette implementiert wird. Für eine erfolgreiche Umsetzung wird jeder Abschnitt in der Produktion genau betrachtet und abgestimmt.“
Simulation
Für den erfolgreichen wirtschaftlichen Einsatz Additiver Fertigungsverfahren sollen Bauteile schnell aufgebaut werden und idealerweise schon im ersten Versuch allen Anforderungen genügen. Dies ist heute nur in wenigen Fällen realisierbar.
Eine Lösungsmöglichkeit bietet die numerische Simulation. Noch vor dem ersten Experiment werden Hinweise zur Aufbaustrategie und daraus folgender Maßhaltigkeit gegeben. Am Fraunhofer IPK wird am Technologiebeispiel des Laser-Pulver-Auftragschweißens die Simulationstechnologie weiterentwickelt: Die Methode ermöglicht es, große, praxisrelevante Teile zu berechnen und qualitativ hochwertige Vorhersagen zu generieren.
Hierzu wird der mehrlagige Materialauftrag betrachtet. Auf Basis der berechneten Temperaturfelder werden Aussagen zu qualitätsrelevanten Größen wie Verzug und Eigenspannungen ermittelt. Die Simulation ermöglicht es damit, verschiedene Varianten der Prozessführung zu bewerten. Schlussendlich wird so die Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit Additiver Fertigungsverfahren erhöht.
Das Fraunhofer IPK betrachtet im Berliner Leistungszentrum „Digitale Vernetzung“ die weitere Digitalisierung der Additiven Fertigung. Dazu werden Sensorsystemen in die Anlage zur Überwachung und Dokumentation des Aufbauprozesses integriert. Das gewonnene Wissen dient zur Weiterentwicklung von Simulationswerkzeugen und verbessert die Vorhersagen über den schichtweisen Aufbau. Durch den Einsatz cloudbasierter Datenbanksysteme werden Informationen maschinenübergreifend erfasst und abgerufen. Aus den erfassten Prozessdaten wird ein Qualitätszeugnis für den Fertigungsprozess erstellt. Somit bietet sich die Möglichkeit, jedem hergestellten Bauteil Zeugnisse über den störungsfreien Aufbau beizulegen.
FEM-Simulation des Fertigungsprozesses zur mechanischen Optimierung einer Turbinenschaufel aus Inconel718.
DI Robert Kersting
wissenschaftlicher Mitarbeiter, Additive Fertigung, Fraunhofer IPK.
„Die Begeisterung für den 3D-Druck ist enorm – leider auch die Unsicherheit. Nun gilt es, mit Sachverstand die Weichen für die Produktion von morgen zu stellen.“
Maschinenpark und Messmittel
Zur präzisen Abbildung jedes Prozessschritts stehen am Fraunhofer IPK eine Vielzahl von Anlagen und Software zur Verfügung. Eingesetzt werden Simulationswerkzeuge wie Ansys Workbench oder Simufact. Die Additive Fertigung erfolgt in einer LPA-Anlage von Trumpf, einer SLM-Anlage von SLM Solutions, oder einer DTM Sinterstation. Die Eigenschaften der erzeugten Bauteile können beispielsweise hinsichtlich Zugfestigkeit, Gefüge oder Oberflächenrauheit erfasst werden. Erfahrungen existieren für die unterschiedlichsten Werkstoffe. Neben Stählen und Hartstoffen zählen dazu Nickelbasis-Superlegierungen sowie Leichtbauwerkstoffe wie Titanlegierungen.
Das breit gefächerte Verfahrensportfolio bietet so die Möglichkeit, die Prozesskette ideal abzustimmen und die Produktion hochqualitativ, robust und wirtschaftlich zu gestalten.
Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft
Gemeinsam mit den Kunden werden am Fraunhofer IPK die spezifischen Einsatzmöglichkeiten der additiven Verfahren für die jeweiligen Wertschöpfungsketten analysiert. Die Zusammenarbeit erfolgt dabei im Rahmen bilateraler oder öffentlich geförderter Projekte.
Vor allem klein- und mittelständische Unternehmen können hier von Fördermaßnahmen profitieren. So unterstützen einzelne Bundesländer die Zusammenarbeit. Auch EU-weite Förderprogramme erlauben eine Kooperation der besten Köpfe, für eine gemeinsame Entwicklung innovativer Produkte.
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