Glatt und günstig: 3D-Druckteile im Vapour Smoothing nachbearbeiten

Der 3D-Druck ist perfekt für die Produktion von Kleinserien. Bei Kunststoffteilen gibt es aber einen großen Nachteil gegenüber traditionellen Herstellungsverfahren: Die Oberflächen sind meist grob. So hinterlassen Pulverbettschmelzverfahren wie SLS und MJF eine matte, würfelzuckerartige Oberfläche. Beim FDM wiederum zeigen sich deutliche Schichtlinien. Stehen optische Aspekte im Vordergrund, wählen Entwickler daher bislang noch meist andere Verfahren wie Spritzguss, maschinelle Bearbeitung oder Urethan-Gussteile.

Links ein Teil aus Nylon PA12 direkt nach dem Druck, rechts nach dem Dampfglätten.

Links ein Teil aus Nylon PA12 direkt nach dem Druck, rechts nach dem Dampfglätten.

Die noch junge Technologie der chemischen Dampfglättung (Vapour Smoothing) verändert die Lage dramatisch. Das Verfahren glättet die Oberfläche von 3D-Drucken und verbessert deren mechanische Leistung durch verdampfte Lösungsmittel. Additiv produzierte Kunststoffe sind damit so gut wie nie zuvor für die Kleinserienproduktion geeignet. Das Nachbearbeitungsverfahren funktioniert bei den meisten 3D-gedruckten Polymeren und Elastomeren.

Detailansicht eines dampfgeglätteten Bauteils in SLS-Technologie.

Detailansicht eines dampfgeglätteten Bauteils in SLS-Technologie.

Was geschieht bei der chemischen Dampfglättung?

Ein Verfahren des Vapour Smoothing ist PostPro3D des Anbieters AMT. Wir vermitteln es über unsere Produktionsplattform Xometry und haben daher bereits Erfahrungen in der Anwendung gesammelt. Im Gegensatz zu physikalischen Glättungsverfahren wie Schleifen oder Gleitschleifen wird beim Dampfglätten kein Material auf dem Werkstück entfernt. Vielmehr wird ein Dampfglättungsmittel (FA 326) zusammen mit den Bauteilen in eine abgedichtete Bearbeitungskammer eingeführt.

Die Teile werden in der 600 x 400 x 400 mm großen Kammer gestapelt oder aufgehängt, um die dem Dampf ausgesetzte Oberfläche zu maximieren. Der Dampf erzeugt an der Oberfläche eine kontrollierte chemische Schmelze. Diese reduziert Spitzen und Täler, indem das Material verflüssigt und umverteilt wird und so die Oberfläche glättet. Durch die Schmelze entsteht zudem ein höherer Glanz des Materials.

Sobald die Teile fertig sind, wird die Kammer beheizt und das Finishing-Mittel in einen Auffangbehälter abgelassen. Es verbleiben keine Rückstände auf den geglätteten Teilen. Diese sind nun bereit für den Versand oder für weitere Verfahren.

Dieses in MJF gedruckte Bauteil ist glatt und glänzt - typische Eigenschaften, die sich mit Vapour Smoothing erreichen lassen.

Dieses in MJF gedruckte Bauteil ist glatt und glänzt - typische Eigenschaften, die sich mit Vapour Smoothing erreichen lassen.

Die Vorteile

Dampfgeglättete Teile sehen deutlich besser aus, ihre Oberflächenbeschaffenheit ist vergleichbar mit der von Spritzgussteilen. So haben Standard SLS-Teile in der Regel eine Oberflächenrauheit von mehr als 6,4 µm Ra. Mit chemischem Dampfglätten kann die Rauheit auf unter 3,2 µm Ra und bis zu 1 µm Ra verbessert werden. In Studien wurden durch chemisches Dampfglätten Materialoberflächen sogar um bis zu 1.000 Prozent verbessert. Dabei bleibt zu beachten, dass beim chemischen Dampfglätten das Oberflächenmaterial neu verteilt wird. Man erhält eine versiegelte, glatte, jedoch keine polierte Oberfläche. Es bleibt eine sichtbare Oberflächentopologie und minimale Schichtlinien erhalten.

Die chemische Dampfglättung kann die Lebensfähigkeit von 3D-Drucken in der Lebensmittelverarbeitung, bei medizinischen Geräten und Konsumgütern erheblich verbessern. Sie wird daher für Endanwendungen in diesen Bereichen empfohlen. Vor allem dampfgeglättete 3D-Drucke aus Nylon 12 reduzieren die Anhaftung und das Wachstum von Bakterien im Vergleich zu Standard-3D-Drucken aus Nylon 12. Studien haben gezeigt, dass Vapour Smoothing bei SLS- und MJF-Teilen mehrere Biokompatibilitäts- und Sicherheitstests besteht.

Zu den weiteren Vorteilen des Vapour Smoothing zählen verbesserte Zug-, Dehnungs- und Biegeeigenschaften, eine deutlich reduzierte Feuchtigkeitsaufnahme sowie der geschlossene Kreislauf und wiederholbare Verarbeitungsergebnisse.

So vermeiden Sie Defekte durch das Vapour Smoothing

Im Folgenden zeigen wir die häufigsten Probleme, die nach unserer Erfahrung beim Vapour Smoothing auftreten. Schon bei der Konstruktion können Sie diese vermeiden.

Bridging: Die Oberfläche kann während der Verflüssigungsphase des Vapour Smoothing Blasen werfen. Das Material bildet dann eine dünne Schale, die kleine Spalten oder Wände von scharfen Ecken verbindet. Diese Brückenbildung kann durch einen größeren Abstand zwischen den Lücken sowie durch Hinzufügen großer Radien an scharfen Innenecken gemildert werden.

Bubbles/Blistering: Ähnlich wie bei der Brückenbildung entstehen Blasen an der Oberfläche während des Verflüssigens. Größere Blasen bleiben möglicherweise während der Entfernung des Lösungsmittels bestehen und härten aus. Typischerweise sind diese an breiten, flachen Oberflächen und scharfen inneren Spalten zu finden. Vermeiden Sie deshalb breite, ebene Flächen; organisch geformte Flächen sind weniger anfällig für eine Blasenbildung. Radien an Innenecken helfen ebenfalls, Blasen und andere Defekte zu verringern.

Bites: Während des Dampfglättungsprozesses werden die Bauteile mit Hilfe von Haken oder Klammern aufgehängt. Haken hinterlassen nur minimale Abdrücke auf der Innenseite der Aufhängungsöffnung. „Bissspuren“ hingegen entstehen durch die Abdrücke von Klammern. Solche Abdrücke sind bei weicheren Materialien wie TPU stärker ausgeprägt. Planen Sie möglichst ein Loch zum Einhaken und Einspannen des Teils ein, anstatt es einzuklemmen.

Edge Pooling: Abrupte Drehungen an flachen Seiten von Teilen können zu einer sichtbaren Beule an der Kante führen. Die Unebenheiten entstehen, wenn das verflüssigte Material durch die Schwerkraft zur Kante wandert und dort erstarrt. Kantenabrundung und Pooling können die Toleranzen beeinträchtigen. Radien an scharfen Kanten von Features mit flachen Seiten helfen, eine Ansammlung von flüssigem Material zu minimieren.

Fleckenbildung: Auf der Oberfläche heller Materialien erscheinen nach dem Prozess winzige dunkle Flecken. Diese Sprenkelung ist in der Regel bei natürlichen Oberflächen sowie bei Oberflächen in helleren Farben stärker ausgeprägt. Färben Sie Materialien daher in dunkleren Farben wie Schwarz, Grün oder Blau ein oder wählen das Material gleich so aus. Sprenkel sind darauf weniger sichtbar.

Löcher: Unbeabsichtigte Löcher können auf sehr dünnen Flächen entstehen. Dabei hat sich die Oberfläche auf jeder Seite der dünnen Wand so weit verflüssigt, dass die Mitte vollständig fließt und sich ein Loch bildet, wenn das Material wieder aushärtet. Achten Sie auf eine Wandstärke von mindestens 1 mm. Diese Mindestwandstärke wird generell für die meisten additiven Verfahren empfohlen und hilft auch, andere Probleme zu vermeiden.

Unvollständige Eigenschaften: Beim Dampfglätten können auskragende oder lange dünne Vorsprünge verkürzt oder unvollständig geformt werden. Dies geschieht, weil sich die Spitzen verflüssigen, bewegen und wieder verfestigen, sobald das Lösungsmittel verdampft. Vermeiden Sie bei der Gestaltung Merkmale mit einer Wandstärke von weniger als 1 mm, wie scharfe Spitzen oder Messerkanten.

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