anwenderreportage
DermaPurge powder-ex: Eine Lösung, die sich gewaschen hat
Manche Werkstoffe in der Additiven Fertigung sind im Umgang als bedenklich einzustufen. Kunststoff- und Metallpulver enthalten oft derart feine Partikel, dass ein Eindringen in den Körper bei Mitarbeitern nicht ausgeschlossen werden kann. Im AM-Center von protolabs begegnet man diesem Problem durch den Einsatz der powder-ex- Reinigungspaste von DermaPurge.
Bei der Herstellung von Metallbauteilen im LPBF-Verfahren kommt Metallpulver zum Einsatz, das beim Kontakt mit der Haut problematisch sein kann. Feinste Partikel können in die Haut eindringen und gesundheitsschädlich wirken.
Shortcut
Aufgabenstellung: Sichere Entfernung von problematischen Pulverrückständen von der Haut.
Lösung: powder-ex von Dermapurge.
Nutzen: Hautschonende Möglichkeit, feinste Pulverpartikel beim Händewaschen entfernen zu können und dadurch eine Verschleppung zu verhindern.
Bei einigen additiven Fertigungsverfahren erfolgt der Teileaufbau auf der Basis von Materialpulvern. Speziell im Umfeld der additiven Metallteilefertigung handelt es sich um Pulver mit Fraktionsgrößen im Bereich zwischen 4 und 125 µm. In der Regel liegen die mittleren Partikelgrößen bei etwa 20 µm. Schon bei der Produktion und durch Abrieb der Teile untereinander entstehen auch noch sehr viel kleinere Partikel. Diese Dimensionen reichen schon aus, dass Partikel in die Poren der Haut eindringen, vor allem dann, wenn die Schutzschicht durch Tenside (Anm.: waschaktive Substanzen) zerstört wird. Durch das Reiben beim Händewaschen beispielsweise werden dann diese Partikel in die Poren eingerieben oder können durch unzureichende Reinigung der Haut oral aufgenommen werden, wenn man sich mit den verschmutzten Händen ins Gesicht fasst. Beim Entpacken von gedruckten Metallteilen, dem erforderlichen Abblasen von Restpulver und Entfernen von Stützstrukturen und anderen Nachbehandlungsschritten entstehen zum Teil sogar noch kleinere Partikel. Besonders durch Schleifen können Partikel im Nanometerbereich entstehen. Diese sind noch wesentlich problematischer.
Beim Postprocessing von additiv gefertigten Metallbauteilen gibt es verschiedene Gelegenheiten, bei denen Metallpulver auf die Haut gelangen kann.
Philipp Altmutter
Bereichsleiter DMLS bei protolabs
„Pulverwerkstoffe sind durchaus problematisch, weil Rückstände so fein sein können, dass sie mit bloßem Auge nicht mehr erkennbar sind. Diese sind mit herkömmlichen Waschlotionen nicht wegzubringen.“
Die Sache mit der Seife
Bereits 2017 zeigten Schweizer Wissenschaftler, dass herkömmliche Waschemulsionen oder Seife nicht in der Lage sind, feine Metallstäube wirksam zu entfernen. „Dazu muss man sich einmal vor Augen führen, was bei einem Waschvorgang überhaupt passiert. Eigentlich geht es immer darum, ein Mittel zu finden, das die Schmutzpartikel an sich bindet. Damit können sie dann von der Haut entfernt werden. Meist ist das gewünschte Transportmedium Wasser. Grundsätzlich kann man also zwischen Stoffen unterscheiden, die sich mit Wasser abwaschen lassen und solche, bei denen Wasser alleine nicht genügt. Am ehesten bekannt ist das Phänomen bei fettigen oder öligen Substanzen. Das geht mit Wasser alleine eben nicht. Dafür verwendet man schon sehr lange Seife. Die Wirksamkeit von Seife beispielsweise beruht darauf, dass die Moleküle quasi eine Seite haben, die sich an wasserabweisende Stoffe binden kann und eine Seite, die sich an Wasser binden kann. So wird, vereinfacht ausgedrückt, eine Verbindung zwischen beiden Seiten geschaffen und ein Abwaschen ermöglicht. Ebenso sind Seifen und ähnliche Substanzen in der Lage, Oberflächenspannungen abzubauen und so das Abspülen von Verunreinigungen zu unterstützen. Bei sehr kleinen Partikeln gelingt das leider nicht, dadurch steigt das Risiko, dass Pulverpartikel in den Körper gelangen“, weiß Erik Wöller, der bei DermaPurge den Vertrieb im AM-Bereich verantwortet.
powder-ex von Dermapurge kann anstatt handelsüblicher Reinigungsmittel direkt eingesetzt werden.
Daniel Cohn
Geschäftsführer bei protolabs
„Das Thema Arbeitssicherheit hat bei uns große Bedeutung. Wenn man problematische Werkstoffe verwenden muss ist es wichtig, alles zu unternehmen, dass die Mitarbeiter geschützt werden. Dieser Verantwortung sind wir uns bewusst.“
Hartnäckige Pulverwerkstoffe
Für die Reinigung von kleinen Metall- und Kunststoffpartikeln unter 5 µm werden spezifische Bindungskräfte benötigt, die nur von Stoffen mit großer Oberfläche bereitgestellt werden können. Während Seifen/Tenside hier Schwierigkeiten haben, übernehmen in powder-ex Aktivkohle und Schichtsilikate die Reinigungsleistung.
„Wir haben bei uns schon lange eine klare Vorgabe für die Mitarbeiter aus der Fertigung, dass vor jedem Kontakt mit Lebensmitteln und bevor private Kleidung berührt wird, die Hände zu waschen sind. Wir haben also schon immer versucht, ein höchstmögliches Maß an Sicherheit für die Beschäftigten zu gewährleisten. Allerdings wussten wir gar nicht, dass sich Metallpulver mit Seife gar nicht wirksam und rückstandslos entfernen lässt“, verrät Philipp Altmutter, der bei protolabs für den DMLS-Bereich zuständig ist, also für das Laserstrahlschmelzen von Metall. So wurde man bei dem Fertigungsdienstleister auf dieses Problem erst aufmerksam, als von DermaPurge Kontakt aufgenommen und darüber informiert wurde.
„Es ist eigentlich schon erstaunlich, wie wenig Wissen in der Bevölkerung und vor allem auch in der Industrie zu so scheinbar selbstverständlichen Vorgängen wie Waschen oder Reinigen besteht“, bekräftigt Wöller. Altmutter bestätigt: „Obwohl wir uns mit den einschlägigen Vorschriften intensiv auseinandersetzen und auch bei unseren Mitarbeitern ein regelmäßiges Bioscreening durch unseren Betriebsarzt durchführen lassen, war diese Problematik so nicht bekannt.“
powder-ex legt sich beim Verteilen auf der Haut um die Pulverpartikel und sorgt dafür, dass sie sicher abgespült werden.
Erik Wöller
Vertriebsleiter Additive Fertigung bei DermaPurge
„powder-ex wurde speziell für die Anwendung im Bereich feinster Pulverwerkstoffe entwickelt. Solche Werkstoffe benötigen spezielle Waschkonzepte, da Seife und andere Tenside nicht geeignet sind, um Pulverrückstände sicher und effektiv zu entfernen.“
Bewusstseinsbildung erforderlich
Der Bereichsleiter erzählt auch, wie schwierig es ist, bei den Beschäftigten auf Verständnis zu treffen, dass nicht sichtbare Partikel so problematisch sein können. „Es ist schon schwierig zu vermitteln, dass Waschen da nicht ausreicht. Zumal nach dem Waschen die Hände ja sauber aussehen. Als wir dann powder-ex für die Handreinigung eingeführt haben, war es von Vorteil, dass es beim Waschen ein angenehmes Hautgefühl hinterlässt. Allerdings ist es im ersten Moment schon etwas seltsam, eine schwarze Waschpaste zu verwenden, bei der die Hände zunächst schmutziger aussehen als zuvor. Allerdings weiß man nach dem vollständigen Abspülen auch, dass alle Verunreinigungen ebenfalls entfernt sind“, so Altmutter weiter.
Im Zusammenhang mit Pulverwerkstoffen ist das Waschen mit herkömmlicher Seife sogar eher kontraproduktiv. „Je kleiner die Partikelgröße, umso weniger eignen sich bestehende Mittel zum Abwaschen der Pulver. Eingesetzte Hautreinigungsmittel sollten keine Seifen oder sonstige Penetrationsverstärker beinhalten, um die natürliche Hautbarriere nicht zu beschädigen. Seife, Tenside und Lösungsmittel öffnen die Poren der Haut, was zu einer erhöhten Aufnahme von Gefahrstoffen führen kann. Beim Waschen können dann die Partikel zusätzlich in die Poren oder kleinste Hautverletzungen eingerieben werden. Das ist so auch in den TRGS401, den technischen Regeln für den Umgang mit Gefahrstoffen in Deutschland festgelegt, also eigentlich nichts Neues“, erklärt Wöller.
Infos zum Anwender
Protolabs ist Fertigungsdienstleister für unterschiedliche Technologien. Neben CNC-Zerspanung, Blechteilefertigung und Spritzgießen bietet das Unternehmen auch Dienstleistungen im Bereich der Additiven Fertigung. Am Standort in Putzbrunn bei München befindet sich das neu errichtete AM-Dienstleistungszentrum. Am modernen Standort wird in sechs verschiedenen Technologien eine Vielzahl von Werkstoffen verarbeitet. Das Leistungsspektrum reicht von der Designunterstützung bis zum Finish.
Verschleppungsproblematik
Doch nicht nur die mögliche Aufnahme über die Hautbarriere ist problematisch. Werden Pulverpartikel nicht wirksam entfernt, können diese auch leicht an andere Körperstellen verschleppt werden. Schließlich greifen wir uns laut einer Studie des National Institutes of Health in Bethesda (Maryland/USA) durchschnittlich 3,6-mal pro Stunde selbst ins Gesicht. Der Haptikforscher Prof. Dr. Martin Grunwald von der Universität Leipzig geht sogar von 400 bis 800 täglichen unbewussten Berührungen aus. Bei 44 % dieser Berührungen kommen wir dabei mit Schleimhaut an Mund, Nase oder Augen in Berührung. Diese Problemstellungen führten schließlich dazu, dass man am Leibnitz-Institut für Polymerforschung Dresden begann, Reinigungslösungen für unterschiedlichste Anwendungsgebiete zu entwickeln, bei denen problematische Hautverunreinigungen eine Gefahr für Mitarbeiter bedeuten. DermaPurge ist eine Technologie-Ausgründung aus dem Leibnitz-Institut und hat sich die Weiterentwicklung dieser Reinigungslösungen für die Industrie zur Aufgabe gemacht. „In der Industrie sind Mitarbeiter in vielen Arbeitsbereichen Metallpulvern, Kunststoffpulvern und anderen feinen Pulvern ausgesetzt. Dies können sowohl Arbeitsbereiche sein, wo Pulver gezielt zum Einsatz kommen, wie z.B. in der Additiven Fertigung, Pigmentherstellung, Compoundierung oder in der kosmetischen Industrie, als auch Arbeitsbereiche, wo diese in Prozessen entstehen, wie z.B. Polieren, Fräsen, Bohren, Strahltechnik oder Sintern. Diese Arbeitsbereiche sind mit besonderen Herausforderungen im Arbeitsschutz konfrontiert. Unsere Mission ist es, für jede Reinigungsaufgabe die passende Lösung bereitzustellen“, fasst Wöller abschließend zusammen und Altmutter ergänzt: „Es ist schon beruhigend, dass es Möglichkeiten gibt, auch so problematische Verunreinigungen wie hartnäckige Pulver und Stäube zu beseitigen, zumal wir ja tagtäglich damit zu tun haben.“
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