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Ist die Additive Fertigung bereit für die Industrie?

Anlässlich der formnext im November 2015 hatten wir Gelegenheit den CEO der Stratasys Inc., David Reis, nach seinen Einschätzungen zum Markt der Additiven Fertigung sowie zur strategischen Ausrichtung von Stratasys zu fragen. David Reis, der seit 2009 die Geschäftsführung von Objet innehatte, übernahm nach dem Merger im Jahre 2013 die Gesamtleitung von Stratasys. Das Unternehmen hat derzeit weltweit über 2.800 Mitarbeiter. Das Interview führte: Georg Schöpf / x-technik

Wir sind gefordert, unsere Maschinen robust zu gestalten. Sie müssen im industriellen Umfeld im Dauereinsatz betrieben werden können und dürfen nur minimalste Ausfallraten aufweisen.

David Reis, CEO Stratasys

Wir sind gefordert, unsere Maschinen robust zu gestalten. Sie müssen im industriellen Umfeld im Dauereinsatz betrieben werden können und dürfen nur minimalste Ausfallraten aufweisen. David Reis, CEO Stratasys

Zunächst vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns zu sprechen. David, wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Maschinenhersteller und damit auch für Stratasys im Bereich der Fertigungsindustrie?

Ganz allgemein gesagt sind aus meiner Sicht die Methoden der Additiven Fertigung, ein paar Bereiche im Umfeld der Metallverarbeitung vielleicht ausgenommen, noch nicht wirklich bereit für die industrielle Fertigung im großen Stil. Zwar machen wir in verschiedenen Bereichen gute und wichtige Fortschritte, aber es sind durchaus noch ein paar wichtige Dinge zu bewältigen.

Welche sind das aus Ihrer Sicht?

Sowohl wir bei Stratasys, als auch andere Systemhersteller müssen sich mit folgenden Themen auseinandersetzen:

Wir müssen Materialien bereitstellen, die den Anforderungen der Industrie gerecht werden. Jede Branche, ob Aerospace, Automotive oder andere haben ihre ganz spezifischen Anforderungen, die es zu berücksichtigen gilt. Wir sind gefordert, Bauteile herzustellen, die mit ihren mechanischen Eigenschaften die gleichen Qualitätsmerkmale aufweisen, wie konventionell hergestellte Teile. Im Entwicklungsprozess müssen sich Ingenieure darauf verlassen können, dass die Materialeigenschaften wie Festigkeiten und Spannungen aber auch die chemischen Eigenschaften den herkömmlichen Werkstoffen entsprechen. Das ist immer in Kombination zwischen Werkstoff und Verarbeitungsprozess zu sehen.

Die Industrie fordert bei der Teileherstellung Prozesssicherheit. Allen voran steht hier das Problem der Wiederholgenauigkeit. Wenn man nach heutigem Stand eine größere Stückzahl an Teilen im FDM oder 3D-Druck herstellt, dann hat das fünfzigste Teil andere Eigenschaften als das erste. Es muss gelingen, die Abweichungen in einem ganz geringen Rahmen zu halten. Die Industrie ist es gewohnt, dass in der Serienfertigung das tausendste Teil genauso aussieht wie das erste und die Teile nur im Rahmen der Toleranzen voneinander abweichen. Da müssen wir unsere Prozesse straffen und stabilisieren.

Wir sind gefordert, unsere Maschinen robust zu gestalten. Sie müssen im industriellen Umfeld im Dauereinsatz betrieben werden können und dürfen nur minimalste Ausfallraten aufweisen. Wir müssen ganz klar noch an der Robustheit der Maschinen arbeiten sowie ein Servicekonzept bieten, das den Standards von Werkzeugmaschinenherstellern entspricht. Im Rapid Prototyping ist es völlig in Ordnung wenn ein Service am nächsten Arbeitstag erfolgt. In der klassischen Fertigung ist das zu lange. Darum müssen die Maschinen robuster und die Serviceorganisationen den Industrieanforderungen angepasst werden.   Wie sieht es mit der Einbindung additiver Technologien in bestehende Fertigungsprozesse aus?

Das ist ein weiterer großer Bereich, in dem Handlungsbedarf besteht. Allem voran sind industrietaugliche Workflows zu definieren. Wir müssen in der Lage sein, Schnittstellen zu ERP- und PDM-Systemen zu schaffen, um die Additive Fertigung in den Gesamtprozess mit einzubeziehen. Die Workflows dazu existieren noch nicht. Im Grunde handelt es sich derzeit um reine Insellösungen und jedes Unternehmen definiert seinen Workflow selbst. Diese sind aber meist nicht skalierbar, wodurch die Unternehmen schnell an Grenzen stoßen. Mit unseren Fortus-Maschinen verfügen wir bereits über Equipment, das industrietauglich ist. Jetzt muss es noch gelingen, diese in bestehende Fertigungsprozesse einzubinden.

Wie sind die Intentionen von Stratasys, direkte Schnittstellen zu CAD-Systemen zu schaffen, ähnlich wie die Schnittstelle zu PTC?

Stratasys hat kürzlich GrabCAD gekauft. Diese Lösung verfügt über eine sehr breite Nutzerbasis und ein gut eingeführtes CAD-Kollaborationstool. Wir beabsichtigen, ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen, eine auf GrabCAD basierende Schnittstelle als Backbone für die Anbindung unterschiedlichster CAD-Systeme. Es wird wie eine API für die Anbindung verschiedener Systeme dienen, also quasi wie eine Datendrehscheibe für zu verarbeitende Modelldaten fungieren. Aber da stehen wir, wie gesagt, am Anfang.

In welchem Zeitraum wird da mit einer Lösung zu rechnen sein?

Wir wollen eine solide Lösung, sollten aber durchaus in ein paar Quartalen schon etwas bieten können. Das ist aus unserer Sicht eine wichtige Entwicklung im Hinblick auf die Vereinfachung des Gesamtprozesses. Es geht uns in dem Zusammenhang gar nicht um das Thema CAD/CAM oder das Slicing, sondern um die Konnektivität. Wir vereinen die gesamte Softwareentwicklung von Stratasys und GrabCAD in ein einziges Entwicklerteam, das die Aufgabe hat, eine stabile, durchgängige Konnektivitätslösung bereitzustellen. Wir haben im Moment einige Neuentwicklungen, die wir auf den Weg bringen werden. Natürlich auch im Geräteumfeld, aber ganz besonders viel im Softwarebereich.

In welchem Bereich sehen Sie die größten Entwicklungspotentiale?

Unglücklicherweise gibt es im Moment noch viele Bereiche, wo Entwicklung notwendig ist. Wie erwähnt sind das Themen wie robuste Maschinen, Schnittstellen, industrietaugliche und gut beschriebene Materialien sowie die Einbindung in bestehende industrielle Prozesse. In der Praxis sieht es so aus, dass die Kunden zu uns als Maschinenhersteller kommen und ein bestimmtes Teil herstellen möchten. Wir sind dann gefordert, die richtige Maschine, das richtige Material und die geeigneten Prozessparameter zu liefern. Im Bereich der Additiven Fertigung kommt aber noch der Wunsch dazu, ein Teil, dass zuerst als Prototyp zum Beispiel auf einem Makerbot-Gerät erstellt wurde, mit dem gleichen CAD-File auf einer großen Fortus herzustellen oder mit einem Polyjet-System in Farbe zu drucken. Da sind noch einige Hürden zu überwinden.

Welche Strategie verfolgt Stratasys bei der Platzierung der Produkte. Ist es mehr Direktgeschäft oder wird eine Channel-Strategie verfolgt?

Genau genommen eine Kombination aus Beidem. Wir sind der Überzeugung, dass wir einen starken Channel mit gut positionierten Vertriebspartnern benötigen um den Markt in den verschiedenen Regionen mit lokalen Ansprechpartnern zu versorgen. Unsere Vertriebspartner haben sich als hochqualifizierte Dienstleister mit sehr gutem Branchen-Know-how erwiesen. Trotzdem ist es wichtig, in der Akquise strategischer Kunden auf einen schlagkräftigen Direktvertrieb aufbauen zu können. Darum ist es für uns klar, dass wir bei der Neukundenakquise Key-Accounts über den Direktvertrieb begleiten. Das ist für uns schon deshalb wichtig, weil wir nur dann in der Lage sind, die unmittelbaren Anforderungen der Hightech-Industrie kennen zu lernen, um diese in unsere Entwicklung einfließen zu lassen. Diese Kunden werden dann für die Abwicklung an unsere Channel-Partner herangeführt. Das führt zu einer optimalen Abdeckung sowohl von Neukunden als auch Bestandskunden und wir sind dadurch in der Lage, eine örtliche Betreuung sicherzustellen. Nach unserer Ansicht die bestmögliche Kombination.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

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