veranstaltung
Fachverlag x-technik ADDKON: Der Branchentreff der Additiven Fertigung
Umfassende Information auf der ADDKON 2019: Rund 180 Fachbesucher und etwa 40 Schüler der HTL Vöcklabruck erlebten am 6. und 7. Juni 2019 die bisher umfassendste Fachveranstaltung zum Thema Additive Fertigung in Österreich. In Vorträgen und Workshops, einer Fachausstellung und direkten Gesprächen wurden bei der ADDKON sämtliche Aspekte dieser noch recht jungen Produktionsverfahren beleuchtet. In der anregenden Atmosphäre der Event-Location Scalaria am Wolfgangsee reifte die Erkenntnis, dass die Technologie längst in der industriellen Anwendung angekommen ist, zugleich aber noch viel zu tun bleibt. Deshalb steht bereits fest, dass die ADDKON zu einer fixen Einrichtung im Zweijahresrhythmus wird. Von Ing. Peter Kemptner, x-technik
ADDKON 2019 in Zahlen
2-tägige Fachkonferenz
49 Fachvorträge und Workshops
33 ausstellende Unternehmen
183 Teilnehmer
40 Schüler der HTL Vöcklabruck
2.500 m2 Gesamtfläche der Kongressräumlichkeiten
Wie ein Weckruf ertönten die Glockenschläge aus dem bekannten Rock-Klassiker „Hell’s Bells“ am Morgen des 6. Juni 2019 in der Event-Location Scalaria am Wolfgangsee. Sie läuteten den Fachkongress ADDKON 2019 ein, die bisher umfassendste Informationsveranstaltung zum Thema Additive Fertigung in Österreich, wenn nicht im gesamten deutschsprachigen Raum.
Mit den Keynotes zu den Themen Additive Fertigung im Überblick, deren Status quo und den technologischen Herausforderungen kam die ADDKON 2019 gleich auf den Punkt.
Prof. Dr.-Ing. habil. Gerd Witt
Universität Duisburg-Essen
„Die Additive Fertigung fördert kreative Lösungen mit hoher Funktionsintegration zur Produktoptimierung, fordert jedoch die Betrachtung der gesamten Prozesskette, eine einheitliche Normung und ein hohes Maß an Ausbildung.“
Breiter Themenmix
„Mein besonderes Anliegen war, das Themenspektrum der ADDKON ebenso breit anzulegen wie in der 2015 gegründeten Fachzeitschrift ADDITIVE FERTIGUNG“, sagte deren Chefredakteur und Konferenzleiter Georg Schöpf. „Das Programm sollte für Branchenneulinge wie für erfahrene Experten gleichermaßen informativ sein.“
Das Themenspektrum umfasste daher nicht nur die eigentlichen additiven Produktionsverfahren für Metall, Kunststoff und Keramik sowie die dazu erforderlichen Maschinen und Softwarelösungen. In Vorträgen und Workshops sowie der begleitenden Fachausstellung wurden sämtliche Aspekte der Material aufbauenden Fertigungstechnologien beleuchtet.
„Die Materie weist eine enorme Komplexität auf, die vielen gar nicht bewusst ist“, sagt Horst Payr, technischer Leiter beim Werkzeughersteller Wedco. „Durch die gut strukturierten Vorträge zu sehr vielfältigen Themen fand ich diese Komplexität hervorragend abgedeckt.“
Die kritische Auseinandersetzung mit den Vortragsthemen und die offene Diskussion der aktuellen Problemfelder der Additiven Fertigung in den Pausen wurde sehr geschätzt.
DI Carl Fruth
CEO, FIT AG
„Der Konflikt der Erfahrungen durch die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten bei Prototypen, Vorrichtungen und Produktionsteilen erschwert die Erstellung allgemeingültiger Regeln und Verfahren für den Gesamtprozess der Additiven Fertigung.“
Kritische Auseinandersetzung
Bereits an den Keynote-Vorträgen konnten die rund 180 Fachbesucher den besonderen Qualitätsanspruch der ADDKON ablesen. Bei den Vortragenden handelte es sich um einige der anerkannt führenden Köpfe auf diesem Gebiet. Sie stellten die Geschichte und den Stand der Technik anschaulich dar, nahmen aber auch kein Blatt vor den Mund, wenn es um das Aufzeigen von Problemfeldern und offenen Handlungsfeldern ging.
So ging Prof. Dr.-Ing. habil. Gerd Witt, Professor an der Universität Duisburg-Essen, auf die im Vergleich zu etablierten Fertigungsverfahren hohe Komplexität bei der Wechselwirkung der qualitätsbestimmenden Geometrie- und Prozessdaten ein. „Sie führt dazu, dass die Reproduzierbarkeit additiver Fertigungsverfahren noch weit hinter der konventioneller Methoden zurück bleibt“, veranschaulichte er in seinem Überblick. „Diese Themenfelder gilt es ebenso zu analysieren und zu überwinden wie etwa die tendenziell hohen Kostenstrukturen oder bisher nur ansatzweise verfügbare Ausbildungskonzepte.“
In seiner Keynote zum Status Quo gab DI Carl Fruth Einblicke in seine langjährige Erfahrung. Sein Unternehmen hat sich bereits 1995 auf die Additive Fertigung spezialisiert und ist seit 15 Jahren als additiver Lohnfertiger auch von Serienprodukten tätig. „Angesichts der Vielfalt an Verfahren und deren Auswirkungen auf die Anforderungen an die gesamte Arbeitsumgebung ist der Einstieg in additive Technologien keineswegs trivial“, weiß er. „Man muss sich bewusst sein, dass sie im Vergleich zu konventionellen Verfahren an jeder Stelle der Produktionskette ein tiefgreifendes Umdenken erfordern.“
Prof. Dr.-Ing. Claus Emmelmann leitet das Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik an der TU Hamburg-Harburg und die Fraunhofer-Einrichtung für additive Produktionstechnologien IAPT. „Einerseits erspart jedes Kilogramm 3D-Druck der Welt im Vergleich zu Guss- oder Frästeilen 1,5 Tonnen CO2 und die damit mögliche Reduktion des Bauteilgewichts noch einmal so viel“, stellte er die Vorteile der Technologie heraus. „Um diese Potenziale zu heben, ist es jedoch nötig, so hergestellte Bauteile völlig neu zu denken.“
In seiner Keynote: Status quo - aktueller Stand der Technik veranschaulicht DI Carl Fruth die Anforderungen an die gesamte Arbeitsumgebung beim Einstieg in die additiven Technologien und fordert zum tiefgreifenden Umdenken auf.
Prof. Dr.-Ing. Claus Emmelmann
Institutsleiter, Fraunhofer IAPT
„Die Produktion funktionsoptimierter Bauteile mittels Additiver Fertigung macht es erforderlich, diese in einem holistischen Ansatz völlig neu zu denken.“
Willkommene Offenheit
Einige Fachbesucher empfanden diese Offenheit im Vergleich zu anderen, eher Marketing-getriebenen Veranstaltungen als Beweis von Unabhängigkeit und Qualität. „In den Vorträgen erlebte ich beeindruckende Zugänge, auch sehr kritische Stimmen waren zu vernehmen“, sagte etwa Christian Eberhardt-Motzelt, Technischer Berater beim Materialprüfsystemhersteller ZwickRoell. „Es ist schön zu sehen, dass das Thema nicht nur gehyped wird, sondern auch die Wachstumsschmerzen zur Sprache kommen.“
Dem schloss sich Christian Bay, Arbeitsgruppenleiter AF der Universität Bayreuth, an: „Es ist schön, abseits der Hochglanz-Broschürenwahrheit über die tatsächlichen Herausforderungen der Realität diskutieren zu können.“
Um die Herausforderungen der Additiven Fertigung entlang der gesamten Wertschöpfungskette vollständig abzubilden, bot die ADDKON nicht weniger als 37 Detailvorträge.
Die gesamte Prozesskette
Fünf Vorträge spannten im anschließenden Hauptprogramm einen Bogen über die gesamte Prozesskette der Bauteilefertigung mittels additiver Verfahren. Ulli Klenk von der Siemens Division Gas & Power berichtete über Verbesserungen der Effizienz und Umweltverträglichkeit von Gasturbinen durch die AF-gerechte Entwicklung und Konstruktion. Peter Leitner, Head of Application bei SLM Solutions Software, erläuterte Möglichkeiten der sauberen Daten- und Prozessaufbereitung als Voraussetzung für erfolgreiche additive Fertigungskonzepte.
Das Ergebnis seiner Forschungen an unterschiedlichen Fertigungsprozessen und Materialien am Department of Production Engineering der FH Wels stellte dessen Leiter Prof. (FH) Dr.-Ing. Aziz Huskic vor. Christoph Hauck, Geschäftsführer des Präzisionsteileherstellers MBFZ toolcraft, ging auf die Vielfalt unterschiedlicher Maßnahmen im Postprocessing und Bauteilefinish zur Sicherstellung einer hohen Qualität ein. Das heikle Thema des Nachweises einer reproduzierbaren Qualität setzte M.Sc. Kai Kegelmann, Geschäftsführer von Kegelmann Manufacturing, fort. Er zeigte, dass sich nur mit lückenloser, auf additive Produktionsverfahren abgestimmter Qualitätssicherung vom Vormaterial bis zur Bauteileoberfläche die resultierende Produktqualität zuverlässig steuern lässt.
Die begleitende Fachausstellung mit 33 namhaften Herstellern von Maschinen und Lösungen sowie Softwarelieferanten und Dienstleistern vermittelte ein reichhaltiges Bild davon, wie dynamisch sich das Angebot entwickelt.
Parallel zur Spezialisierung
Um die Herausforderungen der Additiven Fertigung entlang der gesamten Wertschöpfungskette vollständig abzubilden, bot die ADDKON nicht weniger als 37 Detailvorträge. Damit diese nicht den zeitlichen Rahmen sprengen, waren sie in sechs Themenblöcken gebündelt. Je drei davon fanden in Parallelmodulen statt.
Das Modul Software spannte den Bogen vom AF-gerechten Design sowie der Bauteilesimulation und Topologieoptimierung über Datenaufbereitung und Preprocessing bis zur Digitalisierung der Nachbearbeitung. Das Modul Maschinen & Lösungen ermöglichte Einblicke in Technologien und Marktpotenziale der zahlreichen unterschiedlichen additiven Fertigungsverfahren für Polymere und metallische Werkstoffe. Parallel dazu konnten sich Kongressbesucher im Modul Verfahrenskosten & Prozessintegration über organisatorische, wirtschaftliche und logistische Herausforderungen der Additiven Fertigung informieren. Einige der Vortragenden zeigten dabei echte Praxisbeispiele.
„Vor allem den Software-Workshop fand ich hoch interessant“, sagte Kai Kegelmann. „Auf dem Gebiet tut sich extrem viel, das Thema wird auf längere Sicht eines der wichtigsten bleiben.“
Experten von Materialherstellern gingen in einem eigenen Block auf die Eigenschaften metallischer Pulver- und Drahtwerkstoffe, Extrusionskunststoffe, Kunststoffe in Pulverform und Photopolymere sowie Keramik und Sonderwerkstoffe ein. Ein eigenes Parallelmodul mit sechs Vorträgen und einem Workshop war den unterschiedlichen Aspekten der Nachbearbeitung gewidmet. Die Themen reichten vom Entpacken und Reinigen über die Supportentfernung bis zur Oberflächenveredelung. Die Restmaterialentsorgung – Stichwort Pulverbett – stellt sich als spezifisches Problemfeld der Additiven Fertigung dar. Einige Vortragende beschäftigten sich mit Materien wie Aus- und Weiterbildung, Personalauswahl, Arbeitssicherheit und Produkthaftung. Zu diesem Block gehörte auch ein Vortrag über den Schutz des geistigen Eigentums an Teilen, deren Konstruktionen und der für ihre Herstellung erforderlichen Programme.
In Vorträgen und Workshops sowie der begleitenden Fachausstellung wurden sämtliche Aspekte der Material aufbauenden Fertigungstechnologien beleuchtet.
In der Praxis angekommen
Bemerkenswerte Praxisbeispiele am Ende des Vortragsprogramms zeigten, dass die Technologie längst in der betrieblichen Realität angekommen ist. Christoph Brunner von Pankl Racing Systems, Dr.-Ing. Sven Donisi von Rosswag Engineering und Jochen Schmidt vom Werkzeughersteller Mapal zeigten, in welchen Fällen die Additive Fertigung Vorteile bringt bzw. Geometrien ermöglicht, die mit anderen Fertigungsverfahren nicht realisierbar wären.
Sie stellten auch klar, wie wichtig es für eine erfolgreiche Fertigung mit additiven Methoden ist, die gesamte Wertschöpfungskette zu beherrschen und die nötigen Kompetenzen im Haus zu haben oder zumindest sehr eng an sich zu binden. „Noch ist die Additive Fertigung vor allem außerhalb und zwischen den Hauptthemen noch nicht so ausgereift wie etwa die Zerspanung oder der Kunststoffspritzguss“, erläutert Georg Schöpf. „Dort hatten z. B. die Softwarehersteller bereits mehrere Jahrzehnte lang Gelegenheit, den Konstrukteuren und Fertigungsingenieuren mit spezifischen Lösungen unter die Arme zu greifen.“
Die diskutierten Themen wurden nicht nur gehyped. Neben der kritischen Betrachtung kamen auch die Wachstumsschmerzen zur Sprache.
Additiv in die Zukunft
Dieser Prozess steckt im Bereich der Additiven Fertigung noch ein wenig in den Kinderschuhen. Einen Überblick darüber, mit welchen Riesenschritten sie sich jedoch in Richtung einer serientauglichen Technologie entwickelt, gab in seinem Abschlussvortrag Frank Carsten Herzog, Gründer und vorsitzender Geschäftsführer von Concept Laser.
Ergänzend dazu vermittelte die begleitende Fachausstellung mit 32 namhaften Herstellern von Maschinen und Lösungen sowie Softwarelieferanten und Dienstleistern ein reichhaltiges Bild davon, wie dynamisch sich das Angebot entwickelt. Obwohl das sprichwörtliche Kaiserwetter und die tolle Umgebung eine heftige Konkurrenz zu der Fachausstellung darstellten, kam es zu vielen fruchtbaren Gesprächen zwischen Besuchern, Ausstellern und Vortragenden.
Unvergessliches Erlebnis
Das exklusive Event-Resorthotel Scalaria in St. Wolfgang bot nicht nur mit seinen kongresstauglichen Räumlichkeiten und der technischen Ausstattung den passenden Rahmen für die ADDKON. Direkt am Ufer des Wolfgangsees gelegen, bot sie den Kongressteilnehmern das beeindruckende Alpenpanorama des Salzkammergutes, und das auch von ihren Zimmern aus.
Auch das Rahmenprogramm am Abend des ersten Tages trug dazu bei, dass die ADDKON für viele zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde. Dazu gehörte ein Dinner mit österreichischer Spitzenküche. Dabei sorgte eine gelungene Inszenierung von Kirstie Elen an der Violine ebenso für Begeisterung wie Christine Lausberger und Georg Schöpf vom Team der Additiven Fertigung bei x-technik. Sie addierten ihre Fertigkeiten zu einer Tango-Vorführung der Extraklasse.
Nicht die letzte ADDKON
„2021 werden wir wieder eine ADDKON veranstalten und planen, dabei die erste Ausgabe dieses Kongresses noch zu übertreffen“, schließt Georg Schöpf. „Ich rechne damit, dass uns die Themen rund um diese zukunftsträchtige Fertigungstechnologie noch lange nicht ausgehen werden.“
„Zuvor planen wir allerdings im Herbst 2020 einen ähnlichen Kongress zum Thema Zerspanung“, fügt x-technik Verlagsleiter Robert Fraunberger hinzu. „Auch dort ist auf Sicht keine Verlangsamung der Innovationsrate zu erwarten.“
Teilen: · · Zur Merkliste