Mit 3D-Druck von W-3D besser lesen
Bei der Entwicklung neuer und innovativer Produkte kann die Additive Fertigung wertvolle Dienste leisten. Ohne die Möglichkeiten und die Flexibilität des 3D-Drucks hätte die Kölner Bookhoover GmbH ihre Produkte kaum in so kurzer Zeit zur Marktreife bringen können. Unterstützt durch die W-3D GmbH & Co. KG gelingt auch der Übergang in die Serie.
Von der Prototypenentwicklung bis zum fertigen Produkt (vorne): Die Additive Fertigung spielt bei der Entwicklung und Serienfertigung der Bookhoover Lesehilfe eine entscheidende Rolle.
Shortcut:
Aufgabenstellung: Fertigung und Finish von Komponenten für eine Lesehilfe.
Material: PA12
Lösung: Fertigung der Einzelkomponenten im HP Multijet Fusion-Verfahren mit anschließender chemischer Glättung und Färbung.
Nutzen: Wirtschaftliche Fertigung von Serienkomponenten auch bei hoher Variantenvielfalt und geringeren Losgrößen.
Aller Anfang ist schwer! Manch einer erinnert sich noch an die ersten Leseversuche in der Schule, sei es bei sich selbst oder seinen Kindern. Das Zusammensetzen der Buchstaben zu Wörtern und schließlich zu ganzen Sätzen. Manch einer entwickelte sich zum rasanten Leser und andere wiederum brauchten etwas länger. Schnelllesekurse versprechen, auch in fortgeschrittenem Alter das Lesetempo steigern zu können. So erging es auch Daniel Nienkämper, Geschäftsführer der in Köln ansässigen Bookhoover GmbH: „Nach meinem Bionik- und Maschinenbaustudium arbeitete ich acht Jahre lang als Entwicklungsingenieur im Automobilbereich. Doch der Wunsch, meine eigenen Produkte zu kreieren, wurde immer stärker, da ich im Getriebe des Großkonzerns keine Möglichkeit sah, Neuartiges einzubringen. Das Lesen und Aufnehmen von Wissen aus Büchern war mir schon immer wichtig, doch mir fehlte oft die Zeit und Energie dafür. Und: Ich hielt mich selbst für einen langsamen Leser.“ So absolvierte er 2020 einen Speed-Reading-Kurs, um in der knappen Freizeit mehr Bücher lesen zu können und lernte dabei, dass Lesehilfen beim effizienteren Lesen helfen. „Durch die gezielte Kontrolle der Augenbewegungen können alte Gewohnheiten überwunden und das Lesen erleichtert werden. ´Schnell lesen und trotzdem mehr verstehen´ mag paradox klingen, doch in erster Linie geht es um den höheren Fokus, den wir durch aktiv geführtes Lesen erlangen können – das Tempo folgt danach“, geht Nienkämper ins Detail.
Die Vorschläge im Kurs reichten von Stiften bis zu Essstäbchen als Unterstützung. „Ein langer, spitzer Gegenstand soll es aber unbedingt sein, da der Effekt bei Nutzung eines Fingers geringer ausfällt. Außerdem hilft ein schmaler Gegenstand, den Fokus besser auf die Leseposition zu lenken, da das Auge besser folgen kann und weniger Text verdeckt wird“, präzisiert der Geschäftsführer. Die Idee ein entsprechendes Tool zu entwickeln entstand, weil Nienkämper sich bei der Nutzung eines Essstäbchens in Bus und Bahn irgendwie seltsam vorkam und sich außerdem bei längerem Lesen die Finger durch aktives Halten im Pinzettengriff verkrampften oder das Stäbchen immer wieder herunterfiel. Eine erste Abhilfe brachte eine spitze Parfümkappe mit einem Fingeraufsatz, wie man ihn für Tablets verwendet. Zunächst nur für den Eigenbedarf gedacht, wurde er aber öfter darauf angesprochen, was das denn für ein Ding an seinem Finger sei und es stellte sich heraus, dass noch mehr Menschen Schwierigkeiten hatten, sich beim Lesen zu konzentrieren. Eine Analyse zum Bedarf im Markt wurde durch einen Test-Onlineshop durchgeführt, der zeigte, dass eine entsprechende Nachfrage bestand.
Erste Prototypen wurden mit einem resinbasierten System erstellt. Bei der finalen Fertigung entschied man sich schließlich für das Multijet Fusion-Verfahren.
Maschinenausstattung W-3D:
HP 4210
HP 5210
HP 5420W (neu)
2 x HP Processing Station
2 x DyeMansion Powershot S
2 x DyeMansion Powershot C
AMT SF 100
Rösler EC 620
Standox Lackieranlage
2 x DyeMansion DM60
3D-Druck als Entwicklungstool
So wurde die Idee geboren, eine Lesehilfe zu entwickeln, die auf den Finger gesteckt werden kann und die Anforderungen ähnlich wie ein Stift oder Stäbchen erfüllt. Im Zuge dessen entstanden unterschiedliche Designideen für Lesehilfen mit integrierten Bleistift- und Kugelschreiberminen bis hin zu Eingabestiften für Tablets, Smartphones und Notebooks. Bald stellte sich jedoch heraus, dass auch reine Lesehilfen gefragt waren und auch insbesondere der Bedarf an einer Version für Kinder gegeben war. So entstand der Booky.
„Wir haben in der Herstellung der Prototypen von vornherein den 3D-Druck genutzt, weil wir in der Entwicklung immer wieder ausprobieren mussten, wie sich unser Bookhoover anfühlt und welche Größen möglichst verschiedene Fingergrößen abdecken. Dafür haben wir zunächst ein günstiges resinbasiertes System verwendet, bei dem uns aber schnell klar wurde, dass es für eine Serienfertigung kaum geeignet ist. Für die ersten Versionen in etwas größeren Stückzahlen haben wir, gestützt durch ein Crowd-Funding, über eine Bestellplattform auf externe Dienstleister zurückgegriffen und verfahrenstechnisch auf SLS gesetzt“, erinnert sich Nienkämper. Bei der Annäherung an die Serienreife hat sich jedoch gezeigt, dass die unmittelbare Zusammenarbeit mit einem Fertigungsdienstleister zielführender ist. „Parallel zur Optimierung der einzelnen Varianten haben wir uns Ende 2023 nach einem Fertigungsdienstleister umgesehen, mit dem wir direkt kooperieren wollten. Der Weg über 3D-Druck-Plattformen funktioniert zwar, wenn man aber ganz konkrete und hohe Anforderungen hinsichtlich Oberflächenqualität, Bauteilgenauigkeit und Farbe hat, benötigt es eine gezielte, persönliche Abstimmung mit dem Fertigungsdienstleister“, erklärt der Geschäftsführer.
Daniel Nienkämper
Geschäftsführer der Bookhoover GmbH
„Durch die Unterstützung von W-3D ist es gelungen, bei allen Komponenten unseres Produktes genau die Qualität zu erzielen, die wir uns erhofft haben. Und das bei maximaler Flexibilität und Unterstützung.“
Weg in die professionelle Serienfertigung
„Anfang 2024 kam Herr Nienkämper auf uns zu, mit der Bitte, die Komponenten ihrer Lesehilfen im Hinblick auf Fertigungsmethode, Oberflächenqualität und Färbung zu prüfen. Wir konnten feststellen, dass wir mit dem von uns angebotenen Gesamtprozess auf der Basis der MJF-Technologie (Anm.: HP-Multijet-Fusion-Technologie) die gewünschten Qualitätskriterien voll erfüllen können“, erinnert sich Bernd Weiskircher, Geschäftsführer der W-3D GmbH & Co. KG. Das Unternehmen, das 2022 seinen Sitz ins sächsische Sohland an der Spree (D) verlegt hat, beschäftigt sich seit 2015 mit Additiver Fertigung und geht ursprünglich aus einem Präzisionszerspanungsbetrieb hervor. „Aus unserer Vergangenheit wissen wir, dass es letztlich darum geht, dass unsere Kunden ein funktionierendes Produkt bekommen, das ihren Anforderungen entspricht. Trotzdem vermitteln wir im Gespräch gerne, wie die Technologien funktionieren und welche technologischen Randbedingungen bestehen, denn das hilft ihnen, die Möglichkeiten des 3D-Drucks komplett auszuschöpfen“, geht Weiskircher ins Detail.
Konkret bedeutete das, dass man zusammen mit dem Kunden ermittelt, worauf es bei den einzelnen Komponenten wirklich ankommt und dann eventuelle Schwachstellen gemeinsam optimiert. Perfekte Ausrichtung der Teile im Bauraum, um gewünschte Toleranzen einzuhalten und eine effiziente Entpulverung der Teile gehören da ebenso dazu wie die Möglichkeiten, die Komponenten chemisch zu glätten und prozesssicher in den Wunschfarben einzufärben. „Die Ergebnisse, die wir bei den Probeaufträgen von W-3D bekommen haben, waren schlicht überzeugend. Zuvor gab es immer wieder Probleme mit Genauigkeit, Pulverresten in den Teilen oder Fehler beim Färben“, bemerkt Nienkämper und Weiskircher betont: „Wir haben beim Aufbau unseres Maschinenparks darauf geachtet, dass wir die einzelnen Prozessschritte so aufeinander abstimmen, damit ein reproduzierbar gutes Ergebnis herauskommt. Das geht so weit, dass wir für einzelne Projekte, wie in diesem Falle auch, eigene Vorrichtungen bauen, um die Komponenten beim Glätten und Färben gezielt bearbeiten zu können. Das ist zwar ein Mehraufwand, den wir als Dienstleister betreiben, aber er schlägt sich in sehr guten Ergebnissen nieder und führt dazu, den Prozess im Projekt skalierbar zu machen.“
Bernd Weiskircher
Geschäftsführer der W-3D GmbH & Co. KG
„Projekte wie die Bookhoover-Komponenten zeigen eindrücklich, dass additive Serienfertigung kein Wunschdenken mehr ist. Vielmehr bietet sie viel mehr Flexibilität in Design und Farbe als das Spritzgießen bei attraktiven Preisen.“
Konsequent geplanter Fertigungsprozess
So kann sich die Maschinenausstattung bei W-3D wirklich sehen lassen (siehe Kasten) und zeigt auch, dass ein durchgängiger Workflow sowie eine konsequente Auftragsplanung entscheidende wirtschaftliche Faktoren sind. „Wir haben auf unserer HP 5210 meines Wissens nach die höchste Auslastung weltweit auf diesem Maschinentyp. Sie läuft, mit Ausnahme der Servicezeiten, 24/7 bei uns. Auch in der Additiven Fertigung ist es so, dass man nur dann vernünftige Ergebnisse aus den Maschinen bekommt, wenn man sich um seine Anlagen kümmert. Sauberkeit ist dabei nur ein Faktor. Hinzu kommen regelmäßiger Service und ein Rüstkonzept, das den Prozessablauf unterstützt“, verrät der W-3D-Geschäftsführer. Wie das bei W-3D genau abläuft, das möchte der Geschäftsführer im Detail nicht verraten, gibt aber mit einem Augenzwinkern zu verstehen, dass Weiterbildung der Mitarbeiter und eine konsequente Planung mit Sicherheit dazugehören.
Mittlerweile fertigt man bei W-3D insgesamt 13 verschiedene Komponenten für Bookhoover in unterschiedlichen Farben. Für Bookhoover liegen die klaren Vorteile bei der Zusammenarbeit mit W-3D in der hohen Flexibilität, der gleichbleibend hohen Ergebnisqualität und den kurzen Lieferzeiten. „Wir haben am Anfang gerade mal 100 Stück je Komponente benötigt. Die Anzahl der benötigten Komponenten steigt stetig und es hilft uns sehr, dass W-3D so flexibel auf unsere Anforderungen reagieren kann, zumal wir ja meist unterschiedliche Modelle gleichzeitig fertigen müssen. Die Endmontage erfolgt bei uns in Köln und da ist es einfach wichtig, dass die Komponenten perfekt passen. Wir sind froh, in Bernd Weiskircher und seiner Mannschaft einen so kompetenten und zuverlässigen Lieferanten gefunden zu haben“, fasst Nienkämper zusammen und Weiskircher ergänzt: „Projekte wie diese haben für uns den Charme, dass wir einerseits unser gesamtes Know-how einbringen können, um ein wirklich tolles Produkt herzustellen und auch bei der Optimierung mitzuwirken, und gleichzeitig zeigen können, dass die Additive Fertigung den Weg in die Serie geschafft hat und speziell bei komplexen Geometrien mit hoher Variantenvielfalt eine wirtschaftliche Alternative zum Spritzgießen darstellt. Bookhoover ist für uns ein tolles Beispiel dafür, wo wir mit unserer Technologie punkten können.“
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