anwenderreportage
Moderne Serienfertigung mit Multijetfusion bei W3D
Die W-3D GmbH aus Sohland an der Spree (D) hat sich binnen kürzester Zeit einen guten Namen im Bereich der Additiven Fertigung mit HP-Multijetfusion gemacht. Nach nur knapp zwei Jahren und dem Umzug an den neuen Standort wird die Produktion erneut massiv ausgebaut und die Serienfertigung von PA12-Teilen zusätzlich automatisiert. Additive Serienfertigung mit perfekten Oberflächen und in Wunschfarbe.
Nachwuchsförderung vom Feinsten: Am Wochenende darf der Sohn des Geschäftsführers mit Hand anlegen. Wie Auspacken an der Processing-Station geht, das weiß er schon. Und manchmal findet er auch ein Spielzeug im Pulver.
Maschinenausstattung W-3D:
HP 4210
HP 5210 upgegradet auf 5620
HP 5420W
2 x HP Processing-Station für PA12
1 x HP Processing-Station für PA12S
2 x Dyemansion Powershot S
2 x Dyemansion Powershot C
AMT SF 100
Rösler EC 620
Standox Lackieranlage
2 x Dyemansion DM60
Neu 2025:
2 x HP 5620
automatische Auspackstation Jet Fusion 5200 3D-Serie
automatische Strahlanlage
Während manches Unternehmen im Bereich der Additiven Fertigung damit kämpft, seine Kunden für die Möglichkeiten der Technologie zu begeistern, stehen anderswo die Maschinen kaum eine Minute still. Die W-3D GmbH & Co. KG im sächsischen Sohland an der Spree (D) gehört zu letzteren und hat den Weg in die additive Serienfertigung gefunden. „Mit dem 3D-Druck habe ich schon vor neun Jahren begonnen. Vor zwei Jahren, also mit dem Umzug nach Sohland, ging es dann aber eigentlich erst richtig los. Durch konsequente Akquise und herausragende Qualität bei den Kundenprojekten ist es uns gelungen, innerhalb von zwei Jahren einen soliden und vor allem gut durchmischten Kundenstamm aufzubauen“, erzählt Bernd Weiskircher, Geschäftsführer des Dienstleistungsunternehmens, und verschweigt dabei aber auch nicht, dass der Standort einige Vorteile mit sich bringt. „In dieser Region gibt es mehr Industrie, als man auf den ersten Blick ahnen würde. Schon zu DDR-Zeiten war die Region industriell recht gut erschlossen und die Firmen sind geblieben. Diese bilden einen gewissen Grundstock, zumal diese Firmen bislang mit Additiver Fertigung zum Teil noch recht wenig zu tun hatten. Außerdem profitiert man hier von einer Förderungslage, die eine Investition attraktiv macht.“ Damit spricht Weiskircher das Industrieförderprogramm des Freistaates Sachsen an, mit dem Strukturentwicklungsprojekte unterstützt werden.
„Mit Förderungen allein ist es freilich nicht getan. Man muss schon die Ärmel hochkrempeln und aktiv neue Projekte akquirieren. Außerdem ist es erforderlich, auch mal andere Wege zu gehen, als vom Kunden direkt gefordert“, verrät der findige Geschäftsführer mit einem Augenzwinkern. So gehört es für Weiskircher zum guten Ton, die geforderte Bauteilqualität immer zu übertreffen. Sowohl was die Präzision angeht als auch das Erscheinungsbild. „Da wird bei der Oberfläche schon mal geglättet und gefärbt, obwohl nur gestrahlt gefordert war, aber dadurch erkennt der Kunde, was möglich ist und so gelingt es manchmal, neue Themenbereiche bei ein und demselben Kunden zu erschließen. Auf jeden Fall aber spricht es sich herum, dass man bei der Qualität keine Abstriche machen muss.“
Bei W-3D ist alles auf Serienproduktion ausgelegt. Automatisierte Prozesse helfen dabei Ressourcen optimal zu nutzen und Durchlaufzeiten zu verringern.
Shortcut
Aufgabenstellung: Herstellung von Prototypen, Kleinserien und Serienkomponenten für unterschiedlichste Industrien.
Material: PA12 und PA12S
Lösung: HP Multijetfusion, Strahlen, chemisches Glätten, Färben und Lackieren.
Nutzen: Komplette, endbehandelte Kunststoffserienteile und Komponenten mit perfekten Oberflächen.
Vorzeigebetrieb für Multijetfusion
Den Einstieg ins Multijetfusion erfolgte mit einer HP 4210. Mittlerweile wurde der Maschinenpark massiv erweitert, sowohl im Bereich der Fertigung, dem Auspacken als auch dem Postprocessing (siehe Ausstattungsliste). Das Teilespektrum reicht dabei von Teilegrößen von 5,0 x 5,0 x 5,0 mm, die in einer Sinterbox untergebracht werden müssen, um nicht verloren zu gehen, bis zu Teilen mit einer maximalen Länge von 438 mm. „Wir nutzen den Bauraum der Maschinen mittlerweile maximal aus. Da ist ein konsequentes Nesting unabdingbar und wir versuchen, den Bauraum so gut es geht und auch wo es vom Prozess verantwortbar ist, zu füllen“, so Weiskircher weiter. Das führt dazu, dass das Unternehmen auf den verfügbaren HP 4210 und HP 5210, letztere wurde mittlerweile auf eine 5620 aufgerüstet, um einen vollautomatischen Built-Unit-Wechsel zu ermöglichen, 75 bis 80 Bauräume pro Monat und auf der HP 5420W etwa 30 Bauräume pro Monat abwickelt. In Summe sind das über 400 kg alleine an PA12-Pulvermenge, die verarbeitet wird.
„Dabei ist unser momentanes Problem ganz sicher nicht, unsere Maschinen auszulasten, denn da haben wir sogar laut Aussage von HP weltweit die wohl höchsten Durchsatzzahlen, sondern weitere Maschinen zu bekommen“, ergänzt Weiskircher. So sind für 2025 zwei weitere HP 5620 mit vollautomatischem Bauraumwechsel vorgesehen, um den steigenden Kundenanforderungen gerecht zu werden. Auch eine weitere Processing-Station wird hinzukommen, um die Baujobs mit PA12S (S steht für smooth) für feinere Oberflächen sortenrein auspacken zu können. Ebenso ergänzt werden soll das Thema Strahlen zur Bauteilreinigung und Oberflächenverdichtung. Auch da wird künftig mit der automatischen Auspackstation von HP und einer direkt angeschlossenen Strahlanlage alles in Richtung Serienfertigung und Automatisierung adaptiert.
„Mit unseren derzeit fünf Mitarbeitern werden wir diese Infrastruktur nicht mehr bedienen können, darum werden wir im kommenden Jahr auch personell aufstocken. Mir ist dabei wichtig, Mitarbeiter zu haben, die hochqualifiziert sind. Darum werde ich auch zwei weitere Mitarbeiter zum Servicetechniker ausbilden lassen, damit wir auch weiterhin unseren Workaround mit regelmäßiger Servicierung der Maschinen inhouse erledigen können“, verrät Weiskircher. Die Verträge mit den neuen Mitarbeitern sind Weiskircher zufolge schon gemacht und diese werden Anfang des Jahres dazustoßen und eingearbeitet und somit rechtzeitig zum Eintreffen der neuen Maschinen im April und Juli kommenden Jahres bereitstehen.
Medizintechnik ist ein wichtiger Bereich bei W-3D. Die additive Herstellung von Orthesen ermöglicht passgenaue Heilhilfsmittel in kürzester Zeit.
Lenny Weiskircher
Sohn des Geschäftsführers und vielversprechender Nachwuchs-3D-Drucker
„Papa hat mir beigebracht: Wenn die Lampe an der Maschine grün leuchtet, dann kommt Geld rein. Wenn ich mein eigenes Geld verdiene, dann brauch ich nicht auf Weihnachten oder meinen Geburtstag warten.“
Serienfertigung 24/7
Direkt nach dem Umzug nach Sohland legte Weiskircher sein Hauptaugenmerk darauf, Kunden aus der Umgebung die Vorzüge der Additiven Fertigung näherzubringen. Also beispielsweise, dass zusätzliche Komplexität keine Mehrkosten verursacht, Bauteilgeometrien machbar sind, die konventionell nur schwer oder gar nicht realisierbar sind oder kurzfristige Teileverfügbarkeit. Schon nach kurzer Zeit aber haben sich Anforderungen abgezeichnet, die klar in Richtung Serienfertigung wiesen. „Schon bei den ersten Aufträgen kam oft die Frage, wie denn die Möglichkeiten aussehen würden, kleine und mittlere Serien abzubilden. Nachdem die Kunden erfahren haben, dass das ohne größeren Aufwand und vor allem ohne horrende Werkzeugkosten möglich ist, kamen sehr zeitnah die ersten Kleinserien ins Haus“, erinnert sich Weiskircher. Ebenso haben die Kunden schnell realisiert, dass sie bei den AM-Teilen von W-3D keine Abstriche hinsichtlich Oberflächenqualität und Farbe machen brauchen. „Wir haben neben dem Strahlen und Farbimprägnieren auch chemisches Glätten als Oberflächenbehandlung und auch Lackieren zur Auswahl, wenn ganz spezifische Farben und Farbeffekte gewünscht sind. Damit ist es bis jetzt gelungen, jeden Farbwunsch abzubilden.“ Durch den Einsatz beider Maschinentypen von HP, also der klassischen MJF, bei der mit schwarzem Fusing Agent gedruckt wird, und der Weiß-Technologie, gibt es auch bei der Färbung keine Einschränkungen mehr. „Die Teile, die mit dem schwarzen Fusing Agent gedruckt werden und grau aus der Maschine kommen, färben wir grundsätzlich schwarz nach, weshalb wir auch im Bereich Färben anlagentechnisch nachrüsten. So wird mit einer DM60 ausschließlich schwarz gefärbt. Das vereinfacht uns den Prozess, weil wir diese Anlage nicht permanent für einen Farbwechsel reinigen müssen. Das ist bei den Mengen, die wir bearbeiten, ein wichtiger Ressourcenaspekt“, geht der Geschäftsführer ins Detail und gibt zu verstehen, dass man auf dem Weg in die additive Serienfertigung genau wie in der konventionellen Fertigung akribisch den Zeitfaktor für Arbeitsschritte im Auge behalten muss. Umso wichtiger erscheint es ihm, bei der Auswahl der Systemlieferanten auf die richtigen Partner zu setzen. Darum legt er großen Wert auf einen offenen und konstruktiven Austausch mit seinen Systemlieferanten im Bereich der Nachbearbeitungssysteme und insbesondere natürlich bei den Fertigungssystemen.
Bernd Weiskircher
Geschäftsführer der W-3D GmbH
„Wir achten darauf, dass wir unseren Kunden nicht nur die beste Qualität liefern, sondern manchmal etwas mehr bieten als gefordert. Das zeigt unseren Kunden was möglich ist und eröffnet neue Anwendungsfelder.“
Fruchtbare Zusammenarbeit lohnt sich
Betreut wird W-3D seit geraumer Zeit von Bechtle Additive Manufacturing. „Firmen wie W-3D zeigen eindrucksvoll, dass man mit der Multijetfusion-Technologie im AM-Markt erfolgreich nicht nur Kundenprojekte abwickeln kann, sondern in der Lage ist, völlig neue Anwendungsgebiete zu erschließen. Wir als Vertriebspartner von HP sehen es als unsere Aufgabe, unseren Anwendern alles an die Hand zu geben, um wirtschaftlich erfolgreich mit den Systemen arbeiten zu können. Service und Betreuung stehen für uns deswegen an oberster Stelle“, so Sebastian Weber, Account Manager bei der Bechtle Additive Manufacturing Deutschland GmbH, und er ergänzt: „In den letzten Jahren wurden wir jedes Jahr von HP für den besten Service in EMEA ausgezeichnet. Diese Auszeichnung nennt sich Best Quality of Service EMEA. Das ist uns besonders wichtig und entspricht auch unserem internen Anspruch, hier immer auf Platz eins zu sein.“
„Für uns ist es ein gutes Gefühl, einen Maschinenlieferanten zu haben, auf den wir uns verlassen können. Bei unserem Durchsatz absolut wichtig. Da haben wir mit Bechtle den perfekten Partner“, bestätigt Weiskircher und weist darauf hin, dass partnerschaftliche Zusammenarbeit für ihn ohnehin der Schlüssel für den Erfolg in der Additiven Fertigung ist und wirbt dafür, sich mehr und besser auszutauschen, um gemeinsam die Technologie besser im Markt zu etablieren.
Infos zum Anwender
Bereits 2015 hat Bernd Weiskircher das Thema Additive Fertigung in sein Portfolio genommen. Damals noch als Teil seines Zerspanungsbetriebs hat er 2023 den Fokus daraufgelegt und in Sohland an der Spree (D) die W-3D GmbH gegründet. Dort fertigt er auf HP-Multijetfusion-Maschinen hochwertige Kunststoffkomponenten in PA12. Auf derzeit drei Anlagen, die im kommenden Jahr um zwei weitere ergänzt werden, entstehen vom Prototypen bis zur Serie hochqualitative Komponenten für den Rennsport, die Medizintechnik und weitere Industrien.
Früh übt sich
Fertigung rund um die Uhr bringt es manchmal mit sich, dass auch der Sohn des Geschäftsführers am Wochenende mit im Betrieb ist und größte Freude daran hat, mitzuarbeiten. „Ich finde es toll, dass er so großen Spaß daran hat, an der Processing-Station Teile zu entpacken. Dann legt er mit dem Saugschlauch die Teile frei und findet manchmal auch einen Dinosaurierzahn im Pulver“, erzählt Weiskircher. „Er hat schon gelernt, dass es Geld bringt, wenn die Leuchte an der Maschine grün ist und meinte dann mal: Davon kaufen wir Steak, Sushi und Chicken Nuggets. Er hat also schon verstanden, dass man nur dann was verdienen kann, wenn die Maschine läuft, zudem wird der Junior für die geleistete Arbeit schon entlohnt und füttert damit sein Sparschwein.“ So sorgt Weiskircher neben der erwähnten Personalerweiterung schon frühzeitig für Fachkräftenachwuchs und bemerkt dann wieder ernst: „Wir müssen unsere Jugend frühzeitig an das Thema heranführen. Es ist wichtig, dass der 3D-Druck schon im Werkunterricht in der Schule und in den Gewerbeschulen sowieso Teil des Lehrplanes wird, wenn wir wollen, dass unser Fachkräftenachwuchs die Vorteile der Technologie verstehen soll.“
Generell sieht Weiskircher in der Aus- und Weiterbildung den Schlüssel für den Erfolg additiver Technologien. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass auch in der Additiven Fertigung nur derjenige Erfolg haben wird, der gut ausgebildetes Fachpersonal zur Verfügung hat. Da Ausbildungsangebote derzeit nur sporadisch zu finden sind und sich zum größten Teil auf akademischem Niveau bewegen, sind wir als Unternehmer in der Verantwortung, für die Ausbildung unserer Mitarbeiter zu sorgen. Sei es, dass wir das selbst machen oder in Zusammenarbeit mit Herstellern und Industrieverbänden. Klar ist aber: Nur wer gute Leute hat, wird AM in der Serie beherrschen können“, fasst Weiskircher abschließend zusammen.
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