LPBF von neuen Magnesiumlegierungen an der TU Graz

Der moderne Leichtbau ist sehr eng mit der Additiven Fertigung verbunden. Neben der hohen Gestaltungsfreiheit, die diese Technologie mit sich bringt, spielt auch das verwendete Material eine zentrale Rolle. Magnesium eignet sich aufgrund seiner geringen Dichte und seiner guten Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften ideal für Leichtbauanwendungen. Die Nutzung dieses Werkstoffs in der pulverbasierten Additiven Fertigung bringt jedoch einige Herausforderungen mit sich. Am Institut für Fertigungstechnik der TU Graz wurde daher im Rahmen des Forschungsprojektes Mg4AM an einem Sicherheitskonzept und der Prozessoptimierung zur Verarbeitung von Magnesium im LPBF-Prozess gearbeitet.

3D-gedruckte Prüfkörper aus Magnesium. Im Rahmen der Parameterentwicklung gedruckte Würfel aus der im Projekt Mg4AM entwickelten Magnesiumlegierung.

3D-gedruckte Prüfkörper aus Magnesium. Im Rahmen der Parameterentwicklung gedruckte Würfel aus der im Projekt Mg4AM entwickelten Magnesiumlegierung.

Die Kombination der Additiven Fertigung mit ihren Gestaltungsmöglichkeiten und Magnesium als Leichtbauwerkstoff bietet ein enormes Potenzial. Funktions- und gewichtsoptimierte Designs im Mobilitätssektor (Automobilbau, Luft- und Raumfahrt) können wichtige Beiträge zu einer CO2-neutralen Zukunft dieses Industriezweigs beitragen. Dank der Verarbeitung von biokompatiblen Magnesiumlegierungen kann mit der Additiven Fertigung durch die Herstellung komplexer sowie individualisierter Implantate auch im Sektor Medizintechnik ein enorm wichtiger Betrag geleistet werden.

Mg4AM-Projektteam vom Institut für Fertigungstechnik der TU Graz: DI Raphael Tiefnig (links) und Univ.-Prof. Dr. Franz Haas, im Hintergrund die SLM-Anlage von Nikon SLM Solutions.

Mg4AM-Projektteam vom Institut für Fertigungstechnik der TU Graz: DI Raphael Tiefnig (links) und Univ.-Prof. Dr. Franz Haas, im Hintergrund die SLM-Anlage von Nikon SLM Solutions.

Mg4AM Projektkonsortium

Das Forschungsprojekt Mg4AM versucht die bestehenden Hürden bei der Verarbeitung von Magnesiumlegierungen im LPBF-Prozess zu identifizieren und bestmöglich zu beseitigen, um den Weg für eine wirtschaftliche und sichere Verarbeitung von Magnesium mit diesem Verfahren zu ermöglichen. Dazu arbeiten im laufenden Forschungsprojekt Mg4AM das Institut für Fertigungstechnik (TU Graz) und der Lehrstuhl für Werkstoffkunde (Universität Paderborn) gemeinsam mit drei Industriepartnern (Almamet GmbH, AdditiveXperts GmbH und Schiebel Elektronische Geräte GmbH) an der Entwicklung von Legierungen sowie der Prozessoptimierung für die Verarbeitung von Magnesium im LPBF-Verfahren.

Ergebnisse der Parameterentwicklung. Übersicht aus der Parameterentwicklung für die neu entwickelte Legierung mit der erzielten Dichtheit bzw. Porosität der gedruckten Prüfkörper.

Ergebnisse der Parameterentwicklung. Übersicht aus der Parameterentwicklung für die neu entwickelte Legierung mit der erzielten Dichtheit bzw. Porosität der gedruckten Prüfkörper.

Sicherheitskonzept und Prozessoptimierung für Magnesium-Verarbeitung

Für die Erstellung des Sicherheitskonzepts wurde eine Risikobewertung einschließlich einer detaillierten FMEA (Fehlermöglichkeit und Einflussanalyse) und Maßnahmen zur Risikominimierung für die Verarbeitung und Handhabung von Magnesiumlegierungen im LPBF-Prozess durchgeführt. Im Rahmen praktischer Versuche wurden mehrere Probekörper mit einer bestehenden Magnesiumlegierung (AZ91D) gedruckt und deren Eigenschaften (relative Dichte, Gefügestruktur und Anbindungsverhalten) analysiert. Die Erkenntnisse aus diesen Versuchen bilden die Grundlage für die spätere Legierungsentwicklung, nennenswert ist dabei der Verzicht auf seltene Erden in der Legierungszusammensetzung aus ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Durch Anpassung der Legierungszusammensetzung und Optimierung des Prozesses (z. B. optimierter Schutzgasstrom) sowie der Prozessparameter ist es möglich, Magnesium im LPBF-Verfahren wirtschaftlicher zu verarbeiten. Für die Risikobeurteilung wurde im Projektkonsortium eine FMEA für die gesamte Prozesskette durchgeführt und daraus notwendige Maßnahmen für die Handhabung und Verarbeitung von Magnesiumlegierungen abgeleitet. Zur Verarbeitung der im Projekt entwickelten Legierungen wird die SLM 280 HL-Anlage von Nikon SLM Solutions am Institut für Fertigungstechnik genutzt, welche entsprechend den Maßnahmen aus der FMEA modifiziert wurde. Im Rahmen der Prozessoptimierung arbeitet man am IFT an einer einfachen Lösung zur Optimierung des Schutzgasstroms in der Baukammer, um den Einfluss der starken Rauchentwicklung während des Aufschmelzens des Pulvers zu reduzieren. Im Zuge dessen wurden mittels CFD-Simulationen geeignete Düsen entwickelt, um den Inertgasstrom bzw. die Rauchabführung in der Baukammer der SLM-Anlage zu verbessern. Dank dieser Düsen reduziert sich die Bearbeitungszeit pro Schicht gegenüber der Standardkonfiguration um ca. 40 Prozent. Zudem wurde die Anlage mit einem externen Messsystem von Linde Gas GmbH ausgerüstet. Damit ist es möglich, den Sauerstoffgehalt sowie den Feuchtigkeitsanteil in der Baukammer im ppm-Bereich zu messen und aufzuzeichnen. Während der Parameterentwicklung werden, ausgehend von aus der Literatur bekannten Parametersätzen, verschiedene Druckparameter getestet, um für die jeweilige Legierung optimale Druckergebnisse mit einer hohen relativen Dichte zu erzielen.

Bisherige Projekthighlights

Im Rahmen dieser Tätigkeiten wurden bereits über 15 erfolgreiche Druckjobs mit zwei verschiedenen Magnesiumlegierungen durchgeführt. Die Erkenntnisse aus diesen praktischen Versuchen tragen sehr zur stetigen Verbesserung des Prozesses sowie der Druckergebnisse bei. Dank dieser Entwicklungen ist es gelungen, Prüfkörper aus AZ91D mit einer Dichte von 99,74 Prozent und mit einer neu entwickelten Legierung sogar Testkörper mit 99,86 Prozent Dichte zu erzeugen.

Nächste Schritte im Projekt

In der nächsten Phase des Projekts werden ähnliche Druckjobs mit zwei weiteren Magnesiumlegierungen durchgeführt, um durch weiterführende Parameteroptimierung die besten Ergebnisse für die Herstellung der ersten Demonstratorbauteile zu erhalten. Das Ziel am Ende des Projektes ist die Fertigung eines Getriebegehäuses aus einer Magnesiumlegierung mittels LPBF-Verfahren. Dieses Gehäuse soll die sich aus der Kombination von Additiver Fertigung und dem Leichtbauwerkstoff Magnesium ergebenden Vorteile für industrielle Anwendungen verdeutlichen.

Das Projekt ist Teil einer IraSME-Ausschreibung, einem Netzwerk nationaler und regionaler Förderprogramme zur Unterstützung transnationaler Forschungs- und Entwicklungskooperationen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen. Dank der finanziellen Unterstützung der österreichischen Fördergesellschaft (FFG) und dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) können die Forschungstätigkeiten in diesem Bereich durchgeführt werden.

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