anwenderreportage
Unter dem Label SBOAM bündelt SBOT seine LPBF-Aktivitäten
Vor ziemlich genau einem Jahr hat die Schoeller-Bleckmann Oilfield Technology GmbH (SBOT) aus Ternitz in Niederösterreich mit der Vergrößerung des AM-Bereichs den nächsten Meilenstein für den weiteren Ausbau des Dienstleistungsgeschäfts in der Additiven Fertigung gelegt. Das Unternehmen setzt dabei auf LPBF-Systeme verschiedener Hersteller und hat im September dieses Jahres die globalen AM-Aktivitäten der Gruppe unter dem Label SBOAM gebündelt. Das Unternehmen plant, seine globale Strategie im Bereich 3D-Druck weiter zu intensivieren. Ziel ist es, die Produktpalette signifikant zu erweitern und die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen.
In den globalen AM-Centern von SBOT werden 3D-Druckteile aus Hochleistungswerkstoffen hergestellt.
Shortcut
Aufgabenstellung: Herstellung komplexer Bauteile aus Hochleistungswerkstoffen.
Material: Inconel 718.
Lösung: Sapphire XC LPBF-System von Velo3D und Postprocessing-Equipment von Solukon, Sodick und DMG Mori.
Nutzen: Herstellung der Teile auch auf weltweit verteilten Systemen mit ein und derselben Baujob-Datei.
Letztes Jahr hat SBOT eines der größten 3D-Metall-Drucksysteme Europas installiert. Die über 100-jährige Erfahrung in der Metallverarbeitung am Standort in Ternitz und mehr als zehn Jahre in der erfolgreichen Anwendung der Additiven Fertigung sind entscheidende Vorteile für Kunden des Traditionsunternehmens. Das Schwesterunternehmen, Knust Godwin in Houston (USA), bietet zusätzliche AM-Fertigungseinrichtungen. Konzernweit stehen zahlreiche Maschinen im Einsatz, die schwerpunktmäßig Komponenten für die Öl- und Gasindustrie produzieren. „Insgesamt verfügen wir in der gesamten Gruppe über mehr als 20 LPBF-Maschinen mit 250 x 250 x 280 mm, Ø 600 x 550 mm sowie Ø 315 x 1.000 und Ø 315 x 400 mm. Damit können wir ein sehr breites Feld an Anwendungen abdecken. Hinzu kommt in allen unseren Unternehmen, in denen wir Additive Fertigung betreiben, ein exzellent ausgestattetes Postprocessing bis hin zur Präzisionszerspanung“, erklärt Matthias Jud, Leiter Technik bei der SBOT und Projektleiter des AM-Business.
Das Laserstrahlschmelzen (LPBF) ermöglicht die Herstellung komplexer Komponenten für unterschiedlichste Industrien.
Ing. Franz Wurzer
Geschäftsführer der Schoeller-Bleckmann Oilfield Technology GmbH
„Mit der globalen Ausrichtung von SBOAM gehen wir den nächsten Schritt im Bereich der Additiven Fertigung. Die gesamte Prozesskette innerhalb unserer Konzernstandorte weltweit garantiert gleichbleibende Qualität bei verteilter Produktion.“
Gesamte Prozesskette im Angebot
Eine durchgängige Prozesskette ist für das Traditionsunternehmen mit starkem Innovationsdrang ein absolutes Muss. „Teil unseres Unternehmenserfolges ist ein klares Verständnis der Bedürfnisse unserer Kunden. Wir hören zu, werten aus und setzen um“, verdeutlicht Franz Wurzer, Geschäftsführer der Schoeller-Bleckmann Oilfield Technology GmbH und maßgeblich mitwirkend bei der Gründung des Labels SBOAM (Schoeller-Bleckmann Additive Manufacturing), und er ergänzt: „Unsere Kunden sind es von uns gewohnt, perfekt verarbeitete Komponenten geliefert zu bekommen. Da machen wir auch bei der Additiven Fertigung keine Ausnahme. Das bedeutet für uns, dass wir nicht nur unsere AM-Kompetenz weltweit bündeln, sondern auch jahrzehntelange Erfahrung in der Bearbeitung von schwer zerspanbaren Materialien in die Wertschöpfung mit einfließen lassen.“
Begonnen hat man mit dem Thema Additive Fertigung im SBO-Konzern schon vor 14 Jahren. Zunächst ging es dabei um Machbarkeitsüberprüfungen, um festzustellen, in welchen Bereichen die Technologie überhaupt eingesetzt werden kann und um Know-how hinsichtlich des Engineerings und der Werkstoffe aufzubauen. „Wir verarbeiten ausschließlich Hochleistungswerkstoffe. Diese stellen besondere Anforderungen an die Zerspanung und sind auch in der Additiven Fertigung sehr herausfordernd. SBOT bietet ihren Kunden eine große Auswahl an Metall-Druckpulvern, die höchste Ansprüche an Belastbarkeit und Präzision erfüllen. Die Branchen, die wir mittlerweile mit AM-Bauteilen beliefern, sind hochtechnologisch und fordern von uns neben den entsprechenden Zertifikaten auch einen lückenlosen Nachweis über den gesamten Fertigungsprozess hinweg“, beschreibt Jud den hohen Anforderungsstand.
Das Entpulvern der Bauplatten erfolgt in Ternitz auf zwei Solukon-Anlagen.
Matthias Jud
Leiter Technik bei der Schoeller-Bleckmann Oilfield Technology GmbH
„Unser AM-Engineering-Know-how aus Energietechnik und Raumfahrt fließt in sämtliche Projekte ein. Dabei gehen wir hinsichtlich Qualität und Innovationskraft keine Kompromisse ein.“
Globaler Ansatz
Eine Besonderheit bei SBOT ist die bereits erwähnte Anforderung, Technologien weltweit implementieren zu können. Die Kunden sind über die ganze Welt verteilt und so ist man auch bestrebt, das Leistungsspektrum von SBOAM global abzubilden. „Teil dieses Bestrebens ist die Möglichkeit, Printfiles so zu gestalten, dass sie weltweit eingesetzt werden können“, verdeutlicht der technische Leiter.
Bei SBOT geht man den Weg, die Maschinen in den jeweiligen Standorten möglichst materialrein zu betreiben. So wird eine immer gleichbleibende Qualität gewährleistet. „Wir haben die große Sapphire XC beispielsweise auf Inconel 718 kalibriert. Damit können wir Komponenten mit bis zu Ø 600 x 550 mm in diesem besonders anspruchsvollen Werkstoff drucken, der in vielen Komponenten der Öl- und Gasindustrie zur Anwendung kommt. Das ist der Branchenbereich, aus dem wir kommen und den wir auch mit hochkomplexen additiv gefertigten Komponenten beliefern. Bei unserem Schwesterunternehmen Knust-Godwin wird ein großer Teil der gefertigten Teile aus Titan hergestellt. Es stehen also jeweils die Kundenbedarfe im Vordergrund – ein direktes Abbild unserer kompromisslosen Kundenzufriedenheitsstrategie“, bestätigt Wurzer. Für die Entpulverung steht am Standort in Ternitz eine SFM-AT1000 S von Solukon zur Verfügung. Der Einsatz dieses modernen Entpulverungssystems sorgt für eine effiziente und restlose Entfernung von Pulverrückständen in komplexen Bauteilen wie vielschichtige Hohlräume oder Kanäle. Diese Systeme sind ein weiterer Garant der Premium-Qualität der Endprodukte. Abtrennen von der Bauplattform erfolgt mittels einer ALC600G Drahterodiermaschine von Sodick und für die direkte Bearbeitung von Funktionsflächen ist im AM-Bereich in Ternitz ein DMU 75 2. Generation 5-Achs-Fräsbearbeitungszentrum von DMG Mori installiert.
„Wir haben bewusst die direkte Nachbearbeitung für die Druckteile im AM-Bereich untergebracht, um möglichst kurze Wege zu haben, sodass das Teil einbaufertig den Bereich verlässt und nur mehr den Weg durch die Qualitätssicherung nimmt, der bei uns ohnehin obligatorisch vor der Auslieferung steht“, betont Jud.
Sabrina Jammernegg
Materials Engineer bei SBOT
„Wir nutzen für die Materialqualifizierung und Qualitätssicherung industrielle Mess- und Prüftechnik auf höchstem Niveau. Dabei übertragen wir die Standards aus unseren Kernmärkten auch auf neue Branchen und Märkte.“
Material und Qualität
Um die Qualität der additiv gefertigten Teile sicherzustellen, nutzt man bei SBOAM die QS-Infrastruktur von SBOT. Im Vorfeld und parallel zu den Baujobs werden Probekörper für die Materialprüfung gedruckt und anschließend im metallurgischen Labor untersucht. „Unsere Untersuchungen reichen von der mechanischen Werkstoffprüfung wie Zugversuche bis hin zu metallurgischen Untersuchungen wie Schliffbilder, um die Gefügeausprägungen der additiv verarbeiteten Materialien zu überprüfen. Das gibt uns Aufschluss über die zu erwartenden Bauteileigenschaften und ermöglicht es uns, Aussagen über die Leistungsfähigkeit der hergestellten Komponenten zu treffen“, erklärt Sabrina Jammernegg, Materials Engineer bei SBOT, und Matthias Jud ergänzt: „Die Untersuchungen im Werkstofflabor sind neben den geometrischen Prüfverfahren wie 3D-Scannen, Koordinatenmessen und zerstörungsfreier Röntgenprüfung ein wichtiger Bestandteil unserer Qualitätssicherung. Viele der von uns hergestellten Komponenten müssen absolut zuverlässig sein, weil sie in Bereichen eingesetzt werden, bei denen Reparatur keine Option ist.“ Er hebt dabei speziell die Bereiche Öl- und Gasindustrie sowie Raumfahrt hervor. Als Werkstoffspezialistin überlässt Sabrina Jammernegg dabei nichts dem Zufall. „Wir begnügen uns nicht damit, die Werkstoffe auf ihre jeweiligen Eigenschaften zu überprüfen, sondern wir arbeiten intensiv mit unseren Anwendungstechnikern zusammen, um für die jeweiligen Anforderungen die besten Prozessparameter zu finden. Das heißt, wir schauen, wie sich bestimmte Verarbeitungsparameter an der Maschine auf die Materialeigenschaften im Detail auswirken, geben Hinweise, wie man nachbessern könnte und überprüfen die Ergebnisse, bis wir der Überzeugung sind, die beste Variante gefunden zu haben. Damit holen wir aus den Ausgangswerkstoffen das Optimum für die jeweilige Anwendung heraus.“
Infos zum Anwender
Seit über 100 Jahren entwickelt und verarbeitet Schoeller-Bleckmann hochqualitative Spezialstähle. Mitte der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts begann Schoeller-Bleckmann mit der Entwicklung von hochfesten amagnetischen Stählen für Unterseeboote, die sich aufgrund dieser Eigenschaften auch optimal zur Verwendung für das abgelenkte Bohren nach Ölvorkommen eignen. Die Schoeller-Bleckmann Oilfield Technology GmbH beschäftigt am Standort in Ternitz etwa 400 Mitarbeiter und produziert mit über 120 CNC-Maschinen auf ca. 45.000 m² Betriebsfläche Komponenten für Oilfield-Anwendungen und andere Industrien. Seit 14 Jahren entwickelt man auch zusammen mit Schwesterunternehmen das Geschäftsfeld Additive Fertigung und erweitert damit das Gesamtportfolio. Das neue Label SBOAM führt die 3D-Druck-Aktivitäten der Gruppe unter einem Markenbegriff zusammen. Ziel ist es, die Produktpalette signifikant zu erweitern und die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen.
Neue Geschäftsfelder durch Additive Fertigung
Neben diesen Kernthemen will man mit SBOAM aber auch weitere Märkte adressieren. Durch die umfangreiche Erfahrung in besonders anspruchsvollen Branchenbereichen sieht man sich bei SBOT in der Lage, dieses Wissen auch in anderen Themenbereichen zum Vorteil der Kunden einzusetzen. „Man muss sich vorstellen, dass wir schon immer in Betätigungsfeldern unterwegs waren, bei denen von uns gefordert war, unsere Kunden schon im Entwicklungsstadium zu begleiten. In unseren Kundenprojekten gibt es fast nichts von der Stange. Die Messlatte für Komponenten liegt bei uns immer im obersten Bereich. So erfüllen wir in der Regel auch die höchsten Zertifizierungsauflagen, wie beispielsweise für die Luftfahrtindustrie. Wir sind es gewohnt, unsere Kunden nach ihren Anforderungen und Bedarfen konkret zu fragen, diese in kompetent geführten Gesprächen klar zu definieren und danach kooperativ in Lösungen zu überführen. Das zeichnet uns am Markt aus und von dieser Vorgehensweise profitieren unsere bestehenden und zukünftigen Kunden auch im Bereich der Additiven Fertigung“, fasst Wurzer abschließend das SBOAM-Leistungsversprechen zusammen.
SBOT auf der Formnext: Halle 12.0, Stand D12
Teilen: · · Zur Merkliste