MT Aerospace nutzt geometrische Designfreiheit optimal für Mikrolauncherantriebssysteme

Das ultimative Ziel der Rocket Factory Augsburg ist es, den Weltraum für alle zugänglicher zu machen, indem sie qualitativ hochwertige und kostengünstige Trägerraketen produzieren und die Satelliten in die Umlaufbahn bringen, um unseren Planeten in Echtzeit besser zu vernetzen und zu schützen. Das Know-how von MT Aerospace in der Additiven Fertigung half dabei, die Herausforderungen beim Bau der Antriebssysteme für Mikrolauncher zu meistern.

Teststand für die Flugeignung von Helix-Antrieben der Rocket Factory Augsburg. (Bild: FRA)

Teststand für die Flugeignung von Helix-Antrieben der Rocket Factory Augsburg. (Bild: FRA)

In der Raumfahrt spielt das Gewicht eine maßgebliche Rolle, um die Nutzlastkapazität maximal zu optimieren. Ein hier ins Spiel kommender einzigartiger Vorteil der Additiven Fertigung ist der Materialminimalismus. Dieser bedeutet, dass nur an den Stellen Material aufgetragen wird, an denen es unabdingbar ist und gleichzeitig extrem hohen mechanischen und thermischen Belastungen standhalten muss. Bei der Schubdüse des Mikrolaunchers der Rocket Factory Augsburg wurden deshalb Kühlkanäle mit 0,7 mm Wandstärke eingezogen. In diese Kanäle wird Treibstoff mit einem Druck von 300 bar gepresst, was ein kurzzeitiges Abkühlen beim Startvorgang bewirkt, um der Starttemperatur von ca. 3.000 °C standzuhalten. Diese sehr diffizile Auslegung bzw. Konstruktion war eine der größten Herausforderungen in diesem Projekt.

Schubdüse einer Trägerrakete hergestellt im LPBF-Verfahren aus In718. (Bilder: MT Aerospace AG)

Schubdüse einer Trägerrakete hergestellt im LPBF-Verfahren aus In718. (Bilder: MT Aerospace AG)

Parameterdefinition und Materialauswahl

Den anspruchsvollen Bauteilen des Antriebssystems gingen aufwendige Berechnungsdaten, Analysen und unzählige Simulationen voraus. Die Parameter für die Maschine mussten definiert und angepasst werden, um die bauteilspezifischen Anforderungen zu erfüllen. Insgesamt waren neun verschiedene Geometrien für das Antriebssystem notwendig. Eine weitere Herausforderung war es, die Schubdüse so zu konstruieren, dass sie in die EOS M400-4 passt und der maximale Bauraum der Maschine ausgenutzt wird. Auch die Materialien selbst mussten sorgfältig ausgewählt werden: Zum einen wurde mit Monel K500 eine neue Legierung von MT Aerospace mitentwickelt, die speziell für temperaturbelastete Applikationen in der Raumfahrt eingesetzt werden kann. Mit Inconel 718 wird zudem ein temperaturbeständiges, raumfahrterprobtes und im kryogenen Raum korrosionsbeständiges Pulver verwendet.

Bei der Schubdüse des Mikrolaunchers der Rocket Factory Augsburg wurden Kühlkanäle mit 0,7 mm Wandstärke eingezogen.

Bei der Schubdüse des Mikrolaunchers der Rocket Factory Augsburg wurden Kühlkanäle mit 0,7 mm Wandstärke eingezogen.

Verfahrensmix für optimale Entpulverung

Neben der Material- und Parameterentwicklung war dann auch die rückstandslose Entfernung des Pulvers aus den Kühlkanälen eine enorme Herausforderung im Entwicklungsprozess. Durch den Einsatz von CT-Prüfungen konnte immer wieder verbleibendes Pulver identifiziert werden. Hierzu hat MT Aerospace eigens für diese Geometrien einen mehrstufigen Entpulverungsprozess mittels Verfahrensmix entwickelt. Bei der finalen Nachbearbeitung musste schließlich aufgrund der engen Toleranzen bei den Bauteil-Interfaces eine CNC-Nachbearbeitung erfolgen. Diese konnte MT Aerospace inhouse abwickeln.

Ebenfalls eine Herausforderung war die spezifische Wärmebehandlung als Teil des Entwicklungsprozesses. Die Startsimulation zeigte vorab die maximalen Belastungen im thermischen und dynamischen Bereich. Dies machte eine mehrstufige Wärmebehandlung notwendig. Durch die hohe Hitzeeinwirkung der Laser beim 3D-Druck auf eine vergleichsweise kleine Fläche entstehen grundsätzlich Eigenspannungen innerhalb des Bauteils, welche durch Spannungsarmglühen minimiert werden. Des Weiteren erfolgte noch ein Lösungsglühen mit Warmaushärten, da hier das Gefüge bzw. die Mikrostruktur des Bauteils beeinflusst werden kann. Um die mechanischen Kennwerte zu optimieren, wurden die verschiedenen Ofenkurven der Wärmebehandlung entsprechend verfeinert und individuell angepasst.

MT Aerospace fertigt für den Rennwagen „TANKIA 2024“ topologieoptimierte und aus Metall gedruckte Bauteile für die Lenkung an.

MT Aerospace fertigt für den Rennwagen „TANKIA 2024“ topologieoptimierte und aus Metall gedruckte Bauteile für die Lenkung an.

Vom Prototyp zur Serienproduktion

Zusammenfassend gab es somit zahlreiche Herausforderungen für das Antriebssystem eines Mikrolaunchers: Materialminimalismus, Material- und Parameterentwicklung, rückstandslose Entpulverung sowie Wärmebehandlungen mussten für die Anwendung in der Raumfahrt neu definiert, angepasst oder optimiert werden. MT Aerospace hat von Anbeginn dieser Entwicklung eng mit der Rocket Factory Augsburg AG zusammengearbeitet und so gemeinsam die Meilensteine vom Prototyp über die Nullserie bis hin zum finalen Bauteil erreicht. Im nächsten Schritt wird nach erfolgreichem Erststart ein Design-Freeze erfolgen und die Serienproduktion gestartet.

Exkurs zu verwandten Branchen

Als branchenübergreifender Anbieter entwickelt und baut MT Aerospace auch Prototypen und Kleinserien für die Automobil- und Verteidigungsindustrie sowie für den Rennsport. Hier ist ein besonderes Projekt die Unterstützung des Formula Student Teams der Technischen Universität Graz. Das Team designt, konzipiert und baut einen Rennwagen, der bei internationalen Rennen schließlich zum Einsatz kommt. MT Aerospace fertigt für diesen Rennwagen „TANKIA 2024“ topologieoptimierte und aus Metall gedruckte Bauteile für die Lenkung – effizient in Bezug auf Gewicht und Kosten und mit der Expertise aus der Raumfahrt.

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