gastkommentar
3D-Druck und Spritzgießen sinnvoll kombinieren
Als Anbieter von Photopolymeren hat sich Altana Cubic Ink auf Anwendungsszenarien der Additiven Fertigung spezialisiert. Industrietaugliche Materialien und damit umsetzbare Applikationen stehen dabei im Fokus. Relativ neu im Anwendungsportfolio ist das Thema 3D-gedruckte Spritzgießwerkzeuge und dabei insbesondere sogenannte One-Shot-Molds, die in der Einzelteil- und Kleinserienfertigung in Originalwerkstoffen völlig neue Möglichkeiten eröffnen.
André Salié ist Head of Business Development bei Altana Cubic Ink® und spricht sich für eine sinnvolle Kombination von konventionellen und modernen Fertigungsverfahren aus.
Der Besuch der Hannover Messe 2025 als Highlight der Industrieinnovationen weckte aus Sicht eines 3D-Druck-Getriebenen gemischte Gefühle bei mir. Einerseits gibt es sehr viele Neu- und Weiterentwicklungen, vor allem in den Bereichen Datenerfassung, Datenmanagement und der Vernetzung von Komponenten sowie Datensicherheit, andererseits scheinen echte Innovationen bei der Hardware und mechanischen Komponenten nur noch langsam voranzukommen. Meine Wahrnehmung ist, dass die Massenproduktion immer noch der Treiber für die Entwicklungen im Hardware-Bereich ist, auch wenn kundenindividuelle Versionen populärer und vielleicht auch wichtiger werden, da Kundenanforderungen komplexer und nicht mehr mit Standardlösungen vollumfänglich bedient werden können.
Mein Fokus beim Messebesuch als Mitarbeiter von Altana Cubic Ink lag natürlich auf Anwendungen, bei denen die Additive Fertigung eine Rolle spielt. Im Metallbereich ist das relativ leicht, da ein Metall, auch wenn es additiv verarbeitet wird, ein Metall bleibt. Materialeigenschaften, die seitens der Anwendung vorgegeben sind, können von einem additiv gefertigten Bauteil in der Regel erfüllt werden, teilweise sogar verbunden mit erheblichen Materialeinsparungen und konstruktiven Vorteilen.
Cubic Ink Mold-Materialien können auf allen gängigen DLP, SLA und sogar LCD-Systemen verarbeitet werden.
Kriterien für die Materialauswahl
Verfahren, in denen additiv Thermoplasten verarbeitet werden können, stoßen verfahrensbedingt an technische Grenzen was z. B. Oberflächenqualität oder auch Kosten angeht, abhängig von der angedachten Endanwendung. Verfahren, in denen UV-härtende Harze zum Einsatz kommen, führen im Endergebnis zu einem Duroplast, also einem völlig anderen Material und damit auch zu anderen Eigenschaften. Das bedeutet, überall dort, wo klassischerweise Thermoplast für ein Produkt eingesetzt wird, stoßen additive Fertigungsverfahren basierend auf UV-härtenden Polymeren an Grenzen, da der Vergleich hinsichtlich der Materialeigenschaften im Hinblick auf die Endanwendung nicht ohne weiteres möglich ist. Damit begegnet die kunststoffverarbeitende Industrie der Additiven Fertigung mit Skepsis, das wiederum hemmt eine Verbreitung von DLP, LCD oder auch SLA-Anwendungen in diesem Bereich.
Es gibt viele überzeugende Gründe, sich mit den neuesten additiven Fertigungsverfahren zu beschäftigen. Zum einen hat die Materialentwicklung große Fortschritte gemacht, sodass es mittlerweile Produkte gibt, die zwar kein Thermoplast im Endergebnis sind, aber dennoch über Materialeigenschaften verfügen, die für bestimmte Anwendungen vollkommen ausreichend sind.
Die Herstellung von Werkzeugeinsätzen für das Spritzgießen bietet ungeahnte Möglichkeiten für Prototyping, Vor- und Kleinserie im Original-Spritzgießwerkstoff.
Verfahren sinnvoll kombinieren
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die symbiotische Nutzung der Additiven Fertigung in Kombination mit klassischen Spritzgießtechnologien. Diese Kombination kann Prozesse erheblich beschleunigen und kostengünstiger gestalten, insbesondere in Bereichen wie der Produktneuentwicklung, Produktanpassungen und der Herstellung von Kleinserien.
Das Altana Cubic Ink Team hat mit der Entwicklung eines Materials, Cubic Ink Mold, eine Möglichkeit geschaffen, die Additive Fertigung als Einstiegstechnologie für die Spritzgießindustrie auf eine weitere innovative Art zu nutzen.
Von diesen Vorteilen sind auch das Spritzgießunternehmen SK Industriemodell GmbH und der Geschäftsführer Sebastian Krell überzeugt. Das Unternehmen aus Übach-Palenberg bei Aachen ist seit 1983 im Bereich des Kunststoffspritzgießens tätig. Die Kernkompetenzen liegen seither in der Prototypenentwicklung und anschließender Kleinserienproduktion mit klassischen Aluminium- und Stahlwerkzeugen. Seit der Geschäftsübernahme 2015 durch Sebastian Krell haben auch der Forschungsanteil und die Zusammenarbeit mit verschiedensten Hochschulen und Materialherstellern einen festen Platz in den Geschäftsbereichen der SK Industriemodell.
Komplexe Formen mit Hinterschnitten wie bei dieser Lampenfassung sind kein Problem, da das Formmaterial nach dem Spritzgießprozess aufgelöst wird.
Forschungsprojekt weiterentwickelt
Auf der Grundlage von 3D-gedruckten Werkzeugen, die bei SK Industriemodell schon seit einem Forschungsprojekt im Jahre 2017 unter dem Namen ‚Print&Inject‘ zum Einsatz kommen, haben sich Sebastian Krell und seine Mitarbeiter eine Möglichkeit überlegt, dieses Konzept für ihre Kunden weiterzuentwickeln. Auf der Suche nach Möglichkeiten diesen Geschäftszweig weiter auszubauen, hat das Unternehmen den Mehrwert unseres neu entwickelten Produkts für sich erkannt und viel Arbeit und Forschungsleistung im Bereich der Anwendungsmöglichkeiten investiert. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.
Die Weiterentwicklung von ‚Print&Inject‘ wurde mit der Anwendung von Cubic Ink Mold auf ein neues Level gehoben. Ein besonderer Clou: Die 3D-gedruckten Spritzgießwerkzeuge können bereits auf erschwinglichen DLP- oder auch LCD-Druckern hergestellt werden. Bei der Herstellung der 3D-gedruckten Werkzeuge sind den technischen Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. SK Industriemodell hat hier mit verschiedensten Kundenprojekten das Cubic Ink Mold eingesetzt. Der Einsatz erstreckt sich von einzelnen 3D-gedruckten Einlegern bis hin zu gesamten 3D-gedruckten Werkzeugen für ein Bauteil. Nach der Herstellung des Werkzeuges und des Bauteiles im Spritzgießverfahren auf den eigenen Produktionsmaschinen von SK Industriemodell, kann das Cubic Ink Mold von Altana mit Hilfe eines Wasserbades vom Bauteil ab- und aufgelöst werden. Somit wird das Bauteil nach unterschiedlich langer Auflösezeit freigegeben. Bei den 3D-gedruckten Werkzeugen handelt es sich um verlorene Formen, was bedeutet, dass sie nach dem Gebrauch nicht wiederverwendet werden können.
Das Cubic Ink Mold-Material ist formbeständig und hält sogar den Temperaturen niedrigschmelzender Metalle stand.
Wirtschaftliche Alternative
Der Prozess des Auflösens von 3D-gedruckten Werkzeugen bietet den Kunden eine bemerkenswerte Flexibilität in Bezug auf die Geometrie der hergestellten Bauteile. Diese Flexibilität ermöglicht es, sowohl filigrane Strukturen als auch komplexe Bauteile mit Hinterschneidungen problemlos als Prototypen oder Einzelstücke zu produzieren. Im traditionellen Werkzeugbau, insbesondere bei der Verwendung von Aluminium- und Stahlwerkzeugen, führen Hinterschneidungen häufig zu einem erheblichen Kosten- und Zeitaufwand. Dieser Aufwand ist notwendig, um eine reibungslose Entformung der Bauteile nach dem Spritzgießprozess zu gewährleisten. Mit dem innovativen Cubic Ink Mold von Altana wird dieser kostspielige und zeitaufwendige Prozess jedoch effizient umgangen. Dies führt nicht nur zu einer Reduktion der Produktionskosten, sondern auch zu einer erheblichen Zeitersparnis. Insgesamt ermöglicht diese Technologie eine deutlich vereinfachte und wirtschaftlichere Herstellung von Bauteilen, die den Anforderungen der modernen Industrie gerecht wird.
Flexibel angepasster Einleger
Die SK Industriemodell passt sich flexibel an die unterschiedlichen Anforderungen ihrer Kunden an, insbesondere im Bereich der 3D-gedruckten Werkzeuge. Durch das Konzept des Hybrid-Toolings, bei dem 3D-gedruckte Einleger zum Einsatz kommen, können Kunden bereits fertig designte Bauteile effizient mit Aluminium- oder Stahlwerkzeugen realisieren. Fragliche Komponenten erhalten dabei einen Einleger in der gewünschten Form, der je nach Ergebnis flexibel angepasst werden kann – so sind zahlreiche Iterationsschleifen möglich, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Das Hybrid-Tooling stellt zudem eine hervorragende Lösung für die Produktion von Bauteilen mit geringer Stückzahl und unterschiedlichen Varianten dar. Die Additive Fertigung bietet zahlreiche Vorteile, die sie zu einer attraktiven Alternative gegenüber der traditionellen Herstellung von Spritzgießwerkzeugen aus Metall machen. Ein wesentlicher Aspekt ist die signifikante Kostenersparnis, die Unternehmen dabei hilft, ihre Produktionsausgaben zu senken. Darüber hinaus ermöglicht die Additive Fertigung einen enormen Zeitvorteil, was eine schnelle Umsetzung von Ideen und Designs zur Folge hat.
Ein weiterer Nutzen ist, dass das finale Objekt aus Spritzgießserienmaterial besteht, was umfassende Tests hinsichtlich Funktionalität, Optik und Haptik ermöglicht. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass das Produkt den hohen Anforderungen der Kunden gerecht wird. Zudem können Materialtests für neue Kunststoffe erheblich beschleunigt werden, da man unabhängig von der Materialschwindung ist und diese mit jedem neuen Druck auf das Testmaterial einstellen kann.
Effiziente Bereicherung zum Spritzgießen
Die Herstellung von Einzelstücken, beispielsweise im Ersatzteilbereich, wird ebenfalls schneller und kostengünstiger, da keine Bevorratung mit Ersatzteilen mehr notwendig ist. Dies führt zu einer flexibleren und effizienteren Produktion. Schließlich eröffnet die Additive Fertigung auch Zugang zu neuen Märkten, insbesondere im medizinischen Bereich, wo patientenspezifische Objekte gefragt sind. Insgesamt zeigt sich, dass die Additive Fertigung nicht nur wirtschaftliche Vorteile bietet, sondern auch die Innovationskraft und Flexibilität von Unternehmen erheblich steigern kann.
Auch dieses Beispiel zeigt, dass beim Bestreben, die Additive Fertigung noch mehr in industrielle Produktionsprozesse einzubinden, die Kooperation von Partnern, die jeweils eine bestimmte Kernkompetenz haben, zu erfolgreichen Anwendungen und sinnvollen Lösungen führen kann.
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