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AMpower Report: Wachstumspause in der Additiven Fertigung
Die Additive Fertigung durchlebte 2024 eine Wachstumspause: Nach Jahren zweistelliger Zuwächse stagniert der Markt laut AMpower Report mit nur zwei Prozent Wachstum. Doch der langfristige Ausblick bleibt positiv. Der Bericht analysiert Markttrends, Konsolidierung und Technologieentwicklungen und liefert fundierte Prognosen für die kommenden fünf Jahre.
Weltmarkt für die Additive Fertigung mit Metallen und Polymeren von 2020 bis 2024 sowie eine Prognose für 2029 (Mrd. EUR).
Über Jahre hinweg ist die Additive Fertigung kontinuierlich mit jährlichen Raten von 10 bis 20 Prozent gewachsen und hat weltweit mittlerweile eine Marktgröße von rund 10 Mrd. Euro erreicht. Laut dem kürzlich erschienenen Marktreport von AMpower ist dieses Wachstum im Jahr 2024 mit nur rund 2 Prozent nahezu zum Erliegen gekommen. Dennoch bleibt der Ausblick der Hamburger Unternehmensberatung positiv: Bis 2029 wird ein durchschnittliches jährliches Marktwachstum von 13 Prozent prognostiziert.
Umsatztrend für AM-Anlagen 2024 in AMER, EMEA und APAC.
Konsolidierung und neue Chancen
Das verlangsamte Wachstum fällt in eine Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit im Maschinenbau. Insbesondere die gestiegenen Zinsen sowie zunehmende globale Konflikte führen zu rückläufigen Investitionen im Maschinen- und Anlagenbau. So berichtet auch der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) für 2024 von einem Rückgang der globalen Auftragseingänge um 9 Prozent.
Diese Entwicklung zwingt die Unternehmen in der Additiven Fertigung dazu, Profitabilität stärker in den Fokus zu rücken und Kosten einzusparen. Dadurch beschleunigt sich die bereits 2023 einsetzende Marktkonsolidierung. Vor allem bei Anlagenherstellern und Bauteilfertigern häufen sich Meldungen über Zusammenschlüsse, Insolvenzen oder umfangreiche Sparmaßnahmen. Diese Konsolidierung ist angesichts der aktuellen Marktgröße überfällig. Allein im Segment des metallbasierten Pulverbettverfahrens (LPBF) sind etwa 100 Maschinenhersteller aktiv – obwohl 80 Prozent des Umsatzes auf nur die zehn größten Anbieter entfallen. Rund 90 weitere Anbieter teilen sich somit lediglich einen Markt von etwa 200 Mio. Euro. Wer die Komplexität der Anlagen sowie den Aufwand für Vertrieb und Wartung kennt, erkennt schnell, dass unter diesen Bedingungen Profitabilität kaum erreichbar ist.
Markt für die Herstellung von LPBF-Teilen aus Metall, Preise nach Material und für die Jahre 2023 bis 2024 (EUR pro kg).
Unternehmen blicken dennoch optimistisch in die Zukunft
Gleichzeitig herrscht unter vielen Marktteilnehmern gut begründeter Optimismus. Die unterschiedlichen Technologien der Additiven Fertigung sind heute fest in den Fertigungsstrategien vieler Unternehmen verankert. Insbesondere in der Medizintechnik, Dentaltechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Energietechnik befinden sich zahlreiche innovative Anwendungen in der Umsetzung. Im Kunststoffbereich wächst darüber hinaus zunehmend der Konsumgüter- und Sportgerätemarkt mit Endanwendungen. Daraus ergibt sich weiterhin eine steigende Nachfrage nach Equipment, Materialien und Dienstleistungen. Die Technologie hat den Prototypenstatus hier häufig hinter sich gelassen und ist zum Enabler für Produktinnovationen und Wettbewerbsvorteile geworden.
Diese Einschätzung bestätigen auch die rund 300 Interviews, die AMpower jährlich mit weltweiten Anbietern und Anwendern für den Marktreport führt. Während in der Vergangenheit Innovationskraft, Produktivität und neue Materialien im Vordergrund standen, zählt heute vor allem die Zuverlässigkeit der Anlagen zu den wichtigsten Kaufkriterien. Metallbasierte Additive Fertigung wird mittlerweile zu über 60 Prozent für Endbauteile eingesetzt – ein Anstieg um drei Prozent gegenüber 2019. Bei künftigen Investitionen planen Unternehmen fast ausschließlich mit produktionsnahen Anwendungen. Nur vereinzelt werden noch Anlagen für Forschung und Prototyping angeschafft.
Einige Verfahren haben es bereits in die industrielle Nutzbarkeit geschafft, andere stehen kurz davor.
Wirtschaftliche Risiken bleiben bestehen
Die Interviews für den AMpower Report werden im Jänner und Februar jedes Jahres durchgeführt. Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen – insbesondere jene, die durch die US-amerikanische Handelspolitik ausgelöst wurden – konnten daher noch nicht umfassend berücksichtigt werden. Die möglichen Auswirkungen einer stark veränderten Zollpolitik sind jedoch nicht zu unterschätzen.
Die Additive Fertigung ist traditionell stark global aufgestellt. Viele europäische Anlagenbauer, wie EOS oder Nikon SLM, haben in den letzten Jahren große Teile ihres Wachstums im US-Markt erzielt und dort mittlerweile auch Produktionskapazitäten aufgebaut. Die Einführung zusätzlicher Zölle könnte dieses Geschäft deutlich erschweren. Gleichzeitig ist festzustellen, dass die USA derzeit kaum Alternativen zu deutschen oder chinesischen Herstellern im Bereich der Metall-AM-Anlagen bieten. Die hohe Nachfrage und lokale Produktionskapazitäten könnten zwar kurzfristig stabilisierend wirken – sollte jedoch ein genereller wirtschaftlicher Abschwung einsetzen, wird die Wachstumsprognose des AMpower Reports für 2025 nicht einhaltbar sein.
Auch der chinesische Markt, dritter großer Absatzraum für Additive Fertigung neben Europa und den USA, zeigte 2024 Schwäche: Mehrere große Anbieter meldeten stagnierende oder sinkende Umsätze. Die Marktsättigung nimmt zu, während gleichzeitig immer mehr neue Wettbewerber in den Markt drängen. Besonders im Low-End-Bereich – also Anwendungen wie Prototyping, Dentaltechnik oder Werkzeugbau – herrscht harter Wettbewerb. Die etablierten Anbieter orientieren sich daher verstärkt an Auslandsmärkten in APAC, MENA und zunehmend auch Europa. Dies hat im Jahr 2024 unter anderem zu sinkenden Preisen für Metall-AM-Bauteile auf Online-Marktplätzen geführt.
Im AMpower Report 2025 werden zum zweiten Mal in Folge Marktpreise analysiert. Für jeweils drei Metall- und Kunststoff-Technologie-Material-Kombinationen wurden Preise auf weltweiten Onlineportalen ausgewertet. Dabei zeigt sich ein deutlicher Preisrückgang bei Edelstahl und Aluminium, hauptsächlich durch Wettbewerber aus China. Bei Kunststoffen hingegen stabilisierten sich die Preise leicht – nach deutlichen Rückgängen in den Vorjahren.
Technologievielfalt stabilisiert sich
Während 2024 regionale Marktentwicklungen im Fokus standen, rückten technologische Innovationen aufgrund ausbleibender Investitionen in den Hintergrund. Die Analyse von Investitionen und Venture-Capital-Finanzierungen zeigt seit 2023 einen deutlichen Rückgang. In einem Gastbeitrag von Arno Held (AM Ventures) wird betont, dass das Thema 3D-Druck im Vergleich zu früher deutlich weniger Aufmerksamkeit bei Investoren findet.
Dennoch zeigen sich im Report einige technologische Trends: Die Draht-DED-Verfahren (Directed Energy Deposition) erhalten zunehmend Aufmerksamkeit. Die Technologien sind gereift, und Unternehmen, die zuvor stark im LPBF-Bereich geforscht haben, verlagern Kapazitäten in diese Richtung. Im Kunststoffbereich erfreuen sich insbesondere Pellet-Material-Extrusionsanlagen wachsender Beliebtheit. Hierbei handelt es sich sowohl um großformatige Anlagen zur Fertigung von Möbeln oder Bauteilen mit Robotik- oder Portaltechnik als auch um kompakte Systeme mit industrieller Qualität – jedoch zu deutlich geringeren Kosten aufgrund der Pellet-Materialien.
Der AMpower Report 2025 erschien Mitte März und beleuchtet jeweils das vorangegangene Kalenderjahr sowie den Ausblick auf die kommenden fünf Jahre. Herausgeber ist das in Hamburg ansässige Beratungsunternehmen AMpower. Neben Marktzahlen enthält der Report auch zahlreiche Gastbeiträge von Branchenexperten. Grundlage der Analyse sind Daten von Maschinen-, Material- und Bauteilanbietern sowie umfassende Interviews mit Anwendern der Technologie.
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