interview

Patente: Hilfreich oder Hemmnis?

Frank Herzog hat 1997 das Laserstrahlschmelzen von Metall erfunden und 2001 die weltweit erste Strahlschmelzanlage für Metall auf den Markt gebracht. Als Pionier hat er damit maßgeblich zur Etablierung dieser Technologie beigetragen. Zusammen mit seiner Frau Kerstin Herzog gründete er 2000 die Firma Concept Laser und hat sie bis zur Übernahme durch GE Additive geleitet. Mit der HZG Group unterstützt und fördert er Unternehmen im Bereich der Additiven Fertigung, über Beteiligungen an innovativen Startups als Venture Capital-Investor und das eigene Forschungs- und Entwicklungszentrum NADDCON in Lichtenfels. Auch die Vermittlung eines entsprechenden Mindsets in Schule und Ausbildung ist ihm ein großes, persönliches Anliegen.

Gründerinnen und Gründer sollten sich gerade zu Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit die Frage stellen, welche Unternehmenswerte sie besitzen und wie sie diese schützen wollen.
DI Frank Carsten Herzog, Geschäftsführer der HZG Management GmbH & Co. KG (Bild: Sebastian Buff)

Gründerinnen und Gründer sollten sich gerade zu Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit die Frage stellen, welche Unternehmenswerte sie besitzen und wie sie diese schützen wollen. DI Frank Carsten Herzog, Geschäftsführer der HZG Management GmbH & Co. KG (Bild: Sebastian Buff)

In der Additiven Fertigung haben wir es seit den ersten Entwicklungen im Polymerbereich in den frühen 1980er Jahren mit einer Vielzahl von technologischen Neuerscheinungen zu tun. Viele wurden durch Patente abgesichert. Bei einigen ist der Patentschutz bereits abgelaufen, was in der Folge zu einem Boom in der Branche geführt hat.

Patente Mobile: DI Frank Carsten Herzog hält über 300 Patente mit dem Schwerpunkt in der additiven Metallteilefertigung. (Bild: Geplan Design)

Patente Mobile: DI Frank Carsten Herzog hält über 300 Patente mit dem Schwerpunkt in der additiven Metallteilefertigung. (Bild: Geplan Design)

Herr Herzog, Sie halten in der Additiven Fertigung allein über 300 Patente mit dem Schwerpunkt in der additiven Metallteilefertigung und zählen damit wohl zu den Spitzenreitern weltweit. Welchen Stellenwert haben Patente für Sie?

Patente haben aus meiner Sicht einen hohen Stellenwert. Sie waren sehr bedeutsam für den Beginn und den Aufbau meines ersten Unternehmens Concept Laser, das 2000 gegründet wurde. Kern des Unternehmens war es, eigene Forschungsergebnisse aus meinem Studium umzusetzen. Patente haben wir dann dafür genutzt, unsere wesentlichen technischen Erfindungen zu sichern und um den Stand der Technik in unserem Sinne zu dokumentieren. Schließlich stellte sich heraus, dass sie auch ein wichtiger Baustein in der späteren Auseinandersetzung mit Wettbewerbern waren und dass sie einen großen Anteil an der späteren Beurteilung des Unternehmenswerts hatten.

Ist es für junge Unternehmen, die eine möglicherweise revolutionäre Idee haben, sinnvoll, diese durch Patente abzusichern?

Ja, das halte ich für absolut sinnvoll. Gründerinnen und Gründer sollten sich gerade zu Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit die Frage stellen, welche Unternehmenswerte sie besitzen. In technischen Bereichen ist das in der Anfangsphase eines Unternehmens im Wesentlichen das geistige Eigentum, also die eigenen Ideen, die man generiert und fortentwickelt. Mit der HZG Group beteiligen wir uns an jungen Startups und begleiten die Teams bei ihrem Wachstum. Mein klarer Rat: Zum Selbstschutz und auch für den späteren Erfolg sollten die eigenen Erfindungen durch entsprechende Schutzrechtsanmeldungen abgesichert werden.

Bremsen Patente nicht auch die allgemeine Entwicklung in einem Themenfeld wie zum Beispiel der Additiven Fertigung?

Der Aspekt ist sicherlich nicht ganz von Hand zu weisen, als es sich bei Patenten eigentlich um Verbietungsrechte handelt, die dem Inhaber das Recht geben, Anderen etwas zu untersagen. Gleichzeitig sind Patentanmeldungen und Patente aber auch Treiber von Innovation, da sie es jungen Unternehmen ermöglichen, Entwicklungen für sich zu sichern, sodass diese nicht einfach kopiert werden können. Stellen Sie sich ein junges Unternehmen mit einer innovativen Technologie vor, die größere Wettbewerber einfach und ohne rechtliche Schwierigkeiten nachahmen könnten; für die Wachstumsperspektive des Startups wäre das vermutlich katastrophal.

Eine Patentierung ist durchaus eine kostspielige Angelegenheit. Ab wann macht es denn überhaupt Sinn, ein Patent zu beantragen?

Es macht Sinn über die Hinterlegung einer Patentanmeldung nachzudenken, wenn einem die Idee in ihren Grundzügen ausgereift und in ihrem technischen Effekt vielversprechend scheint. Auf jeden Fall sollte nicht zu lange gezögert werden. Im Prozess ist dann sinnvolle anwaltliche Beratung sehr hilfreich.

Wie wirksam sind Patente wirklich – speziell im Hinblick auf Nachahmungen aus Ostasien?

Es lässt sich beobachten, dass viele große Anmelder beziehungsweise Firmen ihre internationalen Schutzrechtspositionen auch auf den ostasiatischen Raum ausstrecken. Ein Indiz dafür, Anmeldungen auch im ostasiatischen Raum, speziell in China und Japan, zu hinterlegen.

Gibt es Alternativen zur Patentierung, die auch einen gewissen Schutz bieten, aber nicht so kostspielig sind?

Meines Wissens nicht. Patente oder Gebrauchsmuster sind die klassischen Mittel, um Erfindungen für sich und gegenüber Wettbewerbern zu schützen. Man sollte sich jedenfalls über die Kosten informieren; oftmals werden diese initial zu hoch angesetzt.

Was sollte man als Unternehmer, speziell als Startup oder junges Unternehmen, zum Thema Patente unbedingt wissen?

Der Wert eines jungen Unternehmens ist im Wesentlichen das geistige Eigentum. Mögliche Fehler sind vielfältig: etwa die voreilige Veröffentlichung der Erfindung, die fehlende Prüfung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten, die sinnvolle räumliche Abdeckung. Auch mit der Patentanmeldung gehen die Aufgaben weiter. Es gibt Fristen und vor allem sollte der Markt beobachtet werden, um mögliche Patentverletzungen zu identifizieren. All das fließt in eine sinnvolle Patentierungsstrategie ein. Ein komplexes Feld, bei dem man sich durchaus beraten lassen sollte. Im Prozess entsteht dann auch schnell ein Gefühl für Kosten und Nutzen.

Was würden Sie einem Unternehmer raten, der mit dem Gedanken spielt, seine Idee durch ein Patent zu schützen?

Mach es! Wer sich intensiv mit einer Fragestellung beschäftigt, sei es in einem unternehmerischen oder einem wissenschaftlichen Umfeld, entwickelt oft auch ein ganz natürliches Gespür dafür, wenn die eigene Erfindung die Grenzen des aktuellen Forschungsstands erreicht oder sogar überschreitet. Momente, in denen der Durchbruch tatsächlich spürbar ist. Ich hatte dieses Gefühl das erste Mal Ende der 1990er Jahre bei meinen Versuchen zum dreidimensionalen Laserschmelzverfahren. Nachdem eine ganze Reihe von Versuchen scheiterten, hatte ich zum Glück die Möglichkeit, einen leistungsstärkeren Laser in meine Versuchsanordnung zu integrieren. Als ich das Ergebnis gesehen habe, war mir sofort klar: Das ist der Durchbruch. Rückblickend war es sehr wichtig und richtig, dass wir im Anschluss zügig Patente angemeldet haben.

Sollte Ihrer Meinung nach an den Patentverfahren etwas verbessert werden? Wenn ja, was?

Patentverfahren sind langwierig. Der Prozess sollte schneller werden. Sonderbarerweise ziehen sich gerade Verfahren im „Technologiestandort” Deutschland regelmäßig sehr in die Länge. Ein Bürokratie-Thema, das innovative Projekte behindert. Mit exzellenter Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der Additiven Fertigung hat Deutschland zwar gute Voraussetzungen, um beim anstehenden Übergang zu industriellen Produktionslösungen die Pole Position zu halten, ein Selbstläufer wird das aber gewiss nicht. Damit es gelingt, müssen Innovationen aus meiner Sicht einfacher finanziert werden. Mit der HZG Group engagiere ich mich dafür. Zusätzlich zu unseren Startup-Finanzierungen bauen wir aktuell ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum in Lichtenfels auf. Die ersten Projekte im Auftrag von Startups, Mittelständlern und Großunternehmen wurden bereits durchgeführt. Und wir sind gespannt auf die nächsten Projekte, die wir mit Know-how und Technik-Leidenschaft in patentfähige Bahnen leiten möchten.

Vielen Dank für das Gespräch!

formnext: Halle 11.0, B19

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